„Das ist unglaublich unbefriedigend“

Der Schweizer Davis-Cup-Kapitän Severin Lüthi spricht über den Davis-Cup-Titel und seinen Anteil am Erfolg von Roger Federer und Stan Wawrinka.

von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 21.12.2014, 14:31 Uhr

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Im Interview mit der „Schweizer Illustrierte“ lässt Davis-Cup-Kapitän Severin Lüthi den Davis-Cup-Triumph der Schweiz noch einmal Revue passieren. „Der erste Moment ist unglaublich. Du weißt, wir haben das endlich geschafft. Plötzlich ist es Realität, und alles geht sehr schnell. Die Zeremonie, die Kabine, ein Bundesrat ist da, du gehst in die Pressekonferenz, kommst zurück, fährst gestresst zum offiziellen Abend. Du musst immer eine Rolle spielen. Klar, wir haben gefeiert, aber ich musste ins Bett, ich war tot, so müde. Am nächsten Tag ging es zum Empfang in Lausanne. Es ging Schlag auf Schlag. Erst am Montagabend wurde alles ganz ruhig. Das war komisch. Dann sitzt du plötzlich alleine mit der Freundin zu Hause. Ich war glücklich, aber fertig“, sagte der 38-Jährige.

Unverständnis über Wahl zum Sportler des Jahres

Dabei hätten die Voraussetzungen vor dem Finale in Frankreich gar nicht schlechter sein können, nachdem sich Roger Federer im Halbfinale der ATP World Tour Finals gegen Stan Wawrinka am Rücken verletzte und für das Endspiel drohte auszufallen.Hinzu kam noch die „Crybaby-Affäre“ zwischen Wawrinka und Federers Frau Mirka, die in den Medien hohe Wellen schlug. Lüthi erlebte die Szene aus nächster Nähe und konnte seinen Teil zur Abkühlung der Gemüter beitragen. „Es half zweifellos, dass ich da war. Aber ich merkte auch, dass es nichts Gravierendes war. Dass sie über der Sache stehen. Ich habe gesehen: Wir haben alle dasselbe Ziel, wir lassen nichts zwischen uns kommen. Sie lachten sogar darüber. Die Episode hat gezeigt: Vielleicht waren die Franzosen am Ende nicht so ein Team, wie wir es waren. Ich will damit nicht sagen, wir hätten alles richtig gemacht und sie alles falsch.“

Das Davis-Cup-Team wurde schließlich zur Schweizer Mannschaft des Jahres gewählt.Die Auszeichnung für den Sportler des Jahres bekam Federer, Wawrinka landete auf Platz drei. Eine Entscheidung, die Lüthi nicht nachvollziehen kann. „Ganz ehrlich hätte ich in diesem Jahr aber Stan gewählt. Weil er neben dem Davis Cup sein erstes Grand-Slam-Turnier gewann. Der Grand-Slam-Sieg ist ein Riesen-Highlight. Ich weiß nicht, ob das alle richtig einordnen können. Roger hätte ich die letzten zwölf Jahre immer gewählt. Weil er in einer Weltsportart so gut war. Er hat neue Maßstäbe gesetzt.“

Wie hoch ist Lüthis Anteil?

Lüthi ist nicht nur Davis-Cup-Kapitän, sondern seit einigen Jahren der Trainer von Federer und gleichzeitig ein wichtiger Ratgeber für Wawrinka. Welchen Anteil er am Erfolg der beiden habe, wurde er im Interview mit der „Schweizer Illustrierte“ gefragt. „Es gibt den einen oder anderen Moment, bei dem ich weiß, ich konnte helfen. Ich will meine Rolle nicht überbewerten, ich kann sie richtig einschätzen. Es ist ein Anteil, der sich aber nicht in Prozenten festlegen lässt. Wenn es nicht gut wäre, was ich mache, wären wir jetzt nicht dort, wo wir sind.“

Wenn Federer und Wawrinka gegeneinander spielen, ist Lüthi zur Neutralität verpflichtet. Eine Rolle, die einem Schweizer normalerweise gut liegt. Doch für den 38-Jährigen sind diese Duelle keine schönen Momente. „Da halte ich mich sehr zurück. Die sind unangenehm. In Monte Carlo konnte ich sagen: Wenigstens gewinnt einer das Turnier. Aber ich sage vorher nicht viel und im Spiel schon gar nicht. Ich hocke in der Box und schaue zu. Das ist unglaublich unbefriedigend. Roger gibt mir sehr viel Freiheiten. Ich habe auch schon sein Training ausgelassen, um ein Spiel von Stan zu schauen. Dann denke ich schon, jetzt unterstützt du nicht mal deinen Spieler. Wenn sie gegeneinander spielen, bin ich immer froh, wenn das Spiel vorüber ist.“

Was Severin Lüthi über seine Freundin, Mirka Federer und die Kinder des „Maestros“ zu sagen hat? Hier geht es zum kompletten Interview mit Severin Lüthi in der „Schweizer Illustrierte“.

(Text: cab)

von tennisnet.com

Sonntag
21.12.2014, 14:31 Uhr