Roger Federer fühlt sich für Revanche gegen Tsitsipas gerüstet

Roger Federer kann am Samstag im Dubai-Finale zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Revanche nehmen für das bittere Melbourne-Aus - und den 100. Turniersieg seiner Karriere feiern.

von Jörg Allmeroth aus Dubai
zuletzt bearbeitet: 01.03.2019, 20:29 Uhr

Roger Federer
© Getty Images
Steht vorm 100. Turniersieg seiner Laufbahn: Roger Federer

Als Roger Federer am letzten Sonntag über seine Turnier-Perspektive in Dubai sprach, da spielte natürlich die magische Zahl auch eine Rolle. Die Zahl Einhundert. Der 100. Karriere-Titel, den er an seinem zweiten Wohnsitz holen könnte, in der Millionenmetropole am Arabischen Golf. „Es hat keinen Sinn, so weit in die Zukunft zu blicken und viele Worte darüber zu verlieren“, sagte Federer damals, „ich muss erst mal in Schlagdistanz zu einem Sieg kommen.“

Nun, sechs Tage später, hat der 37-jährige Meisterspieler sich aber die verlockende Möglichkeit geschaffen, den Jubiläumstriumph in die Geschichtsbücher festzuschreiben – und nur noch einer, der junge Grieche Stefanos Tsitsipas, kann jetzt Federers Grenzüberschreitung verhindern. Den Sprung in die Dreistelligkeit. „Es wird eine harte Prüfung gegen Tsitsipas, natürlich ist es auch die Chance zur Revanche für die Niederlage in Melbourne. Aber ich fühle mich gerüstet für die Herausforderung“, sagte Federer nach seinem spielerisch leichten 6:2, 6:2-Erfolg gegen den Kroaten Borna Coric.

Federer: "Hatte heute ein richtig gutes Gefühl"

Erstmals in dieser Turnierwoche schickte Federer seine Fans nicht auf eine emotionale Achterbahnfahrt, durch ein Wechselbad der Gefühle – statt zittern und bibbern zu müssen, verlebten der Maestro und all seine Parteigänger einen geruhsamen Abend in der ausverkauften Arena. Nach dem ersten gewonnenen Aufschlagspiel Corics übernahm Federer entschlossen das Kommando, zog eilig auf 5:1 davon und geriet in keiner Sekunde in Bedrängnis oder Not. Nach 67 Minuten war die Kurzschicht auf dem kühlen, windigen Centre Court auch schon vorbei. „Es war zugegeben schwieriger gegen die Bedingungen anzukämpfen als gegen den Gegner“, sagte Federer, „es ist nicht leicht, sich in dieser Glückslotterie mit den Windböen sicher zu fühlen.“

Federer zeigte bei seinem vierten Einsatz eine Qualität, die ihn über weite Strecken seiner Karriere ausgezeichnet hatte – nämlich das Tempo, die Dynamik und die Präzision seines Spiels zu erhöhen, wenn es in fortgeschrittene Turnierrunden geht. „Ich bin immer ein Stückchen besser geworden, hatte heute ein richtig gutes Gefühl“, sagte Federer. Seine Dominanz gegen den jungen Kroaten, der ihn zuletzt in Halle (im Finale) und in Shanghai (im Halbfinale) geschlagen hatte, war erdrückend. Allerdings steckten Coric auch drei auszehrende Drei-Satz-Matches in den vorigen Runden in den Knochen, jedes dieser Spiele hatte er im Tiebreak des letzten Akts gewonnen, am Vorabend mit einem verwandelten Matchball kurz nach ein Uhr morgens im Viertelfinale gegen den Georgier Nikoloz Bassilaschwilli.

Achtelfinal-Aus in Melbourne war "ein Horror"

Federer wird sich nicht der trügerischen Hoffnung hingeben, dass ihm sein Finalgegner Tsitsipas ähnlich viele Gefallen tut und generös Geschenke verteilt. Der Grieche fightete sich mit enormer Widerstands- und Beharrungskraft in einem mitreißenden Halbfinale mit 4:6, 7:6 (7:4) und 7:6 (7:4) gegen Gael Monfils durch, in zwei Stunden und 59 Minuten, aber Dubai-Rekordsieger Federer wusste hinterher um die speziellen Qualitäten des Himmelsstürmer aus Hellas: „Er hat die Eigenschaft, irgendwie immer wieder aus bedrängten Situationen rauszukommen.“

Nur ungern ließ sich Federer an die Australian Open und an seinen Achtelfinal-Knockout gegen Tsitsipas erinnern: „Es war ein Horror, was ich da an Chancen ausgelassen, einen Breakball nach dem anderen.“ Zugleich machte Federer keinen Hehl aus seinem Respekt für den 20-jährigen Youngster: „Wie er nach Melbourne Kurs behalten und jetzt auch noch den Titel in Marseille geholt hat, das ist schon bemerkenswert. Das zeigt seine Qualität.“

Und Tsitsipas selbst? Die Aussicht, wieder gegen Federer antreten zu können, habe ihn durchaus motiviert in den letzten Tagen, „auch wenn die Beine manchmal ganz schön schwer waren“: „Aber wenn man siegt, denkt man irgendwie gar nicht mehr daran, dass man eigentlich schlapp ist.“ Auch im Endspiel soll ihm das noch einmal gelingen, das Vergessen und Verdrängen der eigenen Müdigkeit: „Ich will noch einmal alles rausholen. Es wäre ein ganz besonderer Sieg.“ Der Sieg, mit dem er zum großen Spielverderber für Federer und gefühlt ganz Dubai werden könnte.

von Jörg Allmeroth aus Dubai

Freitag
01.03.2019, 21:10 Uhr
zuletzt bearbeitet: 01.03.2019, 20:29 Uhr