Porsche Tennis Grand Prix: Das Tennismärchen der Petra Kvitova geht weiter

Was eine Woche – was eine Saison für Petra Kvitova! Die Tschechin spielt zurzeit das Tennis ihres Lebens, dabei ist für Kvitova doch alles nur noch ein Bonus. Ein Kommentar von Florian Goosmann.

von Florian Goosmann aus Stuttgart
zuletzt bearbeitet: 29.04.2019, 06:54 Uhr

Petra Kvitova
© Getty Images
Petra Kvitova

Kleine Erinnerung: Im Dezember 2016 wurde Kvitova in ihrem Haus von einem Einbrecher überrascht und schwer verletzt. Nicht lebensgefährlich, aber ihre Tenniskarriere schien bedroht. Fotos ihrer zerstochenen linken Schlaghand machten in den sozialen Medien die Runde – wer sie gesehen hat, mag sich nicht im Traum vorgestellt haben, dass Kvitova noch mal etwas reißen könnte im Tennis.

Wie man sich irren kann! Kvitova spielt besser als je zuvor – und scheint die Zeit auf dem Court mehr denn je zu genießen.

Kvitova war ja schon immer als Spielerin bekannt, die an guten Tagen jede Gegnerin vom Platz schießen kann, an schlechten aber ziemlich neben sich steht. Ihr aktuelle Konstanz ist beeindruckend: Seit ihrem Comeback im Sommer 2017 gewann sie acht Turniere. Neun Finals erreichte sie in den vergangenen 15 Monaten, alleine in diesem Jahr waren es vier Stück. Dank des Stuttgart-Sieges ist Kvitova die erste Spielerin, die zwei Turniere in 2019 gewinnen konnte, nach dem Triumph in Syndey zu Jahresbeginn. Und auch zum Australian-Open-Sieg hatte nicht viel gefehlt.

Kvitova 2019: Schlanker und mit mehr Tennis im Blut

Die Saison 2019 begann Kvitova „schlanker“. Coach Jiri Vanek bestätigte am Rande der Australian Open, dass die 29-Jährige abgenommen habe. „Sie fühlt sich nun wohler, wenn sie rennen muss, in den langen Ballwechseln“, sagte der Ex-Profi. Zudem habe sie in der Vorbereitung auf 2019 so viel Tennis wie noch nie gespielt, früher habe die Fitness im Vordergrund gestanden.

Eine Mischung, die aufgeht: Kvitova bleibt mittlerweile länger in den Ballwechseln und wartet auf die Chance. Wie im Halbfinale gegen Kiki Bertens, die ihr nicht viele Winkel anbot – der Kvitova aber nicht den Gefallen tat, zu früh draufzugehen. „Ich musste geduldig sein und auf die richtige Chance zum Winner warten.“

Ähnlich das Finale gegen Anett Kontaveit. Beim zweiten Satzball für die Estin spielte Kvitova einen kontrolliert offensiven Punkt heraus. Den Ausgleich bejubelte sie energisch, wenige Minuten später war das Match zu Ende.

Als sie ihre bis dato starke Vorhand im zweiten Satz etwas verloren hatte, sei es kritisch geworden, gab Kvitova - und offenbarte einen Einblick in ihre Gedanken- und Plan-B-Welt. "Es ist mental immer schwierig, wenn die Waffe nicht kommt", erklärte sie - und verwies auf einen weiteren Vorteil ihres Spiels: "Zum Glück habe ich auch andere Schläge, die mir manchmal helfen." Teilweise müsse sie sich jedoch auch sagen: "Spiel einfach in die Mitte, das reicht". Andererseits werde sie, wenn sie "nur" auf Sicherheit spiele, manchmal schlechter. "Nach ein paar Punkten merke ich oft, was das Beste ist: in der Rallye zu bleiben oder auf den Winner zu gehen" - was schließlich auch ihr Spiel sei.

Ihr Licht, was ihre verbesserte Beinarbeit angeht, stellte Kvitova dann doch etwas unter den Scheffel. Da Kontaveit sie als "Vorbild" bezeichnete, kam die Frage, ob sie jüngere Spielerinnen auf der Tour erlebe, die ihrem Stil oder ihrer Bewegung nacheifern. "Ich glaube nicht, dass jemand meine Bewegung nachahmt", antwortete Kvitova und lachte laut. So verrückt wäre das mittlerweile jedoch nicht mehr...

Kvitova bald die Nummer 1 der Welt?

Vorhand hin, Beinarbeit her: Kvitova ist dank ihres Siegs in Stuttgart die erste Spielerin im Jahr 2019, die zwei Titel gewonnen hat (bei den Herren schaffte dies nach Roger Federer fast zeitgleich Dominic Thiem in Barcelona). Sie baute zudem ihren Vorsprung im Porsche Race to Shenzhen aus, in der offiziellen WTA-Weltrangliste liegt sie nur noch 136 Pünktchen hinter der Führenden Naomi Osaka. Zeit zum Träumen? Zumindest auf lange Sicht: Osaka hat in den kommenden Wochen kaum Punkte zu verteidigen, Kvitova hingegen ist in Madrid (ab 5. Mai) die Titelverteidigerin. Ihren Titel beim Heimturnier in Prag (ab 29. April) wird sie zudem nicht verteidigen.

Danach jedoch, vor allem in Wimbledon (Erstrunden-Aus in 2018) könnte sie zuschlagen mit der Nummer 1 der Welt - und ihrem ganz persönlichen Tennismärchen noch ein weiteres Kapitel hinzufügen.

von Florian Goosmann aus Stuttgart

Montag
29.04.2019, 08:00 Uhr
zuletzt bearbeitet: 29.04.2019, 06:54 Uhr