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US Open: Dimitrov wie Phönix aus der Asche

Grigor Dimitrov wurde lange Jahre als Erbe der Großen Drei gehandelt. Mit seinem Viertelfinal-Sieg bei den US Open gegen Roger Federer ist der Bulgare in den Fokus der Top-Spieler zurückgekehrt.

von Jörg Allmeroth
zuletzt bearbeitet: 05.09.2019, 06:05 Uhr

Grigor Dimitrov
© Getty Images
Grigor Dimitrov

Von Jörg Allmeroth

Als Grigor Dimitrovs vor zwei Wochen in New York Quartier bezog, hatte niemand mehr ein Auge auf den Mann, der einst als Erbe der "Großen Drei" gehandelt worden war. Dimitrovs Saison war eine Ansammlung der Trostlosigkeiten gewesen, sieben der letzten acht Spiele hatte er verloren. Selbst Andre Agassi, sein gelegentlicher Tennis-Flüsterer, hatte ein Einsehen mit dem angeschlagenen Bulgaren, der alte Meister verzichtete auf die Reise in den Big Apple, um mit seinem Erscheinen nicht noch irgendwelchen Druck aufzubauen. Niemand, wahrscheinlich nicht einmal Dimitrov selbst hätte sich gewundert, wenn der Abstecher zu den US Open mit Kurzarbeit geendet hätte - in dieser frustrierenden Krise, in der er auf Platz 78 der Weltrangliste gelandet war. So schlecht, so tief wie zuletzt vor sieben Jahren. Er habe sich nur über Wasser halten können, weil er auf den vollen Rückhalt von Familie und Freunden habe vertrauen können, sagte der 28-jährige am Dienstagabend in New York, "Es war eine verdammt harte Zeit, mit vielen Fragen und Zweifeln."

Er sagte es in einem fast unwirklichen Moment, nämlich, als er zum ersten Mal in seiner Karriere sein eigenes Idol geschlagen hatte – einen gewissen Roger Federer. Nach sieben bitteren, chancenlosen Niederlagen stieg Dimitrov ausgerechnet im dramatisch gewonnenen Fünf-Satz-Viertelfinalduell (3:6, 6:4, 3:6, 6:4, 6:2) mit dem 38-jährigen Maestro wie Phönix aus der Asche empor und durfte sich sogar klammheimliche Hoffnungen machen, einen akuten Grand Slam-Durchbruch zu schaffen – mit einer geglückten Titelmission wie aus dem Nichts. "Ich bin sehr glücklich jetzt. Es ist ein wirklich wichtiger Sieg für mich", sagte Dimitrov. "Baby-Fed" hatte man ihn in der Szene ja immer wieder genannt, weil er in Stil und Auftritt an den großen Schweizer erinnerte. Aber die ewigen Vergleiche mit Federer lasteten wie ein Fluch auf Dimitrov, irgendwann schien er nur der nächste abgebrannte Hoffnungsträger zu sein. Der gescheiterte Anführer einer Generation, die Federer, Nadal und Co. die Macht auf den Centre Courts entreißen wollte. 2017 gewann Dimitrov in einem kuriosen Außenseiter-Finale zwar die ATP-WM in London, aber schnell wurde er danach wieder vom Abwärtssog ergriffen. Verletzungen und Formschwäche begleiteten ihn hartnäckig, zu den US Open 2019 kam er mit einer Negativbilanz von 12:15 in dieser Spielzeit.

Federer mit Rückenproblemen

Federer wollte Dimitrov am Mittwoch nichts von dessen Sieg nehmen. Der Grand Slam-Rekordsieger diktierte dem Spiel im Arthur Ashe-Stadion lange Zeit seinen Stempel auf, er lag zweimal nach Sätzen in Front, aber dann begannen allerlei Zipperlein den Schweizer zu stören. Als er zu Beginn des fünften Satzes in die Katakomben verschwand, um sich behandeln zu lassen, wusste man, dass wirklich etwas mit Federer nicht stimmte. Er spielte weiter, aber nicht mehr mit vollem körperlichen Potenzial. Später erklärte Federer, im oberen Rückenbereich und im Nacken gehandicapt gewesen zu sein. "Das Thema ist aber nicht mein Rücken, sondern der Sieg von Grigor", sagte Federer, wie immer auch ein Exempel für Klasse in der Niederlage. Bald werde er sich von den Problemen erholt haben, so Federer, "und dann geht´s weiter. Das ist kein Drama jetzt."

Ein Drama war der Abend allerdings im Guten für Dimitrov. Vielleicht sogar ein Meilenstein-Moment - mit der Überwindung des ewigen Federer-Traumas. "Endlich habe ich wieder bedingungslos an mich geglaubt", sagte Dimitrov später. Er kann darauf hoffen, dass in dem großen Machtspiel bei den Grand Slams in den letzten anderthalb Jahrzehnten wieder einmal die US Open die Bühne für Überraschungen sind , für die Abkehr von der Normalität der ewigen Favoritentriumphe. 2009 siegte in New York gegen alle Erwartung der Argentinier Juan Martin del Potro, 2014 der Kroate Marin Cilic, 2016 der Schweizer Stan Wawrinka. Es hatte auch mit der Tatsache zu tun, dass die US Open den Abschluss der Grand Slam-Saison bilden und am Ende kräftezehrender Monate liegen.

Neues Gesicht auf dem Grand Slam-Thron?

Djokovic und Federer sind nun raus aus der Verlosung, Nadal spielte in der Nacht zum Donnerstag um den Halbfinaleinzug. War doch, nach langer Vorherrschaft der Etablierten, der kleinen Gruppe außergewöhnlicher Gentlemen, jetzt wieder die Zeit für ein neues Gesicht auf einem Grand Slam-Thron gekommen? Für Dimitrov oder für seinen 23-jährigen Halbfinalgegner Daniil Medwedew, den Mann der Stunde? "Der Weg dahin ist noch weit", sagte Dimitrov, "die letzten Schritte sind die schwersten." Wer wüsste es nicht besser als er selbst.

Das Einzel-Draw der US Open (Herren)

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Dimitrov Grigor

von Jörg Allmeroth

Mittwoch
04.09.2019, 13:14 Uhr
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