Der große Debütanten-Ball
von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet:
03.07.2010, 07:46 Uhr

Showdown auf dem Centercourt: Zwei reine Doppel-Spezialisten kämpfen gegen zwei Einzel-Weltklassemänner um 147.000 Euro. Für jeden der beiden im siegreichen Paar.
Es wird ein Finale der Premieren, das um ca. 17 Uhr unserer Zeit auf dem Centercourt von Wimbledon startet, im Anschluss an das Damen-Finale zwischen Serena Williams und Vera Zvonareva: Jürgen Melzer, Philipp Petzschner, Horia Tecau und Robert Lindstedt stehen am Samstag allesamt erstmals in einem Grand Slam-Endspiel. Kein Wunder, dass Jürgen Melzer in seinem tennisnet.com-Blog das Thema Nerven aufs Tapet bringt: „Wenn alle vier ihre Nerven in Zaum halten“, sagt der 29-jährige Niederösterreicher, „dann müssen wir wahrscheinlich drei Tiebreaks gewinnen.“ Wo ja auch wieder die Nerven entscheiden ...
„Extrem aufpassen“
Warum Tiebreaks? Melzer hat eine einleuchtende Erklärung: „Bei ihren Aufschlaggames waren Lindstedt/Tecau bisher eher vernichtend hier, ich hab mir die Statistiken angesehen: 98 Prozent der Punkte nach dem ersten gewonnen, wenn ich mich recht erinnere 78 Prozent nach dem zweiten.“ Was Breaks schon allein rechnerisch nahezu unmöglich macht. Bei ihren Returngames verfolgen der Schwede (mit 33 der älteste der vier Finalisten) und Tecau (mit 25 der jüngste) eine sehr konsequente Strategie. Melzer: „Die kennen nur einen Schalter ON und einen Schalter OFF. Das kann heißen: Sie spielen ganze Games alles an die Plane, dafür schießen sie dir auf einmal vier Winner rein. Also muss man da extrem aufpassen.“
Einzel-Karriere vom Coach beendet
Robert Lindstedt, 1,90 groß, wohnt in Bastad in Schweden, wurde bei der Geburt beinahe von seiner Nabelschnur erwürgt, liebt U2, verehrt Bono und ist mit der französischen Profispielerin Severine Beltrame liiert. Horia Tecau, 1,93 groß, wohnt in Constanta an der rumänischen Schwarzmeerküste. Sein Coach ist Andrei Pavel, gegen den er auch das bislang letzte Einzel-Match seiner Karriere verloren hat, vor einem Jahr in der Qualifikation von s-Hertogenbosch. Seit eineinhalb Jahren wird er nicht mehr in der Einzel-Weltrangliste geführt, Lindstedt fand seinen Namen zuletzt vor knapp dreieinhalb Jahren im Singles Ranking der ATP. Im Doppel belegen sie die Ränge 27 (Lindstedt) und 32 (Tecau), sind in Wimbledon auf 16 gesetzt.
Der Ex-Partner des Freundes
Jürgen Melzer (26) ist der am höchsten gereihte Spieler im Doppel-Finale, sein Partner Petzschner (60) der am tiefsten, im Einzele belegen sie die Ränge 16 (Melzer) und 41 (Petzschner). Auch in der Anzahl der Doppel-Titel ist Petzschner Nummer vier im Finale: Er holte erst einen, 2010 in Zagreb mit Jürgen Melzer. Der holte bereits sieben mit vier verschiedenen Partnern: je einen mit Petzschner, Mario Ancic und Robert Kendrick, vier mit Landsmann Julian Knowle. Horia Tecau bringt es auf drei Doppel-Titel auf der Tour, alle drei aus dem Jahr 2010, Lindstedt auf acht. Taktische Ratschläge kann sich Melzer von seinem Freund Knowle holen: Denn der spielte gemeinsam mit Lindstedt zu Beginn 2010 sechs Turniere, ehe die beiden ihre Partnerschaft wieder beendeten.
147.000 Euro und der Titel „Wimbledon-Sieger“ warten – auf zwei der vier
Rund 73.500 Euro Preisgeld hat jeder der vier Finalisten bereits sicher, im Finale geht es um eine satte Verdoppelung dieses Betrags. Es geht also um viel – in jeder Hinsicht. Melzer hat Respekt vor seinen Gegnern, aber keine Angst: „Melzer/Petzschner können schon auch was: Wir retournieren beide gut, haben beide vorne doch einiges an Gefühl, und mittlerweile sind wir auch gut zusammengespielt. Also sollte man uns auch nicht unterschätzen.“ Dass er mit einem Auge auf das satte Preisgeld schielt – immerhin gingen sich darum für den Alfa Romeo-Fan immerhin vier nagelneue Spider aus –, das verneint Melzer: Ihm geht es nur um den Titel. „Wimbledon-Sieger“, sagt er, „wie geil wäre das bitte?“
