Kim Clijsters vor Comeback: "Am Anfang wird es auch ein großer Lernprozess sein"

Kim Clijsters bestreitet am Montagnachmittag (ab 16 Uhr MEZ) ihr Comeback. Auftaktgegnerin ist Garbine Muguruza, eine hochklassige Trainingspartnerin hat die Belgierin zudem schon bespielt.

von Jörg Allmeroth aus Dubai
zuletzt bearbeitet: 16.02.2020, 15:36 Uhr

Kim Clijsters
© Getty Images
Kim Clijsters

Simona Halep hat später gar nicht lange um den heißen Brei herumgeredet. „Schrecklich nervös“ sei sie am Sonntagmorgen gewesen, vor einer ganz besonderen Trainingseinheit in Dubai, vor der ersten Begegnung auf dem Tenniscourt mit einer gewissen Kim Clijsters: „Sie ist eine absolute Legende für mich“, sagte Halep, die Nummer 1 der Weltrangliste, „als Kind habe ich sie kopiert, wollte so sein wie sie.“

Am Arabischen Golf startet in der kommenden Woche das spektakuläre zweite Comeback von Clijsters, und Halep gehörte zu den Spielerinnen, mit denen sich die 36-jährige Belgierin in den letzten Tagen einschlug und warmspielte für das Turnier. Was man von „Darling Kim“ (Gulf News) erwarten darf? Halep, die aktuelle Frontfrau, war sich da sehr sicher: „Eine ganze Menge. Sie trifft den Ball so gut wie nur irgendwer da draußen. Sie ist fit und ehrgeizig. Ich glaube, du willst sie nicht gern als Gegnerin haben.“

Clijsters: "Die Freude ist groß"

Ein paar Minuten, nachdem Halep dem einstigen Idol die schönsten Komplimente gemacht hatte, kam auch Clijsters in die aufgestylte „CuBa“-Lounge des „Jumeirah Creekside Hotels“ – dem üblichen Schauplatz der Pressegespräche vor dem Turnierstart. Der Andrang war groß, gewaltig sogar, zwei Dutzend Kamerateams belagerten die Rückkehrerin, aus Belgien war eigens ein stattlicher Trupp Journalisten in die Wüste angereist. Kim macht mobil, nicht nur sich selbst. „Es ist schon ein bisschen verrückt, jetzt wieder hier zu sitzen, Fragen zu beantworten, in das alte Leben einzutauchen“, sagte die Flämin, die zuletzt selbst gelegentlich hinter der Kamera gearbeitet hatte, als TV-Expertin und Kommentatorin, „ich bin jetzt ziemlich aufgeregt, diese Reise zu beginnen. Die Freude ist groß.“

Was sie von der Anerkennung der anderen Spielerinnen halte, von den allgemeinen Respektsbekundungen der Jüngeren und ganz Jungen? Clijsters lachte, parierte die Frage dann so: „Wenn ich auf den Platz gehe, wollen sie mich schlagen. Ist doch klar. Sie wollen um keinen Preis gegen mich verlieren.“ Der Start hat es ohnehin schon in sich für Clijsters. Nachdem ihre ursprüngliche Gegnerin, die Niederländerin Kiki Bertens, wegen einer Verletzung zurückgezogen hatte, trifft die dreifache Mutter nun auf Garbine Muguruza. Zur Erinnerung: Die stand gerade erst überraschend im Finale der Australian Open.

"Bin neugierig, wie wir das als Familie hinkriegen"

Aber Clijsters ist nicht auf den schnellen Erfolg, die raschen Siegmomente fixiert. „Ich weiß, dass es dauern kann, bis ich mich wieder voll zurechtgefunden habe auf der Tour“, sagte sie, „am Anfang wird es auch ein großer Lernprozess sein.“ Clijsters hatte schon einmal einen Rücktritt vom Rücktritt vollzogen, 2009 packte sie ihre Tennistasche wieder zusammen, holte als „Mutter Courage“ drei Grand Slam-Titel. Bei den US Open 2012 war dann Schluss – bis heute. Und was ist inzwischen anders geworden, von Comeback zu Comeback? „Zwei Kinder mehr“, schmunzelte Clijsters, „das Reisen, das ganze Profi-Sein – es wird schon schwieriger und spannender. Ich bin neugierig, wie wir das als Familie hinkriegen.“ Nach dem ersten Auftritt, dem Schnupperkurs in Dubai, geht es für den Clijsters-Tross weiter ins mexikanische Monterrey und dann nach Indian Wells, zum sogenannten fünften Grand Slam.

Und warum das alles, mit Mitte Dreißig, mit drei Kindern und als Ehefrau? „Die Frage nach dem Warum stellen alle. Aber irgendwann haben mein Mann und ich gesagt: Warum denn nicht“, sagte Clijsters, „ich spüre noch das Feuer in mir, die Lust am Wettkampf auf dem Centre Court. Ich war immer jemand, der diese Duelle mochte, die Auseinandersetzung mit dem Gegner und sich selbst.“ Ziele, Erwartungen, Ansprüche? In solchen Kategorien denkt Clijsters nicht. Oder besser: noch nicht. „Ich habe gut gearbeitet. Ich habe einige Rückschläge auf dem Weg weggesteckt. Jetzt ist erst mal die Freude groß, dass es losgeht“, sagte die 36-jährige, „ich bin durchaus darauf eingestellt, dass es holprig beginnt. Ich mache mir keine Illusionen, das ist ein Prozess, der sehr herausfordernd sein wird.“ Das Gute sei, so Clijsters, „dass ich alles an Emotionen schon mal durchgemacht und erlebt habe in den vielen Jahren“: „Es gibt eigentlich nichts, dass mich wirklich überraschen kann.“

Als die Amerikanerin Sofia Kenin jüngst sensationell die Australian Open gewann, war auch Clijsters unwillkürlich aufgetaucht – in einem Video, das Kenin und Clijsters 2005 beim Turnier in Miami zeigte. Clijsters führte das sechsjährige Mädchen damals für einen Werbepartner über die Anlage, Kenin verkündete stolz, selbst auch einmal die Nummer eins und Grand-Slam-Siegerin werden zu wollen. Clijsters nahm es amüsiert zur Kenntnis. 15 Jahre später stehen sie nun beide zusammen in einem Turnierfeld, die große alte Dame aus Belgien bei ihrem zweiten Comeback und die aktuellste Grand-Slam-Siegerin. „Das ist schon eine unfassbare Laune des Schicksals“, meinte Clijsters am Sonntag. Sie hatte sich zuvor für einen PR-Termin mit Kenin am berühmten Burj al Arab-Hotel getroffen, auch Kamelreiten war geplant. Aber nur Kenin wagte den kleinen Trip, Clijsters schaute vorsichtig zu: „Ich wollte nicht, dass noch was schiefgeht.“ 

von Jörg Allmeroth aus Dubai

Sonntag
16.02.2020, 15:36 Uhr
zuletzt bearbeitet: 16.02.2020, 15:36 Uhr