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Sinner unter Beschuss: Wiedereinstellung von Ferrara sendet fatales Signal

Jannik Sinners Entscheidung, Fitnesscoach Umberto Ferrara wieder zurück ins Team zu holen, sorgt für Kopfschütteln. Der Italiener gefährdet damit das Vertrauen in den Anti-Doping-Kampf des Sports.

von Isabella Walser-Bürgler
zuletzt bearbeitet: 11.10.2025, 20:41 Uhr

Jannik Sinner sieht sich erneut mit Kritik konfrontiert
© Getty Images
Jannik Sinner sieht sich erneut mit Kritik konfrontiert

Was als sportliche Erfolgsgeschichte begann, hat sich für Jannik Sinner in eine moralische Gratwanderung verwandelt. Der vierfache Grand-Slam-Champion und Publikumsliebling sorgte mit der Rückkehr seines früheren Fitnesscoachs Umberto Ferrara für Entsetzen in der Tenniswelt. Ferrara war direkt in den Dopingfall verwickelt, der Sinner 2025 für drei Monate aus dem Verkehr zog. Dass der 24-Jährige nun ausgerechnet jenen Mann wieder an seiner Seite duldet, der ihm einst das Spray über Umwege in den Körper brachte, lässt viele zweifeln: an Sinners Urteilsvermögen, an seiner Glaubwürdigkeit – und an der Botschaft, die er damit sendet.

Der Ursprung des Skandals

Im Frühjahr 2024 wurde Sinner beim Turnier in Indian Wells gleich zweimal positiv auf die verbotene Substanz Clostebol getestet. Der Grund: sein Physiotherapeut Giacomo Naldi hatte Massagen mit einem Spray durchgeführt, das Ferrara besorgt hatte, ohne sich über dessen Inhaltsstoffe im Klaren zu sein. Lange blieb der Fall unter Verschluss, ehe er im Spätsommer während der US Open publik wurde. Damals trennte sich Sinner offiziell von Ferrara und Naldi und begründete den Schritt mit seinem Vertrauensverlust. In Wahrheit aber fiel die Entscheidung erst, als der öffentliche Druck und die Sorge um Sinners Image zu groß wurden.

Ein gefährlicher Präzedenzfall

Sinners Entscheidung, Ferrara nun wieder einzustellen, wirft ein schräges Licht auf die Prioritäten des Weltranglisten-Zweiten. Statt einen klaren Neuanfang zu markieren, signalisiert Sinner, dass persönliche Loyalität schwerer wiegt als sportliche Integrität. Dabei sollte gerade er als Aushängeschild der Tour und Idol unzähliger junger Spieler wissen, wie empfindlich das Thema Doping im Tennis ist. Dass er jenen Mann, der ihn ungewollt in diese Lage brachte, wieder rehabilitiert, wirkt weniger wie Vergebung als ein Versuch, das Narrativ neu zu schreiben und Kontrolle über die eigene Geschichte zu gewinnen.

Mit dieser Entscheidung untergräbt Sinner allerdings die Glaubwürdigkeit der Anti-Doping-Arbeit im Tennis. Wer sich öffentlich für Nulltoleranz ausspricht, kann nicht gleichzeitig jenen wieder anstellen, der Teil des Problems war. Noch schwerer wiegt die Symbolik für die nächste Generation: Wenn ein Superstar wie Sinner nach einer positiven Probe ohne Konsequenzen denselben Trainer zurückholt, welchen Anreiz haben Nachwuchsspieler dann noch, auf absolute Transparenz zu achten? Besonders für junge Profis, die finanziell und sportlich um ihre Existenz kämpfen, entsteht so der gefährliche Eindruck, dass Verantwortung relativ ist, solange man nur erfolgreich bleibt.

Die Entscheidung für Ferrara mag sportlich pragmatisch sein, moralisch ist sie ein Rückschritt. Denn Vorbilder werden nicht nur an ihren Siegen gemessen, sondern daran, welche Werte sie vertreten. Aber selbst die hellsten Sterne des Tennissports können manchmal eben blenden.

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Sonntag
12.10.2025, 07:55 Uhr
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