US Open: Coach Lars Uebel - „Die Ansprüche an Sascha Zverev sind enorm“
Lars Uebel, Cheftrainer an der TennisBase Oberhaching, ist als Betreuer von Cedrik-Marcel Stebe bei den US Open 2019. Im Interview mit tennisnet bewertet Uebel die Chancen der deutschen Spieler am Donnerstag.
von Jens Huiber
zuletzt bearbeitet:
29.08.2019, 11:43 Uhr

tennisnet: Herr Uebel. Ihr Schützling Cedric-Marcel Stebe hat zum Auftakt der US Open gegen Filip Krajinovic gewonnen. Haben Sie damit gerechnet?
LarsUebel: Ich war sehr überrascht. Das war ein großer Upset von Cedric, der neben den anderen Überraschungen am Dienstag ein wenig untergegangen ist. Ich denke, dass Krajinovic, so wie er in den letzten Wochen gespielt hat, vom Level her hier schon fast wieder gesetzt sein könnte. Darum war das ein Sieg, über den ich mich sehr freue. Weil man muss erstmal sehen, wo Cedric jetzt steht und wo er herkommt. Cedric hat im April wieder angefangen, davor hat er bei den Australian Open 2018 gespielt, aber da war das Handgelenk eigentlich auch schon kaputt. Und da hat man kein Selbstvertrauen. Vielleicht mentales, aber kein spielerisches. Das muss er sich erst erarbeiten. Das war sehr schwierig, weil es für Cedric auch darum geht, dass er sich sein Rentenjahr verdient. Wie man weiß, ist das später mit etwa 50.000.- Euro pro Jahr verbunden. Dafür braucht man sechs bis acht ATP-Hauptfelder und eine bestimmte Anzahl an Punkten.
tennisnet: Sie haben die vielen Überraschungen angesprochen. Konnten sie einen roten Faden erkennen?
Uebel: Klare Linie war da keine zu sehen. Ich habe viel von Rublev gegen Tsitsipas gesehen, was ein ganz tolles Match war. Das würde ich jetzt mal rausnehmen, weil Tsitsipas hat nicht schlecht gespielt. Dominic Thiem war sicherlich körperlich nicht vollständig da. Ob das dann der richtige Weg ist, hier zu spielen, muss jeder für sich selbst entscheiden. Man sieht einfach, dass das Feld nach den ersten Drei offen ist. Sascha Zverev hat aktuell auch Probleme, wenn das Selbstvertrauen nicht ganz hoch ist.
„Philipp Kohlschreiber ist in einer schwierigen Situation“
tennisnet: Im vergangenem Jahr haben Sie hier noch Phillip Kohlschreiber betreut. Der hat in Runde eins gegen Lucas Pouille verloren. Wie haben Sie das Match bewertet?
Uebel: Phillip ist in einer schwierigen Situation. Er trainiert ja immer noch ab und zu in Oberhaching. Ich finde nicht, dass sich an seiner Einstellung etwas geändert hat, wenn er den Trainingsplatz betritt. Er probiert von der ersten bis zur letzten Minute Gas zu geben und sich zu verbessern. In den Matches aber fehlen aus meiner Sicht aber zwei Sachen: zum einen finde ich, dass dieses Bissige, für das Kohli immer stand, ein bisschen weniger geworden ist, vielleicht hängt das auch mit dem Selbstvertrauen zusammen.
tennisnet: Und zweitens?
Uebel: Ich finde das Phillip in den Matches viel zu selten in Situationen kommt, die gut für ihn sind. Phillips große Stärke kommt dann zum Tragen, wenn er unter den Ball kommen und diesen nach oben schlagen kann. Das heißt er macht Tempo mit der Höhe. Und wenn er dann mit Hard-Hittern wie Pouille versucht relativ flach mitzuspielen, ist das schlecht für Phillip.
tennisnet: Am Donnerstag sind drei deutsche Spieler im Einsatz. Lassen sie uns mit Alexander Zverev beginnen. Der spielt gegen Francis Tiafoe. Ein Match, das nach der ganz großen Bühne schreit.
Uebel: ich glaube, dass das eine super Bühne für Sascha ist, um zu zeigen was er drauf hat. Genau das Richtige um zu sagen: Labert mich nicht voll, was ich für ein Scheißjahr hatte. Ich finde bei Sascha werden extrem hohe Ansprüche angelegt. Der ist Nummer zehn im Race und alle Leute reden, als ob er in diesem Jahr noch kein Match gewonnen hätte. Für heute würde ich mich freuen, wenn er mal eine sportliche Bombe ins Stadion wirft.
„Jan-Lennard Struff hat eine tolle Entwicklung durchgemacht“
tennisnet: Wie stehen die Chancen ihres Spielers Cedric-Marcel Stebe gegen Marin Cilic?
Uebel: Es ist sicher nicht mehr der Marin Cilic von 2014 aktuell. Aber in New York spielt Cilic sicherlich nochmal um eine Nummer stärker. Man weiß genau was man kriegt. Er wird sehr sehr gut servieren, und versuchen von hinten durch Cedric durchzukommen. Wenn ihm das gelingt, wird er das Match gewinnen. Wenns für Cilic nicht hundertprozentig läuft, dann muss Cedric ready sein. Ich hoffe mal, dass er einen Satz gewinnt und dann, wie sagt man so schön: „we go from there“.
tennisnet: Darf man bei Jan-Lennard Struff gegen John Isner auf mehr hoffen?
Uebel: Aktuell finde ich, dass Struffi eine ganz tolle Entwicklung durchmacht. Dieses Team mit Uwe und Carsten, das seit Jahren funktioniert, trägt jetzt Früchte. da kann man allen drei nur gratulieren. Isner ist vielleicht nicht ganz so gut wie Cilic, aber auch ein Mann, der hier in den Night-Sessions wahnsinnig viel Erfahrung hat. Es ist sein Heimturnier. Und wenn man weiß, wie Isner sich pushen kann, ist er für mich Favorit. Aber ich habe keine Angst, dass Struffi zurücksteckt und den Kopf einzieht. Der wird mit allen Waffen rauskommen und das eine oder andere Brett verlegen wird.