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Mosers Sensationscoup in New York

Der 34-jährige feiert bei den US Open seinen größten Karriereerfolg.

von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 01.09.2011, 00:25 Uhr

Von Jörg Allmeroth

Als Frank Moser am Mittwochabend einen kurzen Abstecher in die Spielerlounge der US Open unternahm, blieb der sympathsiche Tennis-Weltenbummler nicht lange allein. Aus allen Richtungen strömten Profikollegen herbei, um dem Baden-Badener herzhaft und herzlich zu gratulieren und ihm kräftig auf die Schulter zu klopfen. „Soviel Aufmerksamkeit gab es noch nie für einen Tennisspieler namens Moser“, sagte Nobody Moser, der 34-jährige Routinier, der auf seine späten Tage im Wanderzirkus einen geradezu unglaublichen Coup gelandet und an einem dritten Turniertag voller Überraschungen für die größte aller Sensationen im Big Apple gesorgt hatte.

Gemeinsam mit dem kroatischen Zwei-Meter-Hünen Ivo Karlovic hatte Moser, von allen in der Branche nur „Franky“ genannt, die haushohen Turnierfavoriten und Titelverteidiger in der Doppelkonkurrenz, die Zwillinge Bob und Mike Bryan, gleich in in Runde eins 6:4, 2:6 und 6:2 aus dem Turnier katapultiert – ein Schockmoment, vergleichbar mit einem Sturz von Novak Djokovic, Rafael Nadal oder Roger Federer in der Auftaktrunde gegen einen Spieler aus der Weltranglisten-Region um Platz 100.

Moser, ein unkomplizierter Lebenskünstler, der Gesprächspartnern sofort das "Du" anbietet, war damit ohne Zweifel deutscher Mitarbeiter des Tages im schwülheißen Flushing Meadow -  und stellte, selten genug für einen männlichen DTB-Profi, sogar einmal die deutsche Mädelscombo in den Schatten. „Die Bryans in der ersten Runde aus dem Turnier, gegen ein Doppel, das fast noch nie zusammengespielt hat – das ist unfassbar“, sagte John McEnroe.

Das Zwillingspaar genießt daheim in Amerika absoluten Starstatus, verfügt über millionenschwere Verträge und ist auf dem Weg von Manhattan zur Grand Slam-Stätte auch auf riesigen Werbetafeln von Sponsoren zu sehen. In dieser Saison holten sie schon die Titel bei den Australian Open und in Wimbledon. „Die Jungs sind hier das Nonplusultra, dass die nun gleich verlieren, ist für die Amis eine echte Katastrophe“, sagte Mosers Teilzeit-Trainer Teo Jägersberg, der eigentlich für den SWR im Studio Karlsruhe arbeitet. Allerdings kennen sich Moser und Jägersberg schon seit Kinderzeiten und gemeinsamen Tennis-Jugendjahren in Baden-Baden – weshalb der Fernsehmann dem alten Kumpel gelegentlich noch mal als beratender Coach unter die Arme greift.


Moser, der "Journeyman"


Moser ist das, was die Profiszene einen „Journeyman“ nennt: Ein Abenteurer, ein Vagabund, ein Weltreisender, der monatelang aus den Tennistaschen lebt und sich nicht zu schade ist, auch an den entlegensten Stationen des Wanderzirkus aufzuschlagen. Dem 34-Jährigen eilt der Ruf eines Lebenskünstlers und Charmeurs voraus, am Mittwoch hatte „Franky“ deshalb auch ein wenig zwiespältige Gefühle bei der Großkulisse von 2000 Zuschauern auf Platz 17 des Billie-Jean-King-Tenniszentrums.

„Bei meinen Spielen sind sonst nur zwei Dutzend Zuschauer da, da erkenne ich sofort die schönsten Frauen“, sagte er später, „heute war das aber unmöglich.“ Dafür erfreute sich der Wandervogel umso mehr an der perfekten Partnerschaft mit dem Riesen aus Kroatien, mit „King Karlo“, dem 207 Zentimeter-Mann: Krachende Aufschläge Karlovics, dazu meisterhafte Reflexe – „welch ein Spiel, welch ein Glücksgefühl“, sagte Moser hinterher.

Die etablierten deutschen Profis hatten Moser in den vergangenen Jahren meist die kalte Schulter gezeigt, wenn er für eine Allianz anfragte. So spielte er bei seinen Tennis-Weltumrundungen mit Partnern aus aller Herren Länder in aller Herren Länder. Selbst mit dem österreichischen Radaubruder Daniel Köllerer trat er ein paar Mal an, ein „wirklich guter Mann“, so Moser, „aber es gibt eben auch Grenzen, was man tolerieren kann.“

Inzwischen hat sich der Mann aus dem Badischen bis auf Platz 68 der Weltrangliste im Doppel vorgearbeitet, nicht schlecht für einen, der nach Collegestudium in den USA erst mit 25 Jahren sein Glück im Spitzentennis versuchte. „Langsam werde ich auch für richtig Guten interessant“, sagt Moser, „Karlovic hat bei mir angefragt, ob wir zusammen spielen könnten. Und nicht umgekehrt.“ An ein Karriereende ist so gar nicht zu denken, jetzt, wo es immer besser läuft für Moser: „Doppel kann man auch noch mit 40 exzellent spielen.“(Foto: GEPA pictutes)

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