Patrik Kühnen - „Alexander Zverev hat Stärke gezeigt“

Patrik Kühnen, Turnierdirektor des ATP-Tour-250-Turniers in München, hat am Freitag bei einer Vorschau auf das Event Ende April einen wahren Interview-Marathon hingelegt. Mit tennisnet.com sprach der ehemalige Davis-Cup-Spieler und -Kapitän vor allem über die Nummer eins des Turniers: Alexander Zverev.

von Jens Huiber
zuletzt bearbeitet: 09.02.2020, 15:44 Uhr

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Patrik Kühnen freut sich auf Alexander Zverev in München
© Jürgen Hasenkopf
Patrik Kühnen freut sich auf Alexander Zverev in München

tennisnet: Herr Kühnen, Sie haben für Sky den ATP Cup als Experte begleitet. Hätten Sie es da für möglich gehalten, dass Alexander Zverev mit all seinen offenkundigen Problemen in Brisbane wenige Tage später das Halbfinale der Australian Open erreicht?

Patrik Kühnen: Ich war enorm positiv überrascht. Meines Erachtens nach ist der Aufschlag der zentrale Anker im Spiel von Alexander Zverev. Wenn der Aufschlag funktioniert, hat das ungemein positive Auswirkungen auf sein Spiel. Umgekehrt allerdings auch. Es war aber dann so, wie es Sascha geschildert hat: Dass er eben nicht genug Trainingstage vor dem ATP Cup gehabt hatte. Danach hat er enorm hart erarbeitet.

tennisnet: Auch neben dem Platz?

Kühnen: Es ist enorm wichtig, dass man sich nach so einer Erfahrung wie beim ATP Cup hinsetzt und ganz hart eine Analyse macht. Und sich fragt: Was war da los? Woran lag es jetzt wirklich? Und da muss man auch ehrlich sein. Das ist offenbar geschehen. Damit hat Sascha auch Stärke gezeigt - dass er aus den Ergebnissen dieser Analyse seine Schlüsse gezogen hat. Und es war wichtig, dass er gut gestartet ist in die Australian Open, und damit eine schnelle Bestätigung gefunden hat für die Investition ins Training.

tennisnet: Sie waren selbst über lange Jahre Davis-Cup-Kapitän. Wie wären Sie mit der Situation umgegangen, als Alexander Zverev seinen Vater sehr lautstark angesprochen hat?

Kühnen: Man muss, glaube ich, selbst in dieser Situation sein, um zu wissen, was für den entsprechenden Spieler richtig ist. Bei Alexander Zverev , als der mit seinem Vater diskutiert hat, hätte ich mich wahrscheinlich ähnlich verhalten wie Boris Becker. Denn es macht keinen Sinn, wenn dann zwei Leute auf einen Spieler einreden. Weil die Information, die man einem Spieler in so einer Situation mitgibt, die muss dann auch richtig sitzen. Da ist eine klare Kommunikation ohne viel Worte besser als eine gutgemeinte überladene Information. Im Nachgang, wenn sich die Emotionen gelegt haben, gibt es dann Raum, über diese Situation zu sprechen. Und das ist ja dann auch passiert.

"Philipp Kohlschreiber wird bald wieder in die Top 50 kommen"

tennisnet: Alexander Zverev hat für die BMW Open 2020 sehr früh zugesagt. Bei der Abschluss-Pressekonferenz im vergangenen Jahr waren Sie in dieser Hinsicht etwas zurückhaltend …

Kühnen: Dieser Eindruck war nur dem Umstand geschuldet, dass wir da noch ein Jahr Zeit bis zum nächsten Turnier hatten. Die Planung findet so früh nicht statt, dazu kam der Wechsel des Managements bei Zverev. Dass Sascha jetzt zum siebten Mal nach München kommt, ist auch Ausdruck seiner Wertschätzung. Er weiß, wohin er kommt. Er ist hier gestartet als 16-Jähriger mit einer Wildcard gegen Jürgen Melzer, im zweiten Jahr hat er auch noch eine Wildcard bekommen, hat sich Jahr für Jahr weiter nach vorne gespielt, das Turnier zweimal gewonnen. Uns freut es total, dass er kommt. Das ist keine Selbstverständlichkeit, dass er das als Top-Ten-Spieler macht.

tennisnet: Ihr Rekordsieger, Philipp Kohlschreiber, macht eine schwierige Zeit durch. Machen Sie sich Sorgen um den dreifachen München-Champion?

Kühnen: Es gibt mit fortschreitendem Alter Entwicklungen, die stattfinden. man muss sich mehr Pausen gönnen, sich fragen, was verändert werden muss. Wir sehen das auch bei Roger Federe, dass er seine Entscheidungen angepasst hat. Gleichzeitig muss ich bei Philipp Kohlschreiber sagen, dass er ein sehr aufmerksamer erfahrener Spieler ist, der sehr gut reflektiert. Und der die Signale seines Körpers erkennt. Rückblickend auf seine Karriere muss man ja sagen, dass Philipp nie länger verletzt war. Und spielerisch ist er aus meiner Sicht in der Lage, in den kommenden Wochen wieder unter die Top 50 zu kommen.

von Jens Huiber

Sonntag
09.02.2020, 15:25 Uhr
zuletzt bearbeitet: 09.02.2020, 15:44 Uhr