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Jaros gewinnt finale Windlotterie

Mit seinem ersten Turniersieg seit Juni 2020 und dem insgesamt erst zweiten Titelgewinn seiner Karri...

von Claus Lippert
zuletzt bearbeitet: 18.05.2022, 13:18 Uhr

Mit seinem ersten Turniersieg seit Juni 2020 und dem insgesamt erst zweiten Titelgewinn seiner Karriere, hat Dominik Jaros am Dienstag Nachmittag endlich einmal für adäquten sportlichen und ergebnistechnischen Erfolg im Vergleich zu seinen viel zu oft unbelohnt gebliebenen Leistungen und Darbietung im HTT Circuit gesorgt. Der 31jährige Wiener gewann die finale “Windlotterie” der 16. Auflage des Mai HTT 500 Turniers im UTC La Ville nach einem sehenswerten und 2:06 Stunden dauernden Schlagabtausch gegen den 2fachen HTT Grand-Slam-Champion Bernhard Scheidl, und brachte sich mit einem 6:3, 4:6, 6:1 Erfolg auch in Stellung für die in einer Woche beginnenden HTT French Open. Bernhard Scheidl muss hingegen weiter auf seinen ersten Turniersieg abseits der großen HTT Grand-Slam-Bühne warten. Ein Bericht von C.L

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Trügerische Gefühl auf “Lance Lumsden”

Womöglich hatten die beiden Protagonisten des Mai HTT 500 Finales ein richtig schlechtes Gefühl, als sie am Dienstag Nachmittag bei heftigen Windböen versuchten, ihr Bestes Tennis auf dem La Ville Centercourt “Lance Lumsden” zu bieten. Diesem Gefühl ließen “Domi & Bernie” auch mit diversen Unmutsäußerungen während der finalen Partie immer wieder freien Lauf. Doch Gefühle können trügerisch sein! Denn der neutrale Betrachter des 51. HTT Saisonfinales bekam eine hoch attraktive Vorstellung geboten, und auch die Statistik-Abteilung der Hobby Tennis Tour förderte Zahlen, Daten & Fakten zu Tage, die auf die hohe Klasse der beiden Akteure und ein attraktives Match bei äußerst widrigen Bedingungen schließen lässt. Mit den frühsommerlichen Bedingungen die während des zurückliegenden Turnierwochenendes im UTC La Ville herrschten, war es wie erwartet und prognostiziert am Dienstag Nachmittag vorbei. Regen bis eine Stunde vor dem ersten Aufschlag zum 969 HTT Sandplatzfinale der Open Era, hatten die Court-Verhältnisse verändert, der böige Wind den Fun-Faktor der beiden HTT Stars minimiert.

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Ominöses siebentes Game entscheidet ersten Satz

Ein 500er-Titel mit in der HTT-Presse lancierten billigen Rangistenpunkten stand trotzdem zur Disposition, zudem sind Jaros & Scheidl was Turniersiege auf der Hobbytennistour betrifft, in ihren Karrieren mit zusammen drei Titeln ja nicht sonderlich erfolgsverwöhnt. Dementsprechend ernst, seriös, vorallem aber sehenswert ging es von Beginn weg zur Sache und mit dem Aufschlag durch die ersten sechs Games bis 3:3. Jaros hatte bis dorthin vier Break-Chancen ungenützt gelassen Scheidl deren zwei, ehe das berühmt berüchtigte siebente Game die Vorentscheidung bringen sollte. Nachdem Scheidl einen Spielball zum 4:3 ausgelassen hatte, glänzte Jaros mit zwei phantastischen Passierbällen, den entscheidenden Breakball gegen sich, setzte Scheidl mit einem um die Spur zu weit angetragenen Volley ins Aus. Der bis hierhin souverän servierende Jaros hatte damit das so wichtige erste Break in der Tasche, legte trotz eines Doppelfehlers im folgenden Aufschlagspiel zum 5:3 nach, und war zwei weitere Minuten nach einem eher dürftig vorgetragenen Service-Game seines Gegners mit der 1:0 Satzführung in Richtung Titelgewinn unterwegs.

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Scheidl mit Satzausgleich und einem 10minütigen Blackout zu Beginn des dritten Satzes, der schließlich den Titel kostete

Der selbstbewusst wirkende und bei eigenem Aufschlag beinahe unantastbare Dominik Jaros kam aber plötzlich ins Stolpern! Eine von heftigen Windböen beherrschte Phase just in seinem zweiten Aufschlagspiel des zweiten Satzes, brachte den 31jährigen völlig aus dem Rhythmus. Drei seiner insgesamt sieben Doppelfehler fabrizierte der topgesetzte Wiener alleine in diesem Game, dazu versemmelte er einen Spielball auf stümperhafte Weise, damit “erbte” Scheidl urplötzlich und aus dem Nichts heraus sein erstes Break zur 2:1 Führung. Und auch wenn dieses Break ergebnistechnisch aus Sicht von Jaros keinen Beinbruch darstellte – immerhin konterte der 31jährige postwendend mit dem Re-Break zum 2:2 – war Jaros aus dem Tritt gekommen. Er kassierte gleich noch ein zweites Break zum 2:3, patzte bei eigenem Aufschlag auch zum 2:5, und musste am Ende den Satzausgleich nach weiteren 56 Minuten mit 4:6 hinnehmen. Damit musste auch die dritte direkte Begegnung der beiden HTT-Stars in einem dritten Satz entschieden werden, und der wurde dann zum 28 minütigen Schnelldurchgang für Dominik Jaros. Scheidl hatte für ein paar Minuten den Fokus verloren, die nötige Körperspannung nicht parat und schon wirst du gegen einen Topmann wie Jaros brutal für eine solche Schwäche abgestraft. Nachdem sein Gegner eine abschließende Rückhand ins Netz befördert hatte, durfte Jaros mit seinem 100. Punkt in diesem Finale endlich den zweiten HTT Karriere-Titel bejubeln.

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“Jeder Turniersieg auf der Hobby Tennis Tour ist großartig”

57 Winner bei “nur” 27 unerzwungenen Fehlern, das ist angesichts der Windverhältnisse auf Lance Lumsden eine mehr als herzeigbare Bilanz. Der Schlüssel zum Erfolg des Dominik Jaros war aber am Dienstag Nachmittag definitiv die Return-Leistung des 31jährigen, der speziell auf der Rückhand den wie immer großartig vorgetragenen Netzangriffen Scheidls trotzte. Über die Rückhand liefen auch immer wieder exzellent gespielte Passierschläge, und mit Ausnahme des zweiten Satzes, lieferte Jaros eine hochkonzentrierte – wiewohl auch nötige – Vorstellung ab. “Jedes Turnier das man auf der Hobby Tennis Tour gewinnt ist großartig. Vorallem bei der Dichte, die 2022 bei den Turnieren herrscht. Heute war es für uns beide extrem schwierig bei den herrschenden Bedingungen zu spielen. Ich denke wir haben trotzdem das Beste daraus gemacht. Der erste Satz war gefühlt ein sehr guter von meiner Seite. Dann ist mit dem ersten Aufschlagverlust irgendwie der Faden gerissen. Dennoch hatte ich während des gesamten Matches irgendwie das Gefühl, heute der bessere Spieler zu sein. Mit dem 4:0 im dritten Satz war es dann nur mehr Formsache”, analysierte der Sieger. Übrigens: Jaros büßt trotz seines Turniersieges in der neuesten Ausgabe des HTT Computer-Rankings einen Platz ein, und rangiert nunmehr auf Position Nr. 10. Der Grund: Corona bedingt fielen am Dienstag Abend nicht nur die Punkte vom Mai HTT 500 Turnier 2020 aus der Wertung, sondern auch jene vom Kitzbühel-Race aus dem gleichen Jahr. Und so gingen Jaros 590 Punkte “flöten”, während er gestern “nur” 500 “billige” Punkte für den aktuellen Titel gutgeschrieben bekam.

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Bernhard Scheidl zeigt sich trotz Finalniederlage mit seinem Auftritt beim 16. Mai HTT 500 Turnier zufrieden

43:37 – diese Punkte-Fehler-Quote spukte die HTT-Statistik für den 2fachen HTT Grand-Slam-Sieger Bernhard Scheidl nach verlorenem Mai HTT 500 Finale aus. Dementsprechend zeigte sich der 36jährige Burgenländer bei der abschließenden Pressekonferenz auch gar nicht sonderlich geknickt. “Es war für beide schwierig, unser normales Niveau zu spielen, das war uns schon beim Einschlagen klar. Gratulation an den Dominik. Er hat das ganze Turnier stark gespielt, und gegen gute Leute wie die Mariam oder den Alex Rieger klar gewonnen. Ich bin am Ende sogar überrascht, dass es im Finale so eng war. Er hat es besser gemacht bei diesem Wind, clever gespielt, und damit verdient gewonnen. Die Entscheidung aus meiner Sicht ist mit den ersten 10 Minuten des dritten Satzes gefallen. Ich war mental kurz weg, habe nach gewonnenem zweiten Satz einen Moment durchgeatmet, und das wird von so einem guten Spieler sofort bestraft. Der nützt das halt leider eiskalt”, so der Serve & Volley Künstler vom Neusiedler See, der aber insgesamt ein positives Turnier-Resümee zog. “Es war ein tolles Wochenende. Erstens war ich im Viertelfinale eigentlich schon draußen, und ich war über das ganze Turnier körperlich in der Lage mitzuspielen und mitzukämpfen. Vor einem halben Jahr wäre ich körperlich nicht in der Lage gewesen, vier Matches so wie diesmal zu bestreiten. Sand wird nie mein stärkster Belag werden, aber wenn ich die Leute mit meiner Spielart begeistern kann, wie am Montag im Semifinale, dann freut mich das”.

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von Claus Lippert

Mittwoch
18.05.2022, 12:27 Uhr
zuletzt bearbeitet: 18.05.2022, 13:18 Uhr