Sergio Casal: "Wir werden viel lernen müsen"

Das letzte ATP-Challenger-Turnier des Jahres in Spanien wird in dieser Woche an der Sánchez-Casal-Academy ausgetragen. Das mit 43.000 Euro dotierte Sandplatzturnier findet im Großraum von Barcelona statt, unweit des internationalen Flughafens El Prat de Llobregat.

von Florian Heer
zuletzt bearbeitet: 09.10.2018, 11:00 Uhr

Sergio Casal fungiert als Turnierdirektor

Von Florian Heer aus Barcelona

Als Turnierdirektor fungiert dabei Sergio Casal, die ehemalige Nummer 3 der Doppelweltrangliste. Insgesamt 47 Doppelturniersiege konnte der heute 56-Jährige erzielen, darunter zwei Triumphe bei Grand Slams an der Seite seines Partners Emilio Sánchez. Das Duo errang auch die Silbermedaille bei den Olympischen Spielen 1988 in Seoul. 1995 beendete Casal seine professionelle Tennislaufbahn. Drei Jahre später gründeten die Doppelpartner von einst ihre erste gemeinsame Tennis-Akademie.

Wir trafen den sympathischen Spanier am Eröffnungstag der Erstauflage des Mapfre Sánchez-Casal Challengers zum Interview.

tennisnet: Wann entstand die Idee, ein ATP-Challenger-Turnier in Ihrer Akademie zu veranstalten?

Sergio Casal: Da gab es eigentlich nicht viel Vorlauf und Zeit zu überlegen. Es war vielleicht April, als der spanische Tennisverband die Rechte für drei Challenger-Turniere erwarb. Wir sind bereits sehr aktiv bei der Organisation von Junioren-Turnieren. Ein Challenger-Event zu veranstalten ist jedoch eine andere Hausnummer, da man sich an viele Auflagen seitens der ATP zu halten hat.

tennisnet: Gab es etwas, dass Sie im Rahmen der Organisation überrascht hat?

Casal: Emilio und ich hatten bereits in der Vergangenheit ATP-Turniere in Marbella und Valencia veranstaltet. Daher wusste ich ein wenig, was auf mich zukommen würde. Diese Turniere waren größer, aber die Auflagen sind ähnlich. Man muss zudem berücksichtigen, dass unser "normaler" Akademie-Betrieb weiterläuft. Es sind weiterhin täglich 100 Jugendliche auf dem Campus, die Schule haben bzw. zum Trainieren auf dem Gelände verweilen. Das macht die ganze Organisation ein wenig anspruchsvoller.

tennisnet: Welche Ziele verfolgen Sie mit der Veranstaltung?

Casal: Die Akademie wurde 1998 gegründet. Wir feiern dieses Jahr also unser 20-jähriges Bestehen. Unsere Mission war und ist es, jungen Spielern die Chance zu geben, auf hohem Niveau zu spielen und gleichzeitig die Schule besuchen zu können. Unser Fokus liegt dabei auf den Jüngsten. Nichtsdestotrotz möchten wir auch denen helfen, die kurz davor stehen, eine professionelle Tenniskarriere zu starten. Für die ist ein Turnier wie dieses eine gute Chance, sich zu beweisen. Ich denke, dass es ein tolles Event für die gesamte Region ist, da wir viele gute Spieler hier haben werden. Wenn die Spieler das Turnier am Ende zufrieden wieder verlassen, haben wir alles richtig gemacht. Wir werden auf jeden Fall viel Herzblut in die Veranstaltung stecken. Dies gilt auch für die nächsten zwei Jahre, in denen das Turnier sicher stattfinden wird. Wir werden viel lernen müssen, um uns Stück für Stück, Jahr für Jahr zu verbessern.

tennisnet: Nach dem Turnier an der JC Ferrero Equelite in Alicante und an der Rafa Nadal Academy ist es bereits das dritte ATP-Challenger-Event, das an einer spanischen Tennis-Akademie stattfindet. Haben Sie eines der anderen Turniere im Vorfeld besucht?

Casal: Es ist eine tolle Sache, dass die drei großen Tennis-Akademien in Spanien jeweils ein Turnier veranstalten können. Einige Leute von unserer Akademie waren für ein oder zwei Tage in Manacor bei Rafa Nadal. Allerdings gibt es am Ende keine große Zusammenarbeit.

tennisnet: Haben Sie einen Favoriten auf den Turniersieg diese Woche?

Casal: Roberto Carballés ist an Nummer 1 gesetzt und daher wohl der Favorit. Aber man kann nie wissen. Ich erwarte eine Vielzahl von engen Matches. Die meisten Spieler sind unter den Top 200 der Weltrangliste. Das macht das Feld sehr ausgeglichen und am Ende kann auch die Tagesform eines jeden Einzelnen entscheiden.

tennisnet: Ihre Akademie hat in den letzten Jahren stark expandiert. Können Sie uns etwas über Ihre Strategie erzählen?

Casal: Hier in Barcelona haben wir den Grundstein gelegt. Danach haben wir in Naples, Florida eine weitere Akademie eröffnet. Emilio wohnt seitdem mit seiner Familie dort und führt die Akademie zusammen mit unseren Coaches. Er ist lediglich vier oder fünfmal im Jahr hier in Spanien. In der Akademie in den Vereinigten Staaten gibt es auch eine angeschlossene Schule nach gleichem System. Dies macht es den Schülern möglich, zwischen den USA und hier in Spanien hin und her zu wechseln. Dies macht die Sache sehr interessant und ist wohl ziemlich einzigartig. Mit Nanjing in China haben wir schließlich noch eine Base in Asien eröffnet.

tennisnet: Lassen Sie uns noch über Ihre großartige Karriere sprechen. Sie waren absolute Weltklasse im Doppel, haben aber auch einige Erfolge im Einzel zu verzeichnen. Wie würden Sie die Unterschiede zwischen den beiden Disziplinen beschreiben?

Casal: Ich denke, dass jeder professionelle Tennisspieler die Nummer 1 im Einzel werden möchte. Dabei vergessen viele das Doppel. Ich mag Spieler, die sich auf beides konzentrieren können. Man kann vom Doppel viel lernen und mitnehmen. Vielleicht mit Ausnahme meiner letzten Jahre auf der Tour habe bin ich immer versucht, in beiden Wettbewerben zu spielen. Das war früher auch so üblich. John McEnroe oder Stefan Edberg sind regelmäßig im Einzel als auch Doppel angetreten. Dies hat sich allerdings im Laufe der Zeit verändert.

"Viele Leute sprechen mich heute noch auf diesen Sieg an"

tennisnet: Sie haben Boris Becker zweimal in Ihrer Karriere besiegen können. Zuerst 1985, als er den meisten noch eher unbekannt war, und zwei Jahre später als er bereits zweifacher Wimbledon-Champion war.

Casal: Ja, das stimmt (lacht). Das ist interessant, da Boris nicht viele Matches im Davis Cup verloren hat. Gegen mich ist er allerdings gleich zweimal als Verlierer vom Platz gegangen. Das erste Mal war in Sindelfingen. Im gleichen Jahr hat er später noch in Queen's und Wimbledon gewonnen. Wichtiger für mich war allerdings der zweite Sieg 1987 daheim in Barcelona. Es war das entscheidende letzte Match im Davis Cup. Viele Leute sprechen mich noch heute auf diesen Sieg an. Da bist du 15 Jahre auf der Tour und von einem Spieler wie mir, der wohl ganz okay war, aber nicht an der Spitze stand, bleiben den Leuten dann ein oder zwei Momente in Erinnerung.

tennisnet: War es das beste Match Ihrer Karriere?

Casal: Es war zumindest ein besonderes. Aber es gab auch noch das Aufeinandertreffen mit John McEnroe. In unserem einzigen Match gegeneinander habe ich ihn in Paris-Bercy besiegen können. Wenn wir uns heute treffen, spricht er mich noch auf seinen negativen direkten Vergleich gegen mich an. Er brennt noch auf eine Revanche (lacht).

tennisnet: Schauen wir noch nach vorne. Gibt es eine Schlagzeile, die Sie gerne am Ende der Turnierwoche lesen würden?

Casal: Es wäre einfach schön zu sehen, wenn sich unsere Mühen am Ende auszahlen und viele Leute aus Barcelona zum Final-Wochenende bei uns vorbeikommen würden. Ich hoffe, dass die Spieler sich wohlfühlen und im nächsten Jahr wiederkommen. Wir für unseren Teil werden auf jeden Fall alles dafür geben.

tennisnet: Vielen Dank für das Gespräch und eine erfolgreiche Woche.

von Florian Heer

Dienstag
09.10.2018, 11:00 Uhr