tennisnet.com Hobby Tennistour

Norwegisches Traum-Debüt geht weiter

Kopf an Kopf, quasi im Gleichschritt und mit jeweils nur drei abgegebenen Games, sind die beiden Fav...

von Claus Lippert
zuletzt bearbeitet: 24.08.2023, 14:18 Uhr

Kopf an Kopf, quasi im Gleichschritt und mit jeweils nur drei abgegebenen Games, sind die beiden Favoriten auf den Wiener Landesmeistertitel 2023 Thomas Statzberger und Christoph Lang ins Viertelfinale der Vienna Championships im UTC La Ville marschiert. Das Highlight des dritten Hauptbewerb-Spieltages setzten aber Leon Benedict und Mario Stino, die in einer mitreißenden Night-Session vor vollem Haus das Publikum im La Ville mit einer knapp dreieinhalb Stunden dauernden und spektakulär anzusehenden Tennis-Show begeisterten, aus der schließlich etwas überraschend Leon Benedict mit 6:2, 4:6, 7:5 als strahlender Sieger hervor ging. Bei den Damen begeistert weiterhin das norwegische Fräulein-Wunder Lea Nurija Koljenovic, die sich im Viertelfinale die Tirolerin Viktoria Kurz in zwei Sätzen vom Hals hielt. Ins Halbfinale begleitet wird die 17jährige Skandinavierin unter anderem von Ema Lina Picorusevic, die mit einem 3:6, 7:5, 6:4 Arbeitssieg über Hallen-Vizelandesmeisterin Johanna Corciova zur Überraschung des Damen-Bewerbs avancierte. Ein Bericht von C.L

img_3530

Das ungewöhnlichste Doppel der Landesmeisterschafts-Geschichte

Wir müssen heute unseren Tages-Report mit einer Doppel-Partie eröffnen, die in der letztlich so über die Bühne gegangenen Form gar kein richtes Doppel war. Es ist Mittwoch knapp nach 21.30 Uhr, die dampfigen Publikums-Bereiche auf der Terrasse des La-Ville-Restaurants und die Minuten zuvor noch proppevollen Liegestühle am La Ville-Pool leeren sich schlagartig. Ja es ist eben ein stinknormaler Wochentag, am nächsten Morgen heißt es wieder Aufstehen, und zudem war vor wenigen Augenblicken das bisherige Highlight-Match der Wiener Landesmeisterschaften 2023 zwischen dem an Nr. 4 gesetzten Mario Stino und WAC-Ass Leon Benedict zu Ende gegangen. Ein mitreißendes Duell, in dem beide Akteuere ihr Herz auf dem Platz ließen, sich völlig verausgabten, und dem Publikum bis spät in die Nacht ein Tenniserlebnis “par excellence” bescherten. An der Kassa im La Ville Restaurant standen die heimwärts strömeden Massen Schlange, da schlugen sich zur Verwunderung der letzten auf der Restaurant-Terrasse verbliebenen Tennisliebhaber drei Herren für ein Doppel-Match ein. Die beiden CTP-Pötzleinsdorf-Youngsters Alexander Linsbichler und Philip Niederle hatten ein mehr als ungleiches Duell mit dem topgesetzten Kalksburger Spitzen-Doppel Christoph Lang und Mario Stino vor der Brust, und das Favoriten-Duo wiederum die Challenge vor sich, das letzte Match des Tages am kleinen La-Ville-Centercourt bis zur offiziellen Sperrstunde um 22:00 Uhr über die Bühne zu bringen.

img_3952

Staatsmeister Christoph Lang holt Semifinal-Einzug im Doppel praktisch im Alleingang

Was die Tennis-Nachtschwärmer dann zu sehen bekamen, gab es in der Geschichte der Wiener Landesmeisterschaften in dieser Form wohl auch noch nie. Doppel-Staatsmeister Christoph Lang sah sich nach wenigen Ballwechseln in einer Solo-Konfrontation mit den beiden CTP-Teenagern auf der anderen Seite des Netzes, während der völlig erschöpfte Mario Stino als sonst kongenialer Partner des HTT Wimbledon-Doppel-Champions an der Grundlinie hockend dem munteren Treiben und unfassbaren Handelns seines Partners zusah. Stino war nach seinem epischen Single-Marathon gegen Benedict k.o. gegangen, und mit Schwindelgefühlen nur mehr Doppel-Staffage, als Lang sich die beiden Teenies zur Brust nahm, und eine kostenlose halbe Trainerstunde zur Freude der Besucher gab. Mit 6:2, 6:2 siegte Lang im Alleingang und nur im physischen Beisein Stinos gegen Niederle & Linsbichler, damit stehen die Top-Favoriten auf Doppel-Gold vom TC Kalksburg programmgemäß im Semifinale der Wiener Landesmeisterschaften 2023 im UTC La Ville.

img_3889

Rekordlandesmeister Christoph Lang zum 9. Mal in Serie im Viertelfinale der “Landes” und dort gegen Spaniens Überraschungsmann und Jahn-Bezwinger Gil Sala Bordallo

Fünf Stunden zuvor hatte Lang im Achtelfinale des Single-Bewerbs dem aufstrebenden Philip Niederle schon einmal dessen Grenzen aufgezeigt, und mit einem glasklaren 6:1, 6:2 Erfolg zum bereits neunten Mal in Folge das Viertelfinale der Wiener Landesmeisterschaften 2023 erreicht. Dort bekommt es der nach “La Decima” strebende 31jährige mit dem Sensationsmann des Turniers dem Spanier Gil Sala Bordallo zu tun. Der “Ibero-Postler”, sportlich tätig beim Post SV in Wien-Hernals ist nicht nur die Sensation der heurigen “Landes”, sondern bislang auch duchaus von Glücksgöttin “Fortuna” geküsst. Eigentlich geknutscht, bei so viel “Masn”, wie wir hier in Wien zu sagen pflegen. Zunächst einmal scheint die Glücksgöttin höchst persönlich für die ITN-Einstufung des sympathischen Spaniers verantwortlich gewesen zu sein, die mit 3,900 mehr als pessimistisch ausgefallen war. Dann entging er vor Turnierbeginn um Haaresbreite der Qualifikation, ehe er auch bei der Auslosung mit einem Qualifikanten zum Auftakt auf die “Butterseite” gefallen war. Nichts mit Glück hatte freilich sein gestriger Auftritt im Achtelfinale gegen die Nr. 7 des Turniers Philipp Jahn zu tun. Der Pötzleinsdorfer Frontman agierte zur Mittagszeit am sonnenüberfluteten Show-Court des UTC La Ville zu statisch, ohne Konzept und nicht frisch genug, um einen echten Sandplatzwühler aus Barcelona in Schwierigkeiten bringen zu können. So zog der vor  2 Jahren nach Wien gekommene Spanier bei seinem Landesmeisterschafts-Debüt auf Anhieb mit 6:4, 6:4 ins Viertelfinale ein.

img_3372

Benedict & Stino mit ganz großem Kino zu später Stunde

Zurück zum Top-Match des Tages, das sich die Herren Mario Stino und Leon Benedict am Mittwoch Abend am 2er-Court des Union Tennis Centers La Ville am Altmannsdorfer Ast lieferten. Das war ohne Übertreibung das berühmte “große Kino”, das die beiden Topspieler vor begeisterten Zusehern zum Besten gaben. Spielerisch mit herrlichen Gustostückerln und brillanten Ballwechseln, imponierten Benedict & Stino aber vorallem mit der unfassbaren Moral, abartigen Willensstärke und dem Überstehen körperlicher Torturen, die sich angesichts schwül-heißer Bedingungen und einem Dreieinhalb-Stunden-Krimi für beide Akteure ergaben. Beeindruckend war vorallem der dritte Satz, in dem beide Spieler längst unter Flutlicht kämpfend, ihr hohes spielerisches Level halten, und damit das Publikum bis zum Matchball bestens unterhalten konnten. “Morgen werde ich kaum gehen können”, strahlte der Sieger beim Verlassen des Platzes” und vor seinem Viertelfinal-Duell mit dem megafiten “Wahlberliner” Severino Nowikovsky. Derweil spazierte Titel-Aspirant Nr. 1 Thomas Statzberger gegen den Deutschen David Steiert vom Post SV mit 6:2, 6:1 zum bereits 12. Landesmeisterschafts-Einzelsieg in Serie, zum 20. Erfolg bei den Vienna Championships in 21 Matches, und wie erwartet problemlos ins Viertelfinale, wo es gegen Wenzel Graski zur Neuauflage des 2021-Finales kommen wird. Der TC Schwarzenberg-Star riss im Achtelfinale den besten Qualifikanten der heurigen Landesmeisterschaften und erfolgreichsten Spieler des 1. TC Kaiserebersdorf in diesen Tagen der “Landes” mit 7:5, 6:1 aus seiner Traum-Reise durch das Turnier. “Dabei spielte der Rieger im ersten Satz unfassbares Tennis”, lobte Graski.

img_4343

Koljenovic weiter souverän und jetzt gegen Lea Sabadi

Bei den Damen stand am Mittwoch bereits das Viertelfinale an, in dem Norwegens Newcomerin Lea Nurija Koljenovic nach ihrem sensationellen Auftaktsieg über die Wiener Hallenlandesmeisterin Jelena Ristic auch in Runde 2 wieder überzeugte, und mit einem 6:4, 6:0 Erfolg über die Tiroler Gastspielerin Viktoria Kurz auch ergebnistechnisch lieferte. Die 17jährige aus Oslo zeigte sich im Duell mit Kurz erneut aggressiv spielend, hoch motiviert, und bestrebt, nach der einmaligen Chance einer Wildcard für das 60.0000 Dollar Vienna Ladies Open greifen zu wollen. Den Plan in der Woche ab 3. September im La Ville auf internationaler Bühne aufzeigen zu können, verfolgen dieser Tage neben der norwegischen Debütantin aber auch noch andere junge Damen. Wie beispielsweise Lea Sabadi, die sich im Schatten von Koljenovic, Ristic, Masic & Co ihren Platz im Halbfinale mit einem 7:5, 6:1 Erfolg über Georgina Pustelnik sicherte. Die 15jährige, übrigens trainiert von Amel Bisevac warf in ihrem Viertelfinal-Duell wieder einmal ihre defensiven Stärken in die Waagschale. “Sie wird aber auch in Sachen Offensiv-Schläge immer besser”, lobte ihre Trainer im Gespräch mit dem HTT-Veranstalter die Stärken seines Schützlings. Dazu zeichnet Lea vorallem ihr unfassbarer Touch im Schlagarm aus. Anders als die meisten Damen, kann die 15jährige perfekte Slice-Bälle spielen, einen punktbringenden Volley übers Netz setzen und den ein oder anderen unerwarteten Ball in ihr Spiel einbauen. Mal sehen , was die im semifinalen Duell mit der neuen Norwegerin im Köcher hat.

img_3742

Ema Lina Picorusevic nach Abwehr von drei Matchbällen im “Semi”

Während von der Nr. 1 des Turniers, der Serbin Mila Masic niemand spricht – zu deutlich scheint ihre Favoritenrolle – hat sich am Mittwoch eine 16jährige von TWR Team Donaufeld in den Blickpunkt der Wiener Landesmeisterschaft gespielt. Die Rede ist von Ema Lina Picorusevic, die sich nach ihrem Kantersieg zum Auftakt über die Qualifikantin Sabine Freiler, am Mittwoch im Viertelfinale der Indoor-Vize-Landesmeisterin 2023 Johanna Corciova gegenüber sah, und vorweg, eine phantastische kämpferische Leistung vollbrachte. Aus der Außenseiterrolle heraus, entwickelte “Pico” einen kampfbetonten, top motivierten Auftritt, der sie nach über dreieinhalb Stunden Spielzeit und drei abgewehrten Matchbällen zum zweiten Mal in Folge ins Semifinale der Wiener Landesmeisterschaften und in die Nähe der heiß ersehnten Wildcard für die Quali des 60.000 Dollar ITF-La Ville-Damenturniers hievte. “Ich freue mich riesig über diesen Sieg. Jetzt habe ich die Chance auf Revanche”, kommentierte die 16jährige ihren Erfolg über Corciova und die Aussichten auf die anstehende Neuauflage des Vorjahres-Semifinales gegen die topgesetzten Serbin Mila Masic. Zuvor hatte Picorusevic im Viertelfinal-Krimi mit Corciova beim Stand von 3:6, 3:5 ihre Sternstunde, als sie drei Matchbälle am Stück abwehren, und mit 7:5 einen dritten Satz erzwingen konnte. In der Entscheidung 1:2, 2:3 und 3:4 zurückliegend, sorgte Ema Lina dann mit drei gewonnenen Games en suite für ein “Happy End”.

img_3570

 

 

von Claus Lippert

Donnerstag
24.08.2023, 12:14 Uhr
zuletzt bearbeitet: 24.08.2023, 14:18 Uhr