Lars Uebel - „Der sehr gute Trainer muss in der TennisBase Oberhaching arbeiten“

Der Chefcoach des Bayerischen Tennisverbandes im tennisnet-Interview über den schweren Schritt vom Junior zum Profi, über die neuen Möglichkeiten an der TennisBase in Oberhaching und über Jannik Sinner.

von Jens Huiber
zuletzt bearbeitet: 10.12.2019, 14:53 Uhr

Lars Uebel leitet die sportlichen Geschicke in Oberhaching
© Jürgen Hasenkopf
Lars Uebel leitet die sportlichen Geschicke in Oberhaching

tennisnet: Herr Uebel. Was sind die größten Verbesserungen, die der Umbau der TennisBase in Oberhaching mit sich gebracht hat?

Lars Uebel: Zunächst einmal bringt es uns erleichterte Arbeitsbedingungen. Wir haben das Zentrum an die erforderlichen Begebenheiten für das Jahr 2019 angepasst. Der frühere Fitnessraum wird jetzt das Trainerbüro, da sieht man schon, wie sich die Dimensionen verändert haben. Wir hatten keine Sporthalle, das war nicht mehr zeitgemäß, wenn man den Ansprüchen in der Vorbereitung, der Nachbereitung und im Reha-Training gerecht werden möchte.

tennisnet: Im sportspezifischen Bereich?

Uebel: Da haben wir zwei neue Tennisplätze dazubekommen, um noch mehr jüngere Spieler nach Oberhaching zu bekommen. Und sie früher an die TennisBase und die Trainer, die hier arbeiten, zu gewöhnen. Schon die Neun- bis Zwölfjährigen sollen sich hier wohlfühlen.

tennisnet: Der Erfolg ist damit aber nicht garantiert.

Uebel: Natürlich nicht. Ein Beispiel: Wenn ich jetzt Vater wäre und würde meinem Sohn sagen, er hätte zwei Möglichkeiten: Entweder an die TennisBase zu gehen und dort keinen guten Trainer zu haben, oder aber ein Netz über die Straße zu spannen und mit einem sehr guten Trainier su üben, würden sich wahrscheinlich 90 Prozent für den sehr guten Trainer entscheiden. Auch wenn man im Winter dann vielleicht Einbußen wegen des schlechten Wetters in Kauf nehmen muss. Für uns ist daher das Ziel, dass dieser sehr gute Trainer in der TennisBase Oberhaching arbeiten muss.

tennisnet: Wie aber finden Sie diese guten Trainer?

Uebel: Das ist ein sehr schwieriger Prozess. Man muss junge, motivierte Trainer finden, die sich in ein Team eingliedern wollen, die gleichzeitig die Fähigkeit haben, mit Frauen oder Männern, aber auch im Jugendbereich zu trainieren. Nicht jeder Profitrainer ist gut für den Jugendbereich und umgekehrt. Dazu kommt die Frage, wie man den bestehenden Trainerstab weiterbilden kann. Das ist sicherlich auch meine Aufgabe. Das hat mit Lukas Wolf etwa sehr gut geklappt.

tennisnet: Beobachten Sie manchmal Trainer, von denen Sie denken: Hoppla, das würde für uns gut passen?

Uebel: So etwas sehe ich öfter. Und das wird dann hier auch mit den Geschäftsführern diskutiert. Aber wir haben hier dennoch keine unbegrenzten Mittel. Ich kann nicht jeden Trainer, den ich haben möchte, reinholen. Es geht eher in die Richtung, junge Trainer zu finden und die auszubilden. Dass wir jetzt einen großen Namen präsentieren, ist unwahrscheinlich. Nur, weil wir hier gerade für 13,5 Millionen Euro umgebaut haben, heißt das nicht, dass wir jetzt einen Mann wie etwa Larry Stefanki nach Oberhaching holen können.

„Zu Jannik Sinner kann man Riccardo Piatti nur gratulieren“

tennisnet: Wo hört die Aufgabe des Bayerischen Tennisverbandes auf? Beim Heranführen an das Profitennis - oder schließt der Anspruch die Betreuung im Profitennis mit ein?

Uebel: Wir wollen natürlich alles machen. Die Frage ist, ob das möglich ist. Meine Aufgabe an der TennisBase wird sich ab dem 1. Januar 2020 ändern, ich werde die Gesamtleitung übernehmen. Das heißt, den Profi- und den Jugendsport organisatorisch betreuen. Weil wir in der internen Analyse festgestellt haben, dass wir große Probleme beim Übergang vom Jugend- in den Profibereich hatten. Nach meiner Meinung ist das aber der Kernbereich des Bayerischen Tennisverbandes. Der Profibereich ist die Kirsche on top, das möchte ich gar nicht missen. Aber die nächste Aufgabe ist es, den nächsten deutschen Spieler auszubilden, der dann bei den Grand Slams Erfolge feiern kann.

tennisnet: Ab welchem Alter können Sie einschätzen, ob eine Profikarriere für eine junge Spielerin, einen jungen Spieler möglich ist?

Uebel: Das kann man recht früh sehen. Ich habe den Rudi Molleker mit zwölf Jahren mal bei mir in München gehabt. Da hätte ich schon viel Geld darauf gewettet, dass der einmal gut Tennis spielen wird. Max Rehberg hat sicherlich Potenzial, ist jetzt gerade Deutscher Meister in der U16 geworden. Und da schauen wir jetzt nicht darauf, dass er auch den Titel in der U18 gewinnt, sondern, dass er in vier, fünf Jahren bei den Grand Slams mitspielt. Ich glaube, wir haben da in der Vergangenheit viel zu viel Wert auf Ranglisten gesetzt, U14 bis U18, und zu wenig darauf geschaut, was ein Spieler denn haben muss, um bei den großen Turnieren mitzuspielen.

tennisnet: Interpretieren wir das jetzt richtig, dass Ihnen Junioren-Grand-Slams dann gar nicht so wichtig sind?

Uebel: Das interpretieren Sie falsch. Diese Turniere haben einen hohen Stellenwert, auch wenn es immer Ausnahmen gibt: Einen Spieler wie Jannik Sinner würde ich sofort nehmen, auch wenn der wohl bei keinem einzigen Junioren-Major gespielt hat. Dieser Werdegang ist herausragend, da kann man Riccardo Piatti nur gratulieren. Aber das ist eine Wunschvorstellung. Aber gerade das vorletzte und das letzte Jugendjahr sind sehr wichtig, weil man dort mit den Leuten zusammenspielt, die dann später auch gut werden.

von Jens Huiber

Dienstag
10.12.2019, 13:45 Uhr
zuletzt bearbeitet: 10.12.2019, 14:53 Uhr