Gleich vier Teams ziehen zurück!

Die Herren des Colony Clubs, von Deutsch-Wagram und Stockerau sowie die Damen der Sportunion Klagenfurt sind 2013 nicht dabei.

von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 03.11.2012, 12:20 Uhr

Revolution in der Österreichischen Bundesliga! Bis zum 31. Oktober 2012 war vom ÖTV –tennisnet.com berichtete– wegen etlicher Debatten die Frist verlängert worden, um sich noch straffrei von der Bundesliga-Saison 2013 abzumelden. Auf diese Möglichkeit sind nun gleich vier Teams zurückgekommen: Die Herren des Colony Clubs in Wien, des TC Deutsch-Wagram, des UTC Stockerau sowie die Damen der Sportunion Klagenfurt werden nächstes Jahr nicht an der höchsten Spielklasse der österreichischen Mannschaftsmeisterschaft teilnehmen. Die eigentlich ja in die 1. Bundesliga aufgestiegenen Damen des Altmannsdorfer TC hatten bereits im Sommer aus finanziellen Gründen ihren Verzicht erklärt.

Kurioser Abstimmungs-Vorgang

Der Abgang der vier erstgenannten Teams ist keineswegs friedlich erfolgt. Seit Wochen toben sehr heftige Diskussionen um das künftige Austragungsformat. Der ÖTV um den Bundesliga-Vorsitzenden Hans Sommer will die 1. Bundesliga von acht auf zehn Klubs (mit einem sechs Teams umfassenden Abstiegs-Play-off) aufstocken. Und zwar gegen den Willen der meisten Erstliga-Klubs, die die Fortsetzung des Spielbetriebes auf hohem sportlichen Niveau aufgrund der entstehenden Mehrkosten (mehr Spieltage, folglich höhere Ausgaben) in den kommenden Jahren gefährdet sehen. Doch ihre Stimmen reichten zumindest bei den Herren bei einer bis zum 25. Oktober 2012 um 12:00 Uhr durchgeführten Abstimmung nicht aus, um die geplante Aufstockung wohl abzuwenden.

Kurioserweise waren nämlich auch die Zweitligisten und die Aufsteiger in die 2. Bundesliga stimmberechtigt. Diese sahen wohl auch ihre große Chance auf den Aufstieg in die höchste Spielklasse, und so wurde die Zehner-Liga nur bei den Damen (7:6 dagegen, 3 Enthaltungen) gekippt, nicht aber bei den Herren (9:7 dafür, 3 Enthaltungen) – zumindest voraussichtlich, da die Abstimmung nicht entscheidungsbindend ist. Sechs der acht Herren-Erstligisten für 2013 hatten sich klar gegen die Zehner-Liga ausgesprochen, neben den drei zuvor erwähnten Klubs auch der 1. Salzburger TC, der 1. Klosterneuburger TV und die Sportunion Klagenfurt. Diese verzichteten jedoch, größtenteils um die Spieler nicht vor die Türe setzen zu müssen und den eigenen Nachwuchs in Form der Spielergehälter weiterhin zu unterstützen, auf den Rückzug.

Vergrößerung statt Verkleinerung

Die Vorwürfe jener Vereine, die sich aus der Bundesliga zurückgezogen oder dahingehend überlegt haben, sind massiv. In einem tennisnet.com vorliegenden Schriftverkehr zwischen Klubs und ÖTV stellte Salzburgs Kapitän Stefan Schiess fest, sich schon 2011 aufkeimenden Diskussionen um eine Zehner-Liga entgegengestellt zu haben, ebenso als diese Debatten 2012 neuerlich aufkamen. Man würde – wie auch viele andere Klubs – vielmehr eine Reduktion auf sechs Teams begrüßen. Schiess’ Vorschlag: „Es wird mit den besten 30-40 österreichischen und einigen ausländischen Top-Spielern eine attraktive Mannschaftsmeisterschaft in der 1. Division gespielt, welche ein bestmögliches Zuschauer- und Medieninteresse hervorruft.“

Dazu solle der Zeitraum auf zehn bis zwölf Tage reduziert und Vorrunde und Play-off nicht mehr zeitlich um Monate abgetrennt werden, so der allgemeine Wunsch der sich der Zehner-Liga entgegenstellenden Klubs. Zweck: Die größtenteils international auftretenden Spieler würden nur zwei Turnierwochen verlieren, die finanzielle Machbarkeit wäre leichter gegeben. Beklagt wurde auch, dass die Schiedsrichterkosten zu 100 Prozent durch die Klubs getragen würden, es kein Preisgeld vom ÖTV gäbe und bei geringsten Vergehen Strafen ausgesprochen würden – etwa bei verspäteter Eingabe eines Satzergebnisses ins Internet, obwohl sogar ein von den Schiedsrichtern eingegebener Bundesliga-Livescore existiert.

„Kein Service vom ÖTV zu erwarten“

Die oben aufgezählten Kritikpunkte seien von Ernst Scholdan, Johannes Graski und Michael Oberleitner vom Colony Club, Heribert Elias vom TC Deutsch-Wagram, Herbert Ehling und Bernd Haberleitner vom 1. Klosterneuburger TV, Gerhard Riepl vom UTC Stockerau und Stefan Schiess vom 1. Salzburger TC (Markus Polessnig von der Sportunion Klagenfurt habe sich entschuldigt) bei einer Sitzung am 20. August 2012 beim Colony Club dem Bundesliga-Vorsitzenden Sommer vorgetragen worden(nur Florian Reinhart vom TC Kirchdorf soll sich auf ÖTV-Linie befunden und eine Aufstockung beantragt haben; Anmerkung). Doch Ende September kam die Verständigung über eine Abstimmung über eine Zehner-Liga – ohne die Kritikpunkte und Wünsche der genannten Vereine auch nur im Ansatz zu berücksichtigen.

Und so verwundert auch die vehemente Kritik nicht, die dem ÖTV vor allem von den in der Debatte federführenden Vereinen Colony Club und Stockerau entgegenschallt: „Wir haben mehrmals hingewiesen, dass man nicht einfach über die Klubs in dieser Art drüberfahren könne. Die Vereine zahlen letztendlich die Liga und sind eigentlich die Kunden, man nimmt auf unsere Anliegen aber keine Rücksicht. Das kann nicht sein“, so die sportliche Leitung der beiden Klubs. Dazu sei vom ÖTV fürs gezahlte Geld „kein Service zu erwarten, im Gegenteil, man darf die Ergebnisse auch noch selber ins System eintragen und zahlt auch noch 400 Euro Strafe, wenn man nicht jeden Satz updatet – obwohl am Klub ohnehin der Oberschiedsrichter und drei Schiedsrichter herumrennen und einen Livescore machen.“

„Die werden das durchziehen“

Manche Klubs würden laut der Leitung des Colony Clubs 40.000 bis 50.000 Euro in die Liga reinstecken. „Da fragen sich die Leute schon: Was macht ihr(Anmerkung: der ÖTV)für die Liga? Was kriege ich dafür? Außer Ruhm und Ehre und vielleicht einen zweizeiligen Bericht in der Krone?“ Die Klubs hätten nur ihre Interessen vertreten haben wollen: „Sie übernehmen ja durch Nenngeld und den Ersatz von Reisekosten die Nachwuchsförderung. Gerade bei uns wird ganz stark auf Nachwuchs gesetzt: Riccardo Bellotti, Marc Rath, Niki Moser, Dominic Thiem und Max Neuchrist, aber auch Nico Reissig, Michael Linzer und Gerald Melzer bei anderen Klubs, wollen alle international spielen. Um die Unterstützung unseres Nachwuchses in Österreich zu fördern, sollte die Liga also kürzer statt länger werden, damit das finanziell weiter möglich ist. Aber die Klubs haben mit ihren Wünschen kein Gehör gefunden.“

Beim Colony Club glaubt man nicht, dass der ÖTV noch einlenken werde: „Die werden das jetzt so durchziehen. Man hat die Abstimmung halt gemacht, aber da die Zweitliga-Vereine mitstimmen durften und es ironischerweise in der 1. Liga letztendlich wahrscheinlich billiger haben, weil sie nun nicht acht Spiele fix spielen müssen, war das Ergebnis eh absehbar. Der ÖTV hat sich damit also im Prinzip nur Rückendeckung geholt.“ Es werde immer schwerer für die Klubs, die Liga zu finanzieren: „Der UTC Vandans, das LTM Team für Wien und der ULTV Linz haben sich in den vergangenen Jahren auch schon zurückgezogen,die Liste jener Vereine, die sich eine sportlich wettbewerbsfähige Mannschaft leisten können, wird immer kleiner und kleiner. Die Vereine hätten sich da in der Zukunft mehr Hilfe vom ÖTV erhofft. Stattdessen riskiert man nun lieber, einen Teil des Bundesliga-Förderwesens zu verlieren und verärgert gleichzeitig einige Sponsoren und Mäzene, die den österreichischen Nachwuchs jahrelang großzügig unterstützt haben.“

Die Stimmen der Klubs, die zurückgezogen haben:

Johannes Graski (Colony Competition Club):„Es gab ein wirklich gutes Meeting mit fast allen Mannschaftsführern der 1. Bundesliga. Wir haben dabei versucht, Herrn Sommer unsere Neuerungswünsche klarzumachen. Kurz darauf erhalten wir eine Mail über eine Abstimmung über eine Bundesliga mit zehn Teams. Da hat der ‚Wickel’ so richtig begonnen. Herr Sommer geht nicht ein, auf was es ankommt, ihn interessiert nur eine Massenveranstaltung. Wir haben daher als erstes Team zurückgezogen. In dieser Form kostet es nur einen Haufen Geld, das ist es nicht wert. Man hatte leider nicht den Mut, auf sechs Teams zu reduzieren, die sich dort auf Augenhöhe duellieren. Wir haben in Österreich nicht so viele Spitzenspieler für eine Zehner-Liga. Leider muss man feststellen, dass es nach Heinz Lampe als Bundesliga-Vorsitzendem nicht besser, sondern schlechter geworden ist. Mit den Vorkommnissen ist einer der größten Förderer der Jugend, der Colony Club, verloren gegangen. Herr Sommer hat uns schon stolz geschrieben, dass wir jetzt drei Jahre gesperrt sind und keine Bundesliga-Aufstiegsspiele bestreiten dürfen.“

Heribert Elias (TC Deutsch-Wagram):„Die Klubs haben ihre Meinung im Sommer ganz geschlossen und ausführlich dargestellt, aber man hat sie ignoriert und ist über die Vereine drübergefahren. Unsere Gründe für den Ausstieg sind klar: Eine Aufstockung auf zehn Klubs ist für das Niveau der Liga nicht gut, und es braucht nur noch mehr AusländerInnen, weil wir so viele gute ÖsterreicherInnen auf dem Level nicht haben. Klubs wie wir nehmen wegen der Jugend an der Liga teil, wir haben nach Jürgen Melzer seinen jüngeren Bruder Gerald, Philip Lang und Pascal Brunner – allein für die zahlt es sich aus, dass wir eine Mannschaft machen. Wir müssen wohl mit dem unteren Play-off rechnen und hätten also mit dem neuen System sieben Runden. Das ist finanziell und von der Planung her nicht machbar, das können wir uns nicht leisten, mit Spielern für sieben Spiele einen Vertrag zu machen. Zudem muss ein Spieler ja so viel verdienen, dass es das für ihn wert ist, auf eine Turnierwoche zu verzichten.“

Gerhard Riepl (UTC Stockerau):„Ein Kompromiss wäre eine Zehner-Liga gewesen, bei der das Final Four gleich danach gespielt wird und nur die Gruppenletzten gegen den Abstieg spielen, nicht auch der Dritte und Vierte. Ronnie Leitgeb(ÖTV-Präsident; Anmerkung)hätte den Vorschlag angenommen. Doch es ist zu einer Abstimmung gekommen – mit bekanntem Ausgang. Man hat keine Vorschläge von uns angenommen und sich nicht in die Situation der Spieler und Klubs versetzt, man hat das beinhart durchgezogen. Wir hätten gerne Lösungen gehabt, aber man hat auch immer alles offen gelassen. So etwa kann man sich bis 31. Oktober straffrei abmelden, aber erst am 11. November gibt’s eine große Sitzung über die Zukunft der Liga. Die Liga ist unplanbar und für viele unfinanzierbar geworden. Mir tut es für die Spieler wie Sam Weissborn, Lukas Jastraunig, Gibril Diarra und auch einen Jan Poskocil und Daniel Kopeinigg und unsere Ausländer vorne leid, die dadurch ihre Mannschaft verloren haben.“

Markus Polessnig (Sportunion Klagenfurt):„Wir haben lang überlegt, ob wir beide Teams zurückziehen und haben uns für die Damen entschlossen, weil wir einem Patrick Ofner und einem Markus Ahne, die sich international etablieren wollen, die Möglichkeit geben wollen, sich zu präsentieren. Die Jugendarbeit ist uns sehr wichtig. Der Hauptgrund für den Rückzug unseres Damen-Teams ist das, was beim ÖTV vorgeht. Es wird da über die Vereine hinweg bestimmt. Mehrere Klubs haben jetzt die Konsequenzen daraus gezogen, darunter große wie der Colony Club. Man sollte sich beim ÖTV fragen, warum das denn so ist. Es wird immer nur gefordert, dabei sind die Klubs die Kunden des ÖTV. Das versteht der Verband nicht.“

(Text: MaWa; Foto: GEPA pictures/ Mathias Mandl)

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