Karolina Pliskova im tennisnet-Interview: "On-Court-Coaching? Ich hasse es!"
Karolina Pliskova (WTA-Nr. 17) ist eine große Konstante im Welttennis, nach ihrem Comeback ist mit der Ex-Nummer 1 wieder zu rechnen. Im Rahmen des Porsche Tennis Grand Prix hat die Tschechin sich Zeit für ein Gespräch genommen.
von Florian Goosmann aus Stuttgart
zuletzt bearbeitet:
16.07.2023, 13:23 Uhr
Karolina, wir hatten vor ein paar Jahren über ihren Führerschein gesprochen und Sie hatten gesagt, es sei schwierig, ihn anzugehen: Sie leben in Monte-Carlo, müssten die Prüfung auf Französisch absolvieren, ohne es gut zu sprechen, wollten ihn vielleicht mal in Prag machen… Wie sieht das mittlerweile aus?
(lacht) Es ist immer noch derselbe Stand. Es ist nach wie vor schwierig. Ich reise so viel, habe kaum eine längere Zeit zu Hause. Aber der Führerschein ist auch nicht mein großer Traum. Ich weiß, dass ich ihn irgendwann machen muss, wenn ich mal Kinder habe. Aber das muss bis zum Ende meiner Karriere warten.
Was ist mit dem Porsche, den Sie 2018 hier in Stuttgart gewonnen haben?
Den habe ich noch! Mein Mann fährt ihn, er fährt mich darin herum.
Auch nicht schlecht! Und in diesem Jahr könnte ein zweiter dazukommen. Sie stehen im Viertelfinale, nun geht’s gegen Iga Swiatek. Ihre letzte und bislang einzige Begegnung lief nicht gut für Sie (Pliskova verlor im Rom-Finale 2021 mit 0:6, 0:6, Anm. d. Red.). Müssen Sie gegen Iga anders spielen als gewohnt, gegen ihren „Heavy Spin“?
Iga ist eine der schwierigsten Gegnerinnen auf Sand, sie hat zwei Mal in Roland Garros gewonnen. Auf Sand spielt niemand gerne gegen sie. Aber die Bedingungen in Stuttgart sind anders, es ist schneller. Ich habe mit ihr vorm Turnier trainiert, das war okay. Ich weiß, was mich erwartet. Es ist auch ihr erstes Match auf Sand, und man spielt nie sein bestes Tennis, wenn man auf einen neuen Belag wechselt. Für mich ändert sich jedoch wenig. Ich muss mein Tennis spielen, kleine Dinge anpassen, wie meine Position auf dem Platz.
Sie spielen ein sehr klassisches, sehr elegantes Tennis. Einige Leute meckern immer: Sie bewegt sich zu wenig. Haben viele Coaches versucht, an Ihrer Beinarbeit rumzuwerkeln?
Man gewöhnt sich an diese Kommentare. Ja, ich bewege mich vielleicht nicht so gut, aber ich habe einen Aufschlag, eine Vorhand. Es geht im Tennis nicht nur ums Bewegen. Andere Spielerinnen bewegen sich besser, aber sie haben nicht meine Power. Und wenn man sich die Liste der Gewinnschläge anschaut – da glaube ich, dass die Power die Matches entscheidet. Elena Rybakina oder Aryna Sabalenka sind auch nicht die besten, wenn es um Bewegung geht. Aber wenn man derart aggressiv spielt, hat man niemand eine Chance, an die Bälle zu kommen, selbst wenn sie die Schnellste überhaupt ist. Tennis ist sehr rasant geworden, da ist diese Art Spiel die beste Option. Aber klar: Ich arbeite daran, schneller zu werden, auch jetzt, wo ich nicht mehr die Jüngste bin. Manchmal kommt es aber auch aufs Auge an, wie man den Ball sieht.
Wenn man seine Beinarbeit, die zum eigenen Spiel passt, zu arg ändern will: Besteht vielleicht auch die Gefahr, dass man sein Spiel durcheinanderbringt?
Genau so ist es. Und ich kann ja rennen, hole dadurch viele Bälle. Aber das wird mir keine Matches gewinnen. Am Ende muss ich diejenige sein, die den Ballwechsel bestimmt.
Sie arbeiten seit diesem Jahr wieder mit Sascha Bajin zusammen, nach einer kurzen Trennung Mitte 2022. Wie kam es dazu – und wie sind Sie wieder zusammengekommen?
Wir hatten ein tolles Jahr mit dem Wimbledonfinale 2021. Dann hatte ich meine Verletzung (am Handgelenk, Anm. d. Red.). Nach meinem Comeback hatte ich Probleme, wieder in den Rhythmus zu kommen. Manchmal glaubt man in solchen Fällen, dass man neuen Input von anderen Leuten braucht. Für ein paar Wochen war das keine schlechte Entscheidung. Aber dann habe ich ein gewisses Level von bestimmten Leuten erwartet, und das kam nicht. Ich habe realisiert, wie viel Sascha leistet – er macht so viel mehr als andere Coaches. Er lebt das, er schmeißt alles rein! Er ist im Fitnessstudio mit mir, pusht mich. Also habe ich versucht, ihn zurückzuholen – und er hat mich zurückgenommen.
Stichwort Sascha: On-Court-Coaching ist mittlerweile erlaubt. Eine gute Sache?
(lacht) Ich hasse es! Sascha will oft, dass ich zu ihm komme, aber ich mache das nie. Ich suche gerne selbst nach Lösungen. Wenn er mir sagt, wie ich den nächsten Punkt spielen soll und ich ihn dann verliere… da bin ich noch genervter. Ich ziehe es vor, während der Matches nicht mit ihm zu sprechen. Aber klar, wenn die Gegnerin richtig gut trifft und ich wenig entgegensetzen kann, höre ich mir an, was er sagt.
Sie hatten über Ihre Handgelenksverletzung gesprochen. Wie sehr beeinträchtigt Sie das noch? Juan Martin del Potro sprach nach seinen Operationen davon, täglich zwei, drei Stunden an Extra-Behandlung zu benötigen.
Das ist bei mir nicht so, alles ist wieder so wie zuvor. Als die Verletzung akut war, habe ich mich aber gefühlt, als gehöre meine Hand nicht mir. Es war eine große Verletzung. Vielleicht hat sich ein bisschen was verändert, aber ich habe mich daran gewöhnt. Es sind nun anderthalb Jahre rum. Aber es war keine einfache Sache, als ich diese Probleme hatte.
Zumal Handgelenksprobleme viele Spieler lange beschäftigen. Dominic Thiem kämpft immer noch darum, wieder seine alte Vorhand zu schlagen.
Ja, auch bei mir war es die rechte Hand, mit der macht man alles. Man braucht auch den Touch. Wenn man am Bein verletzt ist, ist es anders. Beim Tennis kommt es auf Zentimeter an.
Zum Schluss müssen Sie noch ein Mysterium auflösen: das weiße Band an Ihrem Schläger. Im Internet finden sich zwei Theorien: Zum einen, dass Sie manchmal eine bestimmte Schlägerseite oben halten wollen. Zum anderen, dass es ein Glücksbringer ist, den Ihr Vater eingeführt hat.
Es ist tatsächlich ein Glücksbringer, ein weißes Griffband. Als ich klein war, hat mein Vater meine Schläger bespannt und es dran gebunden. Jetzt mache ich das selbst.
Ihre Zwillingsschwester Krystina hatte aber kein Band dran...
Nicht mehr. Sie hatte es eine Zeitlang auch, aber es hat ihr nicht so viel Glück gebracht (lacht).
Sie hat 2022 ein Kind bekommen. Plant sie ein Comeback?
Sie will es versuchen, aber erst im nächsten Jahr.
Karolina, vielen herzlichen Dank für Ihre Zeit und weiterhin viel Erfolg!