Kein Titel, kein Ärger: Zverev fährt "zufrieden" nach Wimbledon
Ohne Rasentitel, aber mit ausreichend Matchpraxis bricht Alexander Zverev nach seinem Halbfinal-Aus in Halle nach Wimbledon auf.
von SID
zuletzt bearbeitet:
22.06.2025, 19:20 Uhr

In Ostwestfalen hätte es enden können, das kleine Sommertheater mit den prominent besetzten Hauptrollen: Boris Becker war eingeladen worden, um dem Sieger in Halle den Goldpokal zu überreichen. Alexander Zverev dazu auserkoren, den Heimfluch bei Deutschlands wichtigstem Rasenturnier zu beenden. Doch der Hamburger verpasste die Titelchance und damit auch die Gelegenheit zur öffentlichen Aussprache mit Chefkritiker Becker.
Bereits im Halbfinale war Schluss, Zverev unterlag dem Russen Daniil Medwedew 6:7 (3:7), 7:6 (7:1), 4:6. Nach drei Stunden bei tropischen Temperaturen war Zverev dennoch nicht unzufrieden. "Es war ein super Match auf hohem Niveau von beiden. Ich würde saurer sein, wenn ich Spiele verlieren würde, in denen ich vieles falsch gemacht und selbst das Match verloren hätte", sagte er und stellte fest: "Das ist heute nicht der Fall."
Für ihn geht es nun weiter nach London - zum Höhepunkt und Abschluss der Rasensaison, die Zverev weit weniger liegt als alle anderen Teile des Tennisjahres. Im Gepäck hat er immerhin genügend Matchpraxis, in Stuttgart hatte er das Finale erreicht, in Halle sammelte er weitere drei Siege. "Mit den Matches, die ich hier und in Stuttgart gespielt habe, kann ich nach Wimbledon fahren. Ich bin mit meinem Level zufrieden", sagte Zverev.
Allzu groß dürften seine Erwartungen nicht sein. Bislang ist der 28-Jährige auf den Rasenplätzen im Londoner Südwesten nie über das Achtelfinale hinausgekommen. Zum engeren Favoritenkreis zählt Zverev nicht, der Abstand zu den Ausnahmespielern Carlos Alcaraz und Jannik Sinner - trotz dessen früher Niederlage in Halle - ist in der Vorbereitung nicht kleiner geworden. Auch Novak Djokovic bewegt sich auf Rasen in anderen Dimensionen.
Zverev schlägt sich dagegen mit seinen Angstgegnern herum, von denen er mittlerweile eine stattliche Anzahl gesammelt hat. Gegen Taylor Fritz kassierte er in Stuttgart die fünfte Niederlage in Folge, gegen Medwedew in Halle die zwölfte in den vergangenen 14 Aufeinandertreffen. Alles irgendwie erwartbar und ein Argument für Beckers These, Zverev brauche für eine Trendwende und den ersten Grand-Slam-Titel einen Wechsel in seinem familiengeführten Team.
Auf diesen Ratschlag hatte der Weltranglistendritte allergisch reagiert. "Wenn es bei mir gut läuft, mache ich immer alles richtig, wenn es bei mir schlecht läuft, sind immer alle sehr, sehr schlau. Da gehört Boris leider dazu", sagte Zverev. Becker vermied daraufhin bei seinen öffentlichen Auftritten Einlassungen zum Thema, Zverev schuftete unverändert weiter - allerdings ohne den erhofften Rasentitel.
Florian Mayer bleibt damit der letzte Heimsieger in Halle, 2016 schlug er Zverev im Finale. In Wimbledon liegen deutsche Erfolge bei den Männern noch viel länger zurück. Vor 40 Jahren holte Boris Becker seinen ersten, vor 36 Jahren den letzten Titel. Der letzte deutsche Sieger war 1991 Michael Stich - mit dem spielte Becker damals gemeinsam im ein oder anderen größeren Sommertheater.