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US Open: Krawietz und Mies zurück im Spielrausch

Sternstunde, Absturz, Bodenbildung: Die herausfordernde Reise von Kevin Krawietz und Andreas Mies im Doppelwettbewerb der US Open geht in die nächste Runde.

von Jörg Allmeroth
zuletzt bearbeitet: 04.09.2019, 14:22 Uhr

© Getty Images
Kevin Krawietz (li.) und ANdreas Mies (re.)

Von Jörg Allmeroth aus New York

Andreas Mies konnte einfach nicht anders, die Freude und die Erleichterung mussten in aller Gewaltigkeit raus. Und so schloss sich die Kölner Stimmungskanone noch im Louis Armstrong-Stadion ruckzuck den deutschen Fangesängen an: "Oh, wie ist das schön, so was hat man lange nicht gesehen", schmetterte der 29-jährige aus vollem Herzen und dirigierte mit breitem Strahlen den kleinen Chor äußerst schwungvoll mit den Händen. Der deutsche Evergreen passte ja auch perfekt zum US Open-Vortrag der beiden deutschen Doppelkönige von Paris, der beiden Überraschungsfiguren dieser Saison: Es ist schön und erfolgreich, wie sie spielen in New York. Und ist es eben auch ein Weilchen länger her gewesen, dass man sie so gut, zupackend und selbstbewusst hat auftreten sehen. "Ich habe das Gefühl", sagte Mies nach dem stürmischen Vorstoß ins Halbfinale mit einem 7:6, 6:4 Sieg über Leonardo Mayer und Joao Sousa (Argentinien/Portugal), "dass wir uns gerade wieder in einen Rausch spielen.“

Fast drei Monate nach ihrem historischen French Open-Coup, dem ersten deutschen Doppeltriumph bei einem Grand Slam-Wettbewerb seit 81 Jahren, schienen der 27-jährige Franke Krawietz und der 29-jährige Kölner Mies ihre vorübergehende Krise nun auch endgültig überwunden zu haben. Nach dem Volltreffer unterm Eiffelturm hatten die kongenialen Partner einige Mühe gehabt, in der Normalität des Tennisalltags und in ihrer neuen Rolle anzukommen. "Es war nicht leicht, sich an die neue Situation zu gewöhnen. Wir waren ja auch nicht so erfahren, um das alles einfach so wegstecken zu können", sagt Mies, der inoffizielle Sprecher des Duos. 

"Auf dem Schirm und nicht mehr unter dem Radar"

Erst am Hamburger Rothenbaum gewannen die Pariser Himmelsstürmer wieder ein erstes Wettkampfspiel, ehe sie dann im nordamerikanischen Toursommer langsam, aber sicher Boden unter die Füße bekamen. "Es war eine harte Lernphase", sagt Krawietz, der stillere Vertreter in dieser Allianz, "wir waren immer die Jäger, die Leute, die andere Favoriten stürzen konnten. Dann wurden wir zu Gejagten." Man habe gemerkt, "dass sich andere mit einem Sieg gegen uns schmücken können." Hinzu komme, so Mies: "Die Gegner haben uns auf einmal richtig gut beobachtet, sie haben unser Verhalten studiert und analysiert. Wir waren auf dem Schirm – und nicht mehr unter dem Radar."

Ein Problem zog sich lange Zeit wie ein roter Faden durch die Spiele der Sensationsdarsteller von Paris: Die wiederkehrende, lähmende Angst, bei den wichtigen Punkten die Nerven zu behalten, das Match über die Ziellinie zu bringen. In Wimbledon schieden die French Open-Champions ziemlich sang- und klanglos gleich zum Auftakt aus. "Wenn du nur ein paar Prozent nachlässt, wenn dir die Siegermentalität irgendwie fehlt, dann verlierst du diese Dinger eben", sagt Mies. Er war zwar genau wie Kompagnon Krawietz auf eine schwierige, herausfordernde Zeit nach den French Open vorbereitet, aber als dann Niederlage auf Niederlage hereinprasselte, habe er sich dann doch gefragt: "Was ist denn jetzt los?" Plötzlich hätten selbst die "einfachsten Sachen nicht geklappt": "Das geht schon an die Substanz, da hast du dran zu knabbern."

Klarer Kopf im Gefühls-Tohuwabohu

Mies hatte sogar einen anderen Nebeneffekt des eigenen Sieges entdeckt: "Für viele Doppel, die noch nichts Großes gewonnen haben, sind wir eine Inspiration geworden. Das Beispiel, dass alles, absolut alles möglich ist. Die gaben auf einmal richtig Gas – auch gegen uns." Und doch: Krawietz und Mies behielten in dem ganzen Gefühls-Tohuwabohu den Kopf oben, verzagten nicht vor den neuen Herausforderungen: "Es war klar, dass wir einen Schritt nach vorne gehen mussten, besonders im mentalen Bereich. Und das haben wir auch geschafft", sagt Krawietz, "man muss eben etwas dafür tun, wieder sein bestes und erfolgreiches Tennis zu spielen. Es war auch ein Charaktertest."

Sich nach oben zu kämpfen, sogar auf einen Grand Slam-Thron, ist schwer genug. Aber sich oben zu behaupten, auch als Zielscheibe für den Überraschungscoup anderer, ist noch ein gutes Stückchen schwerer. Krawietz und Mies haben es erfahren müssen. "Die Reise ist halt anspruchsvoller jetzt", sagt Mies, "aber es macht auch mehr Spaß. Wir haben Lösungen gefunden, wie wir wieder vorankommen." Er sei guten Mutes, sagt Mies: "Wir haben die Qualität für weitere große Siege, in New York jetzt, aber auch danach. Diese Überzeugung steckt tief in mir drin." Am Donnerstag kämpfen sie gegen Marcel Granollers und Horacio Zeballos (Spanien/Argentinien) nun um den Endspieleinzug. Und um die Chance auf einen zweiten, noch wertvolleren Grand Slam-Titel. Die Chance, allen zu zeigen, dass sie, Krawietz und Mies, kein One-Hit-Wonder sind, kein Zufallstreffer.

Das Doppel-Draw der US Open

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von Jörg Allmeroth

Mittwoch
04.09.2019, 12:00 Uhr
zuletzt bearbeitet: 04.09.2019, 14:22 Uhr