Schwere Anschuldigungen von Köllerer gegen Nadal und Ferrer
Offenbar ohne Beweise unterstellt der 30-Jährige ihnen Doping. Zudem seien im Tennis Spielmanipulationen ein „offenes Geheimnis“.
von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet:
25.09.2013, 21:46 Uhr

Daniel Köllerer hatte es in seiner aktiven Karriere am 19. Oktober 2009 bis auf Platz 55 in der Weltrangliste geschafft, in jenem Jahr, in dem er in der dritten Runde der US Open gestanden war. Doch für mehr große Schlagzeilen hatte er seit jeher weniger aufgrund seiner sportlichen Leistungen, als vielmehr wegen seiner fast permanenten Eskapaden gesorgt. Zwei Mal war er einst von der ATP aus disziplinären Gründen gesperrt worden, ehe er am 31. Mai 2011 wegen Spielmanipulation in drei Fällen lebenslang gesperrt worden war – da nützte dem Welser auch ein (im März 2012 abgelehnter) Einspruch vor dem Internationalen Sportgerichtshof (CAS) in Lausanne nichts. Allein schon aufgrund seiner so umfangreichen Vorgeschichte ohnehin nicht mit allzu großer Glaubwürdigkeit ausgestattet, hat nun ausgerechnet der Mann mit Spitzname „Crazy Dani“ in der „Sportwoche“ zum verbalen Rundumschlag ausgeholt.
„Dass der nix nimmt, glaubt doch keiner!“
Im Interview unterstellt Köllerer etwa dem 13-fachen Grand-Slam-Sieger und Weltranglisten-Zweiten Rafael Nadal offen Doping: „Schau dir den doch mal an! Dass der nix nimmt, glaubt doch keiner!“, wird der heutige geprüfte Wertpapiervermittler und Familienvater zitiert. „Der ist sieben Monate nicht dabei“, sagte Köllerer weiter über Nadal, „kommt im Februar zurück und gewinnt dann zehn von zwölf gespielten Turnieren! Das ist unmöglich! Unmöglich!“ Es gäbe dazu in der Tennisszene viele Gerüchte, wonach „seine Verletzungspausen in Wahrheit verkappte Doping-Sperren sein sollen.“ Auch Nadals spanischer Landsmann, der derzeitige Weltranglisten-Vierte David Ferrer, wird von Köllerer schwer beschuldigt: „Als ich einmal gegen ihn gespielt habe, hat er zehn Minuten vor Spielbeginn eine geraucht. Dann rennt der im 3. Satz wie aufgezogen, und ich krieche schon am Zahnfleisch daher. Heuer wurde Cilic erwischt und Troicki hat einen Dopingtest verweigert – warum wohl?“
Die Annahme, dass Doping im Tennis ja gar nichts bringt, sei „naiv und dumm. Du brauchst im Tennis Schnellkraft und Ausdauer – da hilft eben Doping. Nicht nur im Training, sondern auch im Match, damit du länger ‚frisch’ bist – das ist nun mal ein Vorteil.“ Dem nicht genug, sei Spielmanipulation „ein offenes Geheimnis unter den Spielern. Bei ATP- oder Challenger-Events seien im Sommer viele Partien geschoben. „Einige verlieren früh beim Turnier, damit sie am Wochenende noch Liga spielen können. So kassieren sie doppelt – zuerst beim Turnier das Preisgeld und bei der Liga ihr Fixum. Oder: Einer spielt das x-te Turnier hintereinander, und er will einfach nur nach Hause – dann spricht man, wie das Spiel laufen soll. Und im Tennis kann man ja auf alles wetten: Ergebnis, Sätze, Games, wer macht wann das Break, etc. Mit dem Insiderwissen machen dann einige aus dem Umfeld der Spieler, wenn sie ein bissl was kombinieren – und was ist sicherer als fixe Absprachen – gleich einige tausend Euro.“
Retschitzegger: „Verdachtsmomente ziemlich dünn“
In den ersten Runden bei Grand Slams gäbe es ebenso Manipulationen, „aber ein Halbfinale Federer – Nadal oder Finale Djokovic – Murray? DAS glaub ich nicht, und DAS will ich mir nicht vorstellen.“ Köllerers Anschuldigungen, die ohne jegliche Beweise getätigt worden sein dürften, werden von Claus Retschitzegger, der es als Konzernsprecher des 1999 in Köllerers Heimatstadt Wels gegründeten Wettanbieters bet.at-home.com wohl wissen muss, gegenüber tennisnet.com heftig dementiert: „Die Verdachtsmomente sind schon ziemlich dünn, um sich zu derartigen Aussagen hinreißen zu lassen. Führende Wettanbieter wie bet-at-home.com arbeiten sehr eng mit der ‚Tennis Integrity Unit’(die Köllerer lebenslang gesperrt hatte; Anmerkung)zusammen und melden verdächtige Wetteingänge. In den letzten Jahren ist es zu keinen Verdachtsmeldungen mehr gekommen. […] Der Anreiz, bei bet-at-home.com auf ein manipuliertes Spiel zu wetten, ist ohnehin nicht allzu groß. Bei uns sind die Höchsteinsätze und somit auch die Gewinnmöglichkeiten limitiert.“
Retzschitzegger: „Auch bei anderen führenden Anbietern sind meines Wissens in letzter Zeit keine verdächtigen Wetteingänge im Tennis registriert worden.“ Der 46-Jährige glaubt: „Die abschreckende Wirkung, die die ATP/ITF nicht zuletzt mit dem Fall Köllerer erreicht hat, hat sich offensichtlich schon positiv ausgewirkt. Es ist daher sehr wichtig, dass weiterhin gegen jede Form der Spielmanipulation rigoros vorgegangen wird!“ Er empfindet es darüber hinaus als „sehr schade, dass Daniel als rechtskräftig der Spielmanipulation überführter Sportler das gegenwärtige Aushängeschild des Tennissports ohne jegliche Beweise mit in den Schmutz ziehen möchte. Ich glaube auch nicht, dass er sich der strafrechtlichen Konsequenzen bewusst ist, die derartige Anschuldigungen mit sich bringen.“ Denn sollte Köllerer seine Aussagen etwa vor Gericht nicht stichhaltig nachweisen können, so könnten diese für ihn in der Tat noch ein ganz massives Nachspiel haben…(Text: MaWa; Foto: GEPA pictures)