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„Federer spielt immer eine Rolle“

Österreichs Nummer eins spricht über die persönlichen Ziele und die Favoritenrolle bei den French Open.

von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 22.05.2013, 13:26 Uhr

Jürgen Melzer ist ein Dauerbrenner, seit fast 15 Jahren spielt der Österreicher mittlerweile auf der ATP-Tour. Im Interview mit eurosport.yahoo.de spricht der Deutsch-Wagramer, der heute, Mittwoch, seinen 32. Geburtstag feiert, über Erfolge, Ziele und die Zukunft. Der Weltranglisten-37., der in der Saison 2011 bis auf Rang acht der Weltrangliste geklettert war, verrät außerdem, wer bei den French Open in Paris die besten Chancen hat.

Herr Melzer, aus aktuellem Anlass: Ist Tommy Haas, der jetzt mit 35 noch einmal im Halbfinale von Miami war und auf Rang 14 der Rangliste steht, einVorbild für Sie?

Jürgen Melzer:Klar, auf Tommy fehlen mir noch drei Jahre, da habe ich noch ein bisschen Zeit(lacht). Sein Comeback ist natürlich toll, das x-te, das er nun hingelegt hat. Das beweist einfach, dass er ein klasse Spieler ist und länger in den Top Ten hätte stehen können, wenn ihn Verletzungen nicht immer zurückgeworfen hätten. Vorbild? Mit 32 ein Vorbild zu haben, ist vielleicht eher nicht der Fall. Aber es zeigt natürlich, dass man auch in diesem Alter noch mitspielen kann.

Sie haben vor den French Open bis zuletzt um ihren Ranglistenplatz gekämpft, um unter den ersten 32 zu stehen. Wie wichtig ist es denn, in Paris gesetzt zu sein?

Melzer:Es galt in den letzten Wochen, natürlich Vollgas zu geben. Besonders Madrid und Rom waren auf dem Weg nach Paris sehr wichtig.

Also es ist in jedem Falle entscheidend, gesetzt zu sein?

Melzer:Ja, klar. Jeder weiß, dass man in der ersten Runde nicht auf Nadal, Djokovic, Federer oder Murray treffen muss. Daher hilft die Setzung natürlich schon enorm.

Vor drei Jahren waren Sie in Roland Garros im Halbfinale, haben im Viertelfinale einen 0:2-Satzrückstand gegen den heutigen Weltranglisten-Ersten Novak Djokovic gedreht. Ist das so ein bisschen Ihr Lieblings-Grand-Slam?

Melzer:Das ist schwierig zu sagen. Es ist sicherlich mein erfolgreichstes, ich habe in Paris die meisten Matches gewonnen. Mein Lieblings-Grand-Slam hat sich aber doch ein bisschen Richtung Wimbledon verschoben. Je schneller der Platz, desto leichter habe ich mich in den letzten Jahren getan. Roland Garros bleibt die Stätte meines größten Erfolges. Ich komme immer gern zurück und es macht auch Spaß, dort zu spielen. Wenn ich mich aber entscheiden müsste, würde ich Wimbledon nehmen.

Sie haben in Ihrem French-Open-Halbfinale 2010 gegen Rafael Nadal auf dem größten aller Plätze gespielt. Ist der Court Philippe Chatrier für Sie ein ganz besonderer Platz oder spielt das keine Rolle?

Melzer:Gleich ist es natürlich nicht. Auf Platz 9 herrscht eine andere Atmosphäre als auf dem Centre Court. Aber auch Suzanne Lenglen (der zweitgrößte Platz in Roland Garros; Anmerkung)ist ein schöner Platz. Doch der Chatrier ist der Platz, auf dem alle Finals ausgetragen werden. Das ist der Platz, auf dem man spielen möchte. Möglichst aus eigener Kraft und nicht, weil man gegen einen Star der Szene spielt.

Gibt es ein konkretes Ziel für Paris oder wartenSie zunächst die Auslosung ab?

Melzer:Das hängt natürlich auch immer davon ab, ob man gesetzt ist oder nicht. Prinzipiell muss das Ziel immer heißen, in die zweite Woche zu kommen. Doch man darf nicht vergessen, dass man bis zur zweiten Woche drei Matches und möglicherweise einen Brocken aus dem Weg räumen muss. Da hängt natürlich immer viel von der Tagesform ab. Als Ziel habe ich mir die zweite Woche gesetzt, ganz klar.

Als Doppelspieler haben Sie schon die Grand-Slam-Turniere in Wimbledon und New York gewonnen. Hat man da noch weitere Ziele oder schaut man da gar nicht mehr so sehr drauf?

Melzer:Doch, da schaue ich natürlich drauf. Da hat sich für die nächsten Wochen eine neue Partnerschaft mit Leander Paes ergeben. Das Ziel mit so einem Partner muss natürlich heißen, sehr weit zu kommen. Ich habe im Herren-Doppel zwei Grand Slams gewonnen, er hat den einen oder anderen mehr für sich entschieden (13; Anmerkung). Wenn man schon zwei Grand-Slam-Turniere im Doppel gewonnen hat, ist es natürlich das Ziel, auch die anderen zu gewinnen.

Sie arbeiten jetzt seit gut einem halben Jahr mit Alexander Waske zusammen, der seine Erfolge auch eher im Doppel feierte als im Einzel. Wie kann man sich die Zusammenarbeit vorstellen?

Melzer:Das ist eine ganz normale Spieler-Trainer-Zusammenarbeit. Er versucht, mich besser zu machen.

Hat es eine Rolle gespielt, dass Waske auch eher im Doppel erfolgreich war?

Melzer:Nein. Alex war immer ein Fighter. Er hat für seine Möglichkeiten wohl das Optimum aus seiner Karriere rausgeholt, war im Einzel unter den Top 100. Sein taktisches Verständnis und sein Tennis-IQ sind sehr hoch. Wir hatten eine kleine Probezeit, die super funktioniert hat. Ich bin sehr zufrieden mit ihm. Zu diesem ganzen Team gehört aber nicht nur Alex Waske, sondern auch Christian Rauscher, sein Konditionstrainer. Die beiden sind ganz, ganz schwer zu trennen. Wir arbeiten sehr gut miteinander. Auch der Erfolg der letzten Monate ist darauf zurückzuführen.

Bei der Weltelite wird in Bezug auf Linkshänder wie Rafael Nadal immer wieder von einem „Style-Vorteil“ gesprochen. Sie sind ja auch ein Linkshänder. Ist es ein Vorteil?

Melzer:Ich glaube schon, weil es einfach weniger davon gibt. Man kann leider nicht sagen, ob ich als Rechtshänder genauso weit vorne wäre. Aber es gibt natürlich Vorteile wie den Aufschlag nach außen bei wichtigen Ständen. Ich weiß nicht, ob es beim Angriffsspieler von Belang ist, ob er Rechts- oder Linkshänder ist. Beim Grundlinienspieler spielt das eher eine Rolle. Aber glauben Sie mir: Nadal mit der rechten Hand wäre genauso gut.

Nadal war jetzt lange verletzt, kam eindrucksvoll zurück. Nun warten die French Open. Ist er der Topfavorit? Und wie sehen Sie die Favoritenlage generell?

Melzer:Rafa ist natürlich derjenige, den es zu schlagen gilt. Novak Djokovic hat aber jüngst in Monte-Carlo gezeigt, dass er die Mittel hat, um Nadal wehzutun. Ich glaube, dass das die beiden Topfavoriten in Paris sind. Der Rest kann überraschen.

Spielt Federer auch noch eine Rolle?

Melzer:Roger Federer spielt immer eine Rolle.

Sie haben auf ihrer Homepage das Ziel ausgegeben: „Am Ende der Saison möchte ich um die 20 stehen. Das muss das Ziel sein. Wie ich das hinkriege? Ich werde es hinkriegen!“ Kriegen Sie es denn hin?

Melzer:Bis jetzt sieht es ganz gut aus. Jetzt heißt es nur noch, die Form das ganze Jahr zu kompensieren. Ich finde, man muss sich seine Ziele hoch setzen. Wir arbeiten hart daran und am Ende des Jahres wird abgerechnet. Wenn ich dann auf 22 stehe, werde ich mit der Saison wahrscheinlich auch zufrieden sein.

Herr Melzer, ich bedanke mich für das Gespräch.(Foto: GEPA pictures)

Das Interview führte Patrick Reichardt.

Hier geht es zum Interview mit Jürgen Melzer auf der „Eurosport“-Seite.

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