Schockierende Postings: Wie viel Hass müssen Tennisstars aushalten?
Der Center Court ist eine glamouröse Bühne, doch abseits des Scheinwerferlichts kennt auch der Tennissport eine dunkle Schattenseite: Online-Hass. Immer mehr Tennisprofis berichten offen über die emotionale Belastung, die durch beleidigende Nachrichten und Drohungen nach Niederlagen entsteht.
von Isabella Walser-Bürgler
zuletzt bearbeitet:
20.06.2025, 21:51 Uhr

Katie Boulter bricht das Schweigen
Die britische Nummer 1 und Verlobte von Alex de Minaur, Katie Boulter, hat sich unlängst in einem Interview mit dem Guardian erstmals ausführlich über den Hass geäußert, dem sie nach Matches in den sozialen Medien ausgesetzt ist. “Du bist Müll”, “Wegen dir habe ich Geld verloren” oder “Ich hoffe, du bekommst Krebs” – das sind nur einige der Nachrichten, die sie regelmäßig nach Niederlagen bekommt. Besonders verstörend: Die Absender sind nicht immer anonyme Trolle, sondern oft normale Menschen mit echten Profilen, manche sogar mit Familienfotos.
Boulter beschreibt, wie schwer es ihr gefallen ist, diese Form des Missbrauchs nicht persönlich zu nehmen. Anfangs habe sie sich gefragt, ob die Hassnachrichten irgendwie gerechtfertigt seien – ein gefährlicher Gedanke, wie sie heute sagt. Erst mit Unterstützung ihres Umfelds habe sie gelernt, sich davon zu distanzieren. Dennoch fällt es ihr nach wie vor schwer, jedes Mal wieder in die Kommentarspalten zu schauen.
Neben der persönlichen Belastung sieht Boulter auch ein strukturelles Problem. Wett-Fans, die durch verlorene Wetten auf sie wütend werden, zählen zu den häufigsten Tätern. Das zeigt, wie eng sich Sport und Glücksspiele verknüpft haben und wie sehr Spieler:innen heute als Projektionsfläche für Frust und Wut herhalten müssen.
Was sich ändern muss
Boulter fordert, dass Turniere, Verbände und auch Social-Media-Plattformen mehr Verantwortung übernehmen müssen. Sie wünscht sich einen geschützten Raum, in dem Spieler:innen sich gesund untereinander und mit ihren Fans austauschen können. Digitale Übergriffe sollten streng sanktioniert werden. Auch andere Profis wie Daniil Medvedev, Stefanos Tsitsipas, Alexander Zverev, Naomi Osaka oder Iga Swiatek haben sich in der Vergangenheit bereits über ähnliche Erfahrungen geäußert. Langfristig geht es ihnen allen nicht nur um Regeln, sondern auch um den Schutz mentaler Gesundheit und um Menschlichkeit: Wer Tennis liebt, muss auch akzeptieren, dass Sport Niederlagen beinhaltet, ohne dass Spieler:innen online mit Schmutz beworfen werden.