„Ein denkwürdiger Tag für Österreichs Sport“ – Das sagen die Sportjournalisten

tennisnet.com hat sich unter den österreichischen Tennis-Schreiberlingen über diesen so historischen Tag umgehört.

von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 12.02.2016, 11:35 Uhr

Thomas Muster - ATP-Tour

Am 12. Februar 1996 war es soweit: Als Krönung seiner Leistungen in der Fabelsaison 1995, allen voran natürlich der Grand-Slam-Titel bei den French Open , übernahm Thomas Muster , als 13. Spieler der Geschichte der am 23. August 1973 eingeführten Tennis-Weltrangliste, die Nummer-eins-Position. Zuerst nur für eine Woche, vom 11. März bis zum 13. April 1996 aber abermals für fünf Wochen. Der Beste in so einer Weltsportart zu sein - ein unglaublicher und historischer Moment, da sind sich Österreichs Sportjournalisten einig. tennisnet.com hat sich unter diesen, 20 Jahre nach diesem so denkwürdigen Tag, umgehört - und die Frage gestellt: Welche Wertigkeit hat diese Errungenschaft?

Fritz Hutter ("Sportmagazin"):
Der wichtigste und nachhaltigste Effekt der Leistungen von Thomas Muster ist für mich der von ihm erbrachte Beweis, dass man in einer der ganz wenigen Welt- und Ganzjahres-Sportarten auch von Österreich aus globale Bedeutung erlangen kann - wenn man über den Rand des Leberknödel-Suppentellers hinaus blickt und das Richtige tut, statt seine Energie mit Suderei zu verbrennen.

Manuel Wachta ("tennisnet.com"):
Das größte Highlight war und ist für mich immer noch dieser 11. Juni 1995, als sich Thomas Muster bei den French Open nach dem ersten und bisher einzigen Grand-Slam-Gewinn eines Österreichers erleichtert in den Sand fallen ließ. Ein Moment von unglaublicher Emotion und auch viel greifbarer als jener Tag, an dem der ATP-Computer die Rangliste erstmals mit dem Steirer an Position eins ausspuckte. Die Basis dafür hatte Muster schon an jenem Tag in Paris und überhaupt in seiner Fabelsaison 1995 gelegt, der 12. Februar 1996 war dann "nur" noch das Sahnehäubchen und die Krönung auf seine Leistungen und Karriere. Natürlich handelt es sich hierbei aber ebenfalls um einen sporthistorischen Erfolg. Ein Grand-Slam-Turnier wie im Traum zu spielen bzw. über ein gesamtes Jahr hinweg die nachweislich besten Ergebnisse zu erzielen, das sind zwei Paar Schuhe und beides absolut herausragende Errungenschaften. Die Nummer eins in einer solchen Weltsportart zu sein, das will erst erreicht sein. Chapeau, Herr Muster! Bis heute und immer noch.

Stefan Bergmann ("tennisnet.com"):
Ganz klar - ich sehe das Erreichen der Nummer-eins-Position von Thomas Muster als die sportlich bedeutendste Leistung eines Österreichers in einer Einzelsportart. Für mich persönlich ist sie ehrlich gesagt noch höher einzuschätzen als der Triumph in Roland Garros, wenn auch Musters Sieg beim Grand-Slam-Turnier in Paris mit Sicherheit einer der emotionalsten Momente für ganz Tennis-Österreich war. Es war das Ergebnis konstant gebrachter Leistungen auf absolutem Top-Niveau und nicht nur eine Momentaufnahme. Ein wenig traurig stimmt mich im Nachhinein, dass der verdiente Höhepunkt auch ein wenig die Ouvertüre zum Ausklang einer phänomenalen Ära im österreichischen Tennis war. Muster konnte zwar 1997 nochmal die zweite Weltranglisten-Position erklimmen, aber es war bereits abzusehen, dass ein baldiges Ende der "goldenen Jahre" der drei Musketiere Muster, Skoff und Antonitsch im Raum stehen würde. Antonitsch hatte zu der Zeit seine Karriere schon beendet, Skoff tourte noch spaßhalber auf der Challenger-Tour umher und Muster bereitete auch medial langsam aber sicher seinen Abschied vor. Klar, ewig hält nichts, aber dass man aus diesem wahren Tennis-Boom in Österreich so wenig Kapital würde schlagen können, hätte wohl damals auch kaum einer für möglich gehalten. Und so hoffen wir tennisverrückten Österreicher, in Dominic Thiem einen würdigen Nachfolger gefunden zu haben. Die Chancen stehen gut, dass der noch junge Niederösterreicher zumindest großflächig in die Fußstapfen des besten österreichischen Tennisspielers aller Zeiten wird treten können. Ein einzigartig schillerndes Tennis-Pop-Trio aus den frühen 90er-Jahren wird aber auch er nicht ersetzen können.

Harald Ottawa ("Kurier"):
Natürlich war der 12. Februar 1996 ein denkwürdiger Tag für Österreichs Sport und eine Auszeichnung für eine große Karriere. Ein Höhepunkt eines Tennis-Booms, der schon Ende der 1980er-Jahre begonnen hat, als die Dürrezeit im rot-weiß-roten Tennis mit den drei Musketieren ein Ende nahm. Ein Tennis-Boom, der nur auf zwei Ebenen erreichbar ist. Einerseits durch großartige Turnierergebnisse, andererseits durch den Davis Cup. Unvergessen sind die Duelle mit den USA 1990 und mit den Deutschen vier Jahre später - auch, wenn beide Partien knapp verloren gingen. Der 12. Februar war im Endeffekt nur eine Bestätigung für Muster, eine Auszeichnung wie jene des Sportlers des Jahres. Deshalb war für Österreich der 11. Juni 1995, der Tag, an dem Thomas Muster die French Open gewann, noch etwas höher einzuschätzen.

Daniel Kulovits ("Ö3"):
12. Februar 1996 / 11:24 Uhr: Drei, vier Mal Augen reiben, okay - kein Computer-Error... "Tennis: Weltrangliste - Muster erstmals Nummer 1". Harterkämpfter und hochverdienter Gipfel der langen Reise eines Sandplatz-Gottes. Allein wie Agassi und Sampras danach auf ihn "hingepeckt" haben, hat gezeigt wie sehr er seinen Gegnern den Nerv ziehen konnte. Ein sporthistorischer Moment zum Einrahmen. Stolzgeschwellte rot-weiß-rote Brust! Dank "Tom" waren wir wer in der Sportwelt, sein Glaube an das Unmögliche, sein Kämpferherz - Ansporn und Motivation berufs- und sportartenübergreifend. Ein Moment für die Ewigkeit, bis heute unerreicht, aber wer weiß? Thomas Muster hat es mit 28 geschafft, Nummer eins zu werden, er hat damals von "der nötigen Reife" gesprochen... wie alt ist nochmal Dominic Thiem...? ;)

Roman Stelzl ("Tiroler Tageszeitung"):
Es gibt nur ganz wenig vergleichbare Ereignisse für uns im Tennis. Das waren Zeiten, als ein jeder Fan noch am Fernseher klebte (und kleben konnte), es war die Krönung für Thomas Muster und sein sensationelles Jahr. Österreichs Tennis zehrt heute noch von Musters Erfolgen. Er ist der unerreichte Gradmesser und zugleich derjenige, der seinen Nachfolgern den Weg geebnet hat. Mit seinem Willen, seinem Kampfgeist, der ihn ausgezeichnet hat. Die Nummer eins? Die war nur mehr das Sahnehäubchen. Und Muster vor Pete Sampras, Andre Agassi und Boris Becker in der Weltrangliste - muss man da noch mehr sagen?

Christian Frühwald ("LAOLA1.at"):
Schon seit über 42 Jahren gibt es die ATP-Weltrangliste, und in diesem Zeitraum durften gerade einmal 25 Athleten die Spitze erklimmen. Mehr Worte muss man über die sporthistorische Bedeutung dieses Ereignisses eigentlich gar nicht mehr verlieren. Für mich persönlich hat Thomas Muster als ehemalige Nummer eins der Tenniswelt einen einzigartigen Status in der rot-weiß-roten Sportwelt, der schwerer wiegt als eine starke Saison beim FC Barcelona, drei Formel-1-Titel oder mehrere Olympia-Goldene in einer Wintersportart. Derzeit sehe ich in Österreich nur zwei Kandidaten, die aus meiner Sicht einmal Ähnliches erreichen könnten: David Alaba und... Dominic Thiem!

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12.02.2016, 11:35 Uhr