Das wurde aus den hochgehandelten Siegern
Der Aufstieg vom Junior zum Profi ist anspruchsvoll. Während einige diesen gemeistert haben, sind andere an der Erwartungshaltung gescheitert.
von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet:
24.12.2013, 08:31 Uhr

Von Jan Geißler
"Wenn man erst einmal die Orange Bowl und somit die inoffizielle Tennis-Weltmeisterschaft der Junioren gewonnen hat, steht einer erfolgreichen Profikarriere auf der ATP-Tour nichts mehr im Wege." So oder so ähnlich war es immer wieder von Experten zu hören, die mit dieser Aussage den erfolgreichsten Jugendspielern der Welt eine rosige Zukunft voraussagten. Oft behielten sie damit auch Recht. Und trotzdem gibt es sie, die Ausnahmen, die belegen, dass der Schritt von den Junioren zu den Profis kein leichter ist und es kein Selbstläufer ist, irgendwann einmal auch bei den Erwachsenen erfolgreich zu sein. Dem diesjährigen Sieger Francis Tiafoe (USA) steht dieser Schritt erst noch bevor. tennisnet.com hat ein paar seiner Vorgänger genauer unter die Lupe genommen und geschaut, was letztendlich aus ihnen geworden ist.
Björn Borg (1972):
Der Schwede war ein echter Frühstarter. Zum Zeitpunkt seines Triumphes bei der prestigeträchtigen Orange Bowl im Dezember 1972 hatte der damals 15-Jährige bereits sein Davis-Cup-Debüt für Schweden gefeiert sowie den Junioren-Titel in Wimbledon eingefahren. Es folgte im Jahr darauf seine erste Profisaison, in der er neben den beiden Achtelfinals bei den French Open und US Open auch erstmals ins Viertelfinale von Wimbledon einziehen konnte. Der erste Grand-Slam-Titel folgte dann 1974 und war nur der Anfang einer beispiellosen Karriere, die erst 1993 endgültig zu Ende ging. Elf Siege bei Grand-Slam-Turnieren (sechsmal French Open, fünfmal Wimbledon), 64 Einzeltitel und 109 Wochen Weltranglisten-Erster, um nur ein paar Zahlen aus der Karriere von Bjorn Borg zu nennen.
John McEnroe (1976):
McEnroe war zwar bereits 17 Jahre alt, als er 1976 den Titel in der U18-Konkurrenz bei der Orange Bowl gewinnen konnte, doch sollte ihm eine erfolgreiche Karriere deshalb nicht verwehrt bleiben. In seiner 15-jährigen Laufbahn gelangen ihm 77 Einzel- und 78 Doppeltitel, darunter sieben Grand-Slam-Titel im Einzel und sogar neun im Doppel. Er ist somit noch heute der Spieler mit den meisten Turniersiegen insgesamt im Herrentennis (155). Hinzu kommen fünf Triumphe im Davis-Cup, 170 Wochen an der Spitze der Einzel-Weltrangliste und sage und schreibe 253 Wochen als Führender der Doppel-Weltrangliste. Die erfolgreichste Saison seiner Karriere spielte der US-Amerikaner acht Jahre nach seinem Orange-Bowl-Triumph. Im Jahr 1984 erreichte er bei einer Bilanz von 82:3-Siegen 13 Turniersiege, darunter Wimbledon, die US Open und das Masters.
Vincent Spadea (1992):
Der damals 18-jährige US-Amerikaner gewann die Orange Bowl 1992 und galt damals als eine der größten Nachwuchshoffnungen des Landes. Wirklich gerecht werden konnte er diesen Erwartungen jedoch nie. Und das, obwohl er bereits zwei Jahre später in den Top 100 der Weltrangliste der jüngste US-Amerikaner war. In den folgenden Jahren erlangte er durch eine Negativserie von 21 Niederlagen in Folge zweifelhafte Berühmtheit, sodass er fortan mehr auf Challenger-Ebene antrat. Erst in der Saison 2003 gelang es ihm, durch einige gute Ergebnisse bei Masters-Turnieren wieder in der Weltrangliste zu steigen. 2004 spielte er dann seine erfolgreichste Saison, die er mit seinem einzigen Turniersieg krönte. Seine beste Platzierung im Einzel erreichte er mit dem 18. Rang 2005. 2010 war für den ehemaligen Orange-Bowl-Sieger dann Schluss.
Nicolas Lapentti (1994):
Nachdem Lapentti im Dezember 1994 die Orange Bowl gewinnen konnte, entschied er sich direkt in der darauffolgenden Saison Profi zu werden. Einer der ganz Großen des Tennissports ist jedoch nie aus ihm geworden. Am Ende seiner Laufbahn stehen fünf ATP-Einzel-Titel, davon der erste bereits in Bogota in seinem ersten Profijahr. In der Weltrangliste war der sechste Platz im November 1999 die höchste Platzierung, jedoch war dieser nicht von sonderlich langer Dauer. Davor war er zu Saisonbeginn überraschenderweise bis ins Halbfinale der Australian Open vorgestoßen. Seinen Rücktritt verkündete der Ecuadorianer im Jänner 2011.
Roger Federer (1998):
Es gibt wohl keinen anderen Spieler, der nach seinem Triumph bei der traditionsreichen Orange Bowl im US-Bundesstaat Florida solch eine Karriere hingelegt hat. Für den Schweizer, der bereits im Juli vor seinem Triumph bei der Junioren-WM sein Debüt auf der ATP-Tour gefeiert hatte, war die Orange Bowl 1998 gleichzeitig das letzte Junioren-Turnier. Durch den Sieg schloss er die Saison als Nummer eins der Junioren-Weltrangliste ab und wechselte ab dem neuen Jahr endgültig auf die Profi-Tour. Zwar dauerte es dort immerhin zwei Jahre, bis er auch hier seinen ersten Turniersieg einfahren konnte, doch wurde er von diesem Moment an als zukünftiger mehrfacher Grand-Slam-Sieger gehandelt. Auf seinen ersten Grand-Slam-Sieg musste er jedoch nochmals zwei Jahre warten. 2003 konnte er im Finale von Wimbledon den Australier Mark Philippoussis besiegen. Was dann folgte, ist allseits bekannt: 17 Grand-Slam-Siege, 302 Wochen an der Spitze der Einzel-Weltrangliste sowie knapp 80 Millionen US-Dollar eingespieltes Preisgeld. Und die Karriere scheint noch nicht zu Ende zu sein.
Donald Young (2003):
Der heute 24-jährige US-Amerikaner wurde bereits als der kommende Tennisstar Amerikas gefeiert, nachdem er 2003 die Orange Bowl der U16-Spieler, 2005 die Australien Open Junior Championships und 2007 das Junioren-Turnier von Wimbledon gewinnen konnte sowie eine Zeit lang der beste Junior der Welt war. Viel mehr als die dritte Runde bei den US Open im Jahr 2007 und dem Finale beim ATP-Turnier von Bangkok 2011 ist ihm seither jedoch noch nicht gelungen. Sein Beispiel zeigt äußerst gut, wie schwer der Umstieg für einen Junior auf die Profi-Ebene tatsächlich ist. Derzeit rangiert er auf Platz 96.
Grigor Dimitrov (2006) / Bernard Tomic (2007):
Bei diesen beiden Nachwuchsspielern - beide gewannen die Orange Bowl in der U16-Konkurremz - hat der Wechsel von den Junioren zu den Erwachsenen deutlich besser geklappt. Sowohl Dimitrov als auch Tomic werden als zukünftige Topspieler der Tour gehandelt und haben bereits unter Beweis gestellt, dass sie sich inzwischen etabliert haben und in der Zukunft durchaus mit ihnen zu rechnen ist. Dimitrov, der aufgrund seines Spielstils oft auch als "Baby-Federer" bezeichnet wird, konnte in der vergangenen Saison neben seinem ersten Turniersieg in Stockholm sogar einmal den damaligen Weltranglisten-Ersten Novak Djokovic besiegen. Aber auch Tomic gelang im vergangenen Jahr der erste Einzel-Sieg. Bereits zu Saisonbeginn gewann er das Vorbereitungsturnier auf die Australian Open in Sydney. Von diesen Beiden wird also noch einiges zu erwarten sein. (Fotos: GEPA pictures)
