Roland-Garros: So kann man sich täuschen
Dass Marcel Granollers und Horacio Zeballos tatsächlich erst gestern ihren ersten Grand-Slam-Titel gewinnen konnten, hat selbst anerkannte Fans der beiden überrascht.
von Jens Huiber
zuletzt bearbeitet:
08.06.2025, 10:36 Uhr

Volle Transparenz gleich zu Beginn: Marcel Granollers ist so etwas wie das „Guilty Pleasure“ des Autors. Warum? Wer sich selbst mit „Vamos, Marcello“ anfeuert, verdient jede Unterstützung. So geschehen übrigens 2016 in Roland-Garros gegen Dominic Thiem. Gegen den Granollers immer unterhaltsame Matches angeboten hat - aber keines gewinnen können. Wie etwa bei Thiem Coming-Out-Party in Kitzbühel 2014. Aber in seinen Einzeltagen ist Marcel Granollers anders aufgetreten als der prototypische Spanier (vor Carlos Alcaraz): mit einem offensiven Spiel, das einen starken Volley mit einschloss.
Dass Granollers nun seit Jahren mit Horacio Zeballos eines der besten Doppel der Welt bildet, wird niemanden entgangen sein. Zeballos war bekanntlich ein noch besserer Einzelkönner als sein Spielpartner, hat seinen einzigen Titel im Jahr 2013 in Vina del Mar im Finale gegen Rafael Nadal gewonnen.
Zoff in Wimbledon
Nun reicht die Begeisterung für diese Paarung auch wieder nicht so weit, dass man jedes einzelne Ergebnis speichert. Aber als die beiden gestern Abend in Roland-Garros gegen Joe Salisbury und Neal Skupski das Endspiel der French Open gewonnen hatten, fragte sich der Autor doch: Warum brechen die beiden jetzt in Tränen aus? Ist der Karriere-Grand-Slam endlich komplett?
Die Wahrheit war all jenen indes bekannt, die den TV-Kommentar nicht abgestellt hatten: Fast unglaublicherweise war es der allererste Major-Triumph für Marcel Granollers und Horacio Zeballos. Die späte Vollendung einer grandiosen Karriere im Paarlauf. So kann man sich täuschen.
Schön zu sehen war aber auch, dass die beiden sich in den Armen gelegen sind. Denn die Stimmung im Team war nicht immer so prächtig. Vor zwei Jahren in Wimbledon erinnern sich aufmerksame Beobachter daran, dass es nach dem Zweitrunden-Sieg gegen Arthur Fils und Luca van Assche eine ziemlich angeregte Unterhaltung zwischen Zeballos und einem der Coaches gab. Und der Tonfall war nicht freundlich. Umso erstaunlicher, dass die beiden wenige Tage später im Endspiel an der Church Road gesandten waren, dort aber gegen Wesley Koolhof und, Achtung, Neal Skupski glatt verloren. Zumindest an letzterem konnten sich Granollers und Zeballos gestern revanchieren.