Nadal, Federer, Djokovic ...und Troicki? Die acht größten Comebacks der letzten acht Jahre

Das Momentum hat auf kaum einen Sport einen derart starken Einfluss, wie es ihn auf den Tennissport hat. Wenige Punkte können ein ganzes Spiel zum Kippen bringen. So auch bei den folgenden acht Matches, bei denen Spieler aus den aussichtslosesten Positionen noch zurückgekommen sind. 

von Michael Rothschädl
zuletzt bearbeitet: 20.03.2020, 10:56 Uhr

Novak Djokovic ist mit seinem Spielstil ein Garant für Comebacks - und auch auf unserer Liste zu finden
Novak Djokovic ist mit seinem Spielstil ein Garant für Comebacks - und auch auf unserer Liste zu finden

8. Platz: Novak Djokovic vs. Andy Murray, Shanghai 2012

Wenn es einen Spieler gibt, dessen Spielstil wie geschaffen dafür ist, aus aussichtslosen Positionen zurückzukommen, dann ist das Novak Djokovic. Dem Serben gelingt es wie kaum einem anderen Spieler, von einem auf den anderen Moment seine Fehler komplett abzustellen und den Gegner dazu zu zwingen, das Match auf eigene Faust zu beenden. Eine Eigenschaft, die zuletzt auch Gael Monfils in Dubai am eigenen Leib erfahren musste.

Und auch Andy Murray weiß, wie schwer es ist, ein Match gegen den 17-fachen Grand-Slam-Champion zu gewinnen. 2012 in Shanghai sah der Schotte schon aus wie der sichere Sieger, lag mit 7:5 und 5:4 in Front, hatte bei eigenem Aufschlag den ersten Matchball. Djokovic konnte diesen aber abwehren, schaffte das Rebreak und zwang Murray in ein Tiebreak. Auch in diesem war es Andy Murray, der die Chance hatte, dieses Spiel für sich zu entscheiden. Ganze vier weitere Matchbälle fand der Schotte vor, verwandeln konnte er aber keinen. Die Folge: Andy Murray musste mitansehen, wie sich Novak Djokovic Satz zwei schnappte und somit das Szepter an sich riss: Die Gegenwehr Murrays war gebrochen, Djokovic sicherte sich auch Satz drei und machte das Comeback perfekt.

7. Platz: Juan Martin Del Potro vs. Dominic Thiem, US Open 2017

Juan Martin del Potro ist einer der ganz großten Angstgegner von Dominic Thiem. Der Österreicher sah bei den ersten beiden Aufeinandertreffen mit dem Hünen aus Argentinien kein Land, musste sich jeweils ohne Satzgewinn geschlagen geben. Keine allzu guten Voraussetzungen also für den Österreicher in diesem Achtelfinalduell bei den US Open 2017. Doch nach den ersten beiden Sätzen hätte man meinen können, Dominic Thiem hätte einen Weg gefunden, sein Gegenüber zu bezwingen. Durchgang eins und zwei gingen mit 6:1 und 6:2 an Dominic Thiem. Der verkühlte Del Potro schien bis dahin auf verlorenem Posten zu sein, fand dann aber besser in diese Partie und entschied Satz drei glatt für sich.

Der Grund, wieso diese Partie den Weg auf unsere Liste gefunden hat, liegt aber im vierten Durchgang. Dominic Thiem agierte wieder so dominant wie in den ersten beiden Sätzen, lag schnell mit 5:2 in Front, abermals bewies sich Del Potro aber als „Steh-auf-Männchen“ konnte auf 5:5 ausgleichen. Beim Stand von 6:5 gab es dann gar die ersten beiden Matchbälle für den Österreicher, auch die konnte „DelPo“ abwehren. Die Gegenwehr des Österreichers war gebrochen. Mit 7:1 ging das folgende Tiebreak an den Argentinier, mit 6:4 wenig später auch der Entscheidungssatz.

6. Platz: Kevin Anderson vs. Roger Federer, Wimbledon 2018

Mit viel breiterer Brust als Roger Federer in dieses Viertelfinalduell gegangen ist, kann man kaum in ein Tennisspiel gehen. 8:0-Sätze im Head-to-Head, 32 Satzgewinne und 85 gewonnene Aufschlagspiele in Serie beim Rasenklassiker in Wimbledon die beeindruckende Statistik Federers vor dem Aufeinandertreffen mit Kevin Anderson. Doch auch dieser ist insbesondere auf Rasen ein harter Brocken, verfügt er doch über einen der besten Aufschläge auf der ATP-Tour.

In den ersten beiden Durchgängen war es aber der Favorit aus der Schweiz, der das Geschehen auf dem Platz dominierte, schnell lag Federer mit 2:0-Sätzen Front. Und als der Schweizer im dritten Satz dann auch noch einen Matchball vorfand, da sah es so aus, als könne Federer seine beeindruckende Serie in Wimbledon prolongieren. Aber nichts da: Kevin Anderson wehrte den Matchball ab, sicherte sich Satz drei, wenig später auch Durchgang Nummer vier. Und auch im alles entscheidenden fünften Satz sollte der Südafrikaner die Oberhand behalten: Nach vier Stunden und vierzehn Minuten konnte Anderson den ganz großen Turnierfavoriten mit 13:11 im Entscheidungsdurchgang aus dem Turnier nehmen, und sichert sich so vollkommen verdient einen Platz auf unserer Liste.

5. Platz: Roger Federer vs. Tennys Sandgren, Australian Open 2020

Auch auf Platz fünf findet sich ein Match mit Beteiligung von Roger Federer, diesmal aber mit einem für ihn wesentlich angenehmeren Ausgang. Die Australian Open 2020, sie waren eine Achterbahnfahrt für Roger Federer. Nachdem der Schweizer seine ersten beiden Matches äußerst souverän für sich entschieden hatte, wurde es in Runde drei gegen John Millman erstmals richtig brenzlig: Tatsächlich stand der 38-Jährige beim Stand von 4:8 im Champions-Tiebreak des fünften Satzes bereits mit dem Rücken zur Wand – sechs Punkte en suite sicherten dem Schweizer dann aber doch den Platz unter den letzten 16.

Nachdem Federer sein Achtelfinalduell mit Marton Fucsovics doch recht klar in vier Sätzen für sich entscheiden konnte, war er auch im Viertelfinale der ganz große Favorit. Doch das „Werkl“ schien nicht ganz rund zu laufen beim Schweizer, Tennys Sandgren sicherte sich nach verlorenem ersten Satz Durchgang zwei und drei und fand im vierten Satz bereits erste Matchbälle vor. Matchbälle bewusst im Plural, denn es waren ganze sieben an der Zahl, die der US-Amerikaner ausließ: Beim Stand von 5:4 die ersten drei, im Tiebreak folgten dann Nummer vier bis sieben – allesamt wenig später zunichte gemacht vom Schweizer. Deshalb kam es wie es kommen musste: Federer sicherte sich Durchgang vier im Tiebreak, spielte im Entscheidungssatz mit jener Lockerheit, die er noch über weite Strecken des Matches hatte vermissen lassen und stand so im Halbfinale der Australian Open.

4. Platz: Rafael Nadal vs. Daniil Medvedev, ATP Finals 2019

Es war eine Rarität, dass Rafael Nadal nicht als der große Favorit in dieses Gruppenspiel bei den ATP Finals 2019 ging. Die Gründe dafür waren aber klar: Nadal wirkte müde, kraftlos bei seinem ersten Auftreten in der O2-Arena in London, Daniil Medvedev hingegen war der Überraschungsmann des ATP-Tour-Herbstes und pochte natürlich auf Revanche, war er wenige Wochen zuvor dem Spanier doch hauchdünn im Endspiel der US Open unterlegen.

So war es nun wirklich keine Sensation, dass Daniil Medvedev im entscheidenden dritten Satz die ersten beiden Breaks schaffte und schnell mit 5:1 davonzog. Als der Russe beim Stand von 5:1 und 40:30 auch seinen ersten Matchball vorfand, da rechnete wohl kaum einer damit, dass der „Stier aus Monacor“ auch sein drittes Duell mit Medvedev noch gewinnen könne. Doch Nadal sollte die Fans eines Besseren belehren, konnte den Matchball abwehren und auf 5:5 ausgleichen. Davon sollte sich Daniil Medvedev nicht mehr erholen, er erzwang zwar noch ein Tiebreak, am Ende musste er sich aber doch dem Kampfgeist Rafael Nadals geschlagen geben.

3. Platz: Andy Murray vs. Tommy Robredo, Valencia 2014

Es waren dies 30 Tage, die Tommy Robredo wohl noch lange in Erinnerung bleiben werden. Es begann Ende September in Shenzhen, wo der Spanier im Finale auf Andy Murray treffen sollte. Robredo gewann den ersten Satz, hatte in Durchgang zwei fünf Matchbälle auf seiner Seite. Allesamt konnte der Schotte Murray abwehren, als der dreifache Grand-Slam-Champion dann auch noch den Entscheidungssatz für sich entschied, war das Comeback perfekt. Doch von diesem Finale ist hier gar nicht die Rede, hier geht es um jenes Endspiel, dass ziemlich exakt 30 Tage später in Valencia über die Bühne gehen sollte. Erneut standen sich Murray und Robredo gegenüber, erneut sollte dem Schotten ein sensationelles Comeback gelingen.

Wie schon in Shenzhen war es der Spanier, der sich den ersten Durchgang sicherte. Und wie schon in Shenzhen hatte der Spanier im zweiten Satz die Chance, dieses Endspiel für sich zu entschieden. Als Andy Murray beide Chancen auf den Titel aber abwehren konnte, dürften bei Tommy Robredo wohl die ersten Erinnerungen an das Finale von vor rund einem Monat hochgekommen sein. Diesmal gelang es dem Spanier aber, Satz drei deutlich ausgeglichener zu gestalten. Beim Stand von 4:5 war es Robredo, der einen Matchball zunichtemachen konnte, nur um wenig später im Tiebreak des Entscheidungssatzes selbst weitere drei Chancen vorzufinden, sich bei Andy Murray zu revanchieren. Aber es sollte nicht sein für den Spanier, Murray wehrte sämliche Matchbälle ab und kührte sich wenig später zum Turniersieger in Valencia. Zwei Comebacks in einem Monat: Platz drei auf unserer Liste.

2. Platz: Nick Kyrgios vs. Richard Gasquet, Wimbledon 2014

Vor allem in Wimbledon ist Nick Kyrgios ein Gegner, den sich wohl niemand so richtig wünscht. Der australische Bad-Boy ist enom aufschlagstark und beherrscht das Spiel am Netz wie kaum einer seiner Zunft. Richard Gasquet, im Vergleich mit Kyrgios ein äußerst unauffälliger Akteur, weiß aber mit dem Australier umzugehen: Sechs der acht bisherigen Duelle gingen an den Franzosen.

Und auch in diesem Zweitrundenduell in Wimbledon 2014 sah es lange so aus, als hätte Gasquet das Geschehen auf dem Platz im Griff. Doch in diesem Match wollte es dem Franzosen nicht gelingen, eine 2:0-Satzführung nach Hause zu bringen, Nick Kyrgios erzwang einen Entscheidungssatz. In diesem sollte es dann besonders spektakulär werden: Sage und schreibe neun Matchbälle konnte der Australier abwehren, ehe er dieses Match mit 10:8 im Entscheidungssatz für sich entschied.

1. Platz: Atilla Balasz vs. Viktor Troicki, Heilbronn 2019

Ein weitaus unbekannteres Comeback gelang Attila Balazs beim Challenger in Heilbronn. Der Ungar lag gegen Viktor Trocki bereits aussichtlos in Rückstand, 1:6 und 1:5 sprachen eine äußerst eindeutige Sprache. Der Serbe servierte zum Matchgewinn, beim Stand von 40:15 hatte er die ersten beiden Chancen, dieses Match recht schnell zu beenden. Doch ganz so einfach wollte sich Attila Balasz nicht geschlagen geben, der Ungar wehrte in diesem Match gleich drei Matchbälle ab: Eine Initialzündung. Attila Balasz schaffte auch das zweite Rebreak, konnte zum 5:5 ausgleichen.

Einen Matchball hatte Viktor Troicki aber noch im Köcher, beim Stand von 5:6 hatte der Serbe seine vierte Gelegenheit, dieses Match für sich zu entscheiden. Auch diese blieb aber ungenutzt. Dies sollte Attila Balasz dann endgültig beflügeln. Der Mann aus Ungarn sicherte sich Satz zwei im Tiebreak und entschied auch Durchgang Nummer drei für sich. Das Comeback aus der wohl aussichtslosesten Position dieser Liste und damit auch ein verdienter Platz eins.

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