„Running meets Tennis“ mit Andreas Beck

Marathonläufer Tobias Sauter über den 27-Jährigen, der am Stuttgarter Weissenhof über die Qualifikations ins Hauptfeld kam.

von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 11.07.2013, 10:27 Uhr

Von Tobias Sauter aus Stuttgart

Heute lief es nicht… nein, nicht bei Andreas Beck, er konnte sein Doppel mit Michael Berrer gewinnen. Eher bei mir. Heute Morgen machte ich mich voller Elan auf den Weg zum Mercedes Cup. Tolle Interviews wirst du heute machen, mit Kohli, Monfils und und und. Am Besten du bietest noch den Spielern ein „Running Interview“ an, eine halbe Stunde joggen mit einem lockeren Plausch… Ach Tobi, bist du mal wieder mal am Träumen? Aber wieso denn nicht? Du hast du auch davon geträumt, bei der Leichtathletik-WM dabei zu sein und alle haben gelacht? Heute musste ich meine Ziele schnell korrigieren, aber auch viele kleine Etappen können zum Erfolg führen, das gilt im Sport als auch bei allem anderen.

Die Schwierigkeit, ein Interview zu bekommen

Das große Ziel sollte nur nicht aus dem Auge verloren werden. Die Sache ist ganz einfach: Die Welt hat leider nicht auf mich gewartet als neuen Reporter mit dem Privileg, alle und jeden Spieler zu jeder Zeit zu Interviewen. Doch was wäre das Leben schon ohne Herausforderungen? Um ein Interview mit einem Spieler zu bekommen, muss man vor dem jeweiligen Match ein Formblatt der ATP ausfüllen, wen man nach dem Spiel über was interviewen möchte. Das Interview findet dann im Normalfall direkt nach der Pressekonferenz statt. Klar ist dann auch, dass der Spieler verständlicherweise nicht ewig Zeit für Interviews hat und somit vielleicht ein Journalist die Möglichkeit erhält, und dass ich in der Hierarchie im Moment eher auf der Future-Tour spiele, sollte alles weitere erklären.

Man muss natürlich auch sagen, es hat so schon seine Richtigkeit. Hier sind jahrelang tätige Journalisten, die Ihren Beruf professionell ausüben. Aber dennoch, der Ehrgeiz eines Sportlers kommt dann doch in mir hoch, und ja ich war gefrustet, fast so, wie wenn eine Tempoeinheit im Training nicht läuft. Gegen Ende des Spieltages spielten Berrer/Beck ihr Doppel. Ich dachte mir nur: „Der Micha ist so ein cooler Typ, sein Partner ist das dann sicher auch, oder warum sollte er sonst mit ihm Doppel spielen?“ Doch irgendwie ist da dann doch eine innere Blockade, einfach offensiv einen Spieler nach dem Match anzusprechen. Die wissen ja alle auch, dass es da offizielle Anträge für die Journalisten gibt. Vielleicht sind sie dann nur genervt oder finden es unverschämt? Aber wie sollte ich sonst an ein Interview kommen?

„Collge Sport" kein Thema

Das Spiel war aus und es blieb keine Zeit, groß zu überlegen. Ich sprach Herrn Beck an. Ja, ich finde es gehört sich so einen Spitzensportler anzusprechen, auch wenn man ihn scheinbar aus den Medien etc. kennt. Letztendlich ist das für mich doch auch ein Zeichen von Respekt vor seinem Gegenüber, auch wenn es mir natürlich sofort lieber ist, ins „du“ überzugehen, gerade unter Sportlern. Ich fragte also Herrn Beck, ob er nach dem Duschen kurz Zeit hätte für ein Gespräch, und ich dann vor dem Clubhaus warten würde. Zu meiner Überraschung war er sofort dazu bereit. 20 Minuten später hatte ich dann also die Möglichkeit, mich mit ihm zu unterhalten. Das Erstbeste, was mir einfiel, war die Frage, ob wir zum „du“ übergehen könnten. Gut, dass er es nicht verneinte…. Im Kopf hatte ich mir die Fragen vorbereitet, aber ohne Aufschrieb diesmal.

Natürlich ging es gleich schief, und ich wusste so ziemlich nichts mehr, was ich fragen wollte. Manchmal sind solche Situationen gar nicht mal so schlecht, um Charaktere kennenzulernen. Ein anderer Spieler hätte hier vielleicht schon das Weite gesucht oder einem das Gefühl gegeben, man ist zu blöd, um ein Interview zu machen. Nicht Andi Beck, lässig meinte er nur „kein Ding“. Es entwickelte sich ein lockeres, interessantes Gespräch. Beck erzählt mir von seinem Weg zum Tennisprofi. Nach der Mittleren Reife setzte der heute 27-Jährige voll auf den Profisport. Da Beck ein erfolgreicher Jugendspieler war, stand für ihn auch nie die Alternative „College Sport“ zur Debatte. Interessant ist auch, dass Beck wie auch Langer und Berrer den WTB (Württembergischer Tennis-Bund) in höchsten Tönen loben. Auch in schwierigen Zeiten stand ihnen der Verband immer zur Seite. Gerade im Jugendbereich war dies der Grundstein, um überhaupt eine Chance in Richtung Profitennis einschlagen zu können.

Verletzungspech, aber kein Gedanke ans Aufgeben

Der andere Hauptsponsor war das Unternehmen „Eltern". Die Arbeit sollte sich lohnen. Beck verbesserte sich kontinuierlich in der Weltrangliste. 2009 konnte er sein Top-Ranking mit Position 33 erreichen. Auf den Weg dorthin erzielte er sensationelle Ergebnisse wie das Erreichen des Viertelfinals als Qualifikant beim ATP-Masters-1000-Turnier in Monte Carlo, bei dem er unter anderem in der zweiten Runde den damaligen Weltranglisten-Siebten Gilles Simon schlagen konnte. Beck spricht ausführlich, man muss ihm nicht jeden Satz aus der Nase ziehen. Mit häufigem Blickkontakt signalisiert er dem Gegenüber, dass er aktiv am Gespräch teilnimmt. Es macht Spaß, sich mit ihm zu unterhalten. 2010 begann sein Verletzungspech, Tennisarm. Kaum zurück verletzte er sich am Rücken. In der Weltrangliste fiel er weit zurück. Dennoch, für ihn selbst stand immer fest, dass er wieder angreifen werde.

Muskulär hat er zugelegt, somit hat er auch seine Rückenbeschwerden in den Griff bekommen. Man merkt, es brennt noch in ihm, er will sich verbessern, es sich selbst noch mal zeigen. Bei den French Open konnte er sich schon wieder in das Hauptfeld spielen. Hier beim Mercedes Cup hat er die Qualifikation geschafft und gegen Mayer ein gutes Spiel abgeliefert. Ärgerlich war für ihn nur der Beginn des dritten Satzes, als er leichtfertig das Spiel in Mayers Richtung lenkte. Manchmal muss er sich auch über schlecht recherchierte Berichte über ihn ärgern, ich hoffe diesmal nicht… Ich kann nur eines sagen, lieber Andi: „Du bist auf dem richtigen Weg, du bist nicht weit weg von den Top 50. Ein gutes Ergebnis und der Kopf ist voller Selbstvertrauen, und dann ein Flow des Erfolgs, der dich wieder Richtung Spitze führt! Go for it, und danke für das Gespräch!“

Tobias Sauter (29 Jahre alt) ist ein deutscher Marathonläufer. Er nahm an der Leichtathletik-WM 2009 in Berlin und an der Leichtathletik-EM 2010 in Barcelona teil. Seine persönliche Marathon-Bestzeit von 2:17:27 Stunden schaffte er 2009 beim Düsseldorf-Marathon.

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