Ex-Wunderkind Mirjana Lucic-Baroni wirft sensationell Simona Halep raus

Die 32-jährige Mirjana Lucic-Baroni besiegt in der dritten Runde bei den US Open die Weltranglisten-Zweite Simona Halep.

von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 30.08.2014, 00:38 Uhr

Von Christian Albrecht Barschel

Große Überraschung bei den US Open. Die Weltranglisten-Zweite Simona Halep ist beim Grand-Slam-Turnier in New York bereits in der dritten Runde ausgeschieden. Halep unterlag der kroatischen Qualifikantin Mirjana Lucic-Baroni mit 6:7 (6), 2:6 und verspielte ihre kleine Chance, nach den US Open die Nummer eins der Welt zu werden. Die Rumänin führte gegen die 32-jährige Lucic-Baroni, derzeit Nummer 121 der Welt, im ersten Satz mit 5:2 und vergab insgesamt drei Satzbälle. Im Laufe der Spielzeit setzte sich immer mehr das druckvolle und risikoreiche Spiel der Kroatin durch, die bei den US Open schließlich ihren sechsten Sieg in Serie feierte.

„Es ist unglaublich, es ist fantastisch. Ich kann nicht glauben, dass mir das passiert", freute sich Lucic-Baroni mit tränenreicher Stimme. Die 32-Jährige erreichte somit zum ersten Mal seit dem Wimbledonturnier im Jahr 1999 das Achtelfinale bei einem Grand-Slam-Turnier. In den Neunzigern galt Lucic-Baroni als „The Next Big Thing". So nennen US-Amerikaner hoffnungsvolle Talente, die in absehbarer Zeit an die Spitze der Weltrangliste vordringen werden. Die Karriere von Lucic-Baroni begann furios. Die Kroatin brach in jungen Jahren einige Rekorde. Mit 15 Jahren wurde sie Profi und in diesem Alter die erste Spielerin, die bei ihrem ersten Profiturnier jeweils im Einzel (Bol) als auch im Doppel (Australian Open) auf Anhieb den Turniersieg holte - wohl ein Rekord für die Ewigkeit. Im Mai 1998 stand sie auf Platz 32 in der Weltrangliste und erreichte damit ihre höchste Platzierung.

Vater Marinko macht ihr Leben zur Hölle

Doch danach ging es erst mal rasant bergab, was vor allem an familiären Gründen lag. Lucic-Baroni machte vor den US Open 1998 Schlagzeilen, indem sie ihren Vater Marinko beschuldigte, ihr und ihrer Familie das Leben zur Hölle gemacht zu haben. Sie sei geschlagen und ihr Preisgeld von ihrem Vater gestohlen worden. Lucic-Baroni floh mit ihrer Mutter und ihren vier Geschwistern in die USA. „Es gab mehr Schläge, als man sich vorstellen kann", sagte Lucic-Baroni in einer kroatischen Zeitung und schilderte ihre Befürchtungen um die Sicherheit ihrer Familie. Sie erwirkte eine einstweilige Verfügung gegen ihren Vater und war froh, ein sicheres Leben zu führen. „Ich bin nie in meinem Leben ohne ein Gebet ins Bett gegangen. Und ich bin nie ohne ein Gebt aufgewacht. Mein Gebet war immer, dass ich mich von meinem Vater befreie und er uns in Ruhe lässt", ließ sie in ihr Seelenleben blicken.

Ihr Vater Marinko, ein ehemaliger olympischer Zehnkämpfer aus Jugoslawien, stritt die Behauptungen seiner Tochter in einem offenen Brief ab und unterstellte ihr, dass man sie manipulieren würde. „Ich habe nie exzessive Gewalt ausgeübt. Und wenn ich ihr gelegentlich einen Klaps gegeben habe, war das wegen ihres Verhaltens. Ich habe das getan, was ich als das Beste für mein Kind erachte. Einige würden dem zustimmen", schrieb Marinko Lucic. Tochter Mirjana fühlte sich nach der Trennung von ihrem Vater wie befreit. „Es ist das erste Mal in meinem Leben, dass ich Tennis genieße", freute sich der Teenager. Der Spaß am Tennis zeigte sich auch in Ergebnissen. Beim Wimbledonturnier 1999 feierte sie eine glänzende Wiederauferstehung. Mit immer noch jungen 17 Jahren gelang ihr als Nummer 134 der Weltrangliste der Einzug ins Halbfinale. Ein Happy End in ihrer Karriere blieb aber aus. Anschließend stürzte sie regelrecht ab.

Schläge in der Badewanne

2003 hörte sie mit dem Tennis auf. Drei Jahre später erklärte sie in einem Interview die Gründe für den Rückzug und die schwankenden Leistungen. Neben dem gestörten Verhältnis zu ihrem Vater beschuldigte sie ihren ehemaligen Agenten von der IMG, dass sie schikaniert und in den finanziellen Ruin getrieben wurde. Die IMG habe sie auch gegen ihren Willen gezwungen Wellbutrin, ein Stärkungsmittel gegen Ermüdungen, einzunehmen. Lucic sprach im Interview auch über die Prügeleien ihres Vaters, die im Alter von fünf Jahren begannen. „Mein Vater schlug mir auf die Nase. Ich blutete im gesamten Haus. Ich hatte keine Ahnung, was vor sich ging. Ich war im Schockzustand. Danach war es immer die gleiche Sache, die ganze Zeit. Manchmal hat mein Kopf so wehgetan, dass ich meine Haare für eine Woche nicht bürsten konnte", schilderte Lucic-Baroni.

Ein Vorfall, den die Kroatin beschrieb, zeigt die Brutalität, mit der Marinko Lucic vorging. Bei einem Juniorenturnier erlitt sie bei einem Trainingssturz schlimme Schürfwunden an den Knien und am Kopf. Die Ärzte rieten ihr, auf das Turnier zu verzichten. Lucic-Baroni spielte trotzdem und schaffte es bis ins Halbfinale. Zuhause in Zagreb schleppte ihr Vater sie ins Badezimmer, legte sie in die Badewanne und prügelte für 40 Minuten mit dem Schuh auf sie ein. Als er damit fertig war, gab er ihr Geld. „Die Leiden, durch die ich gegangen bin, wünsche ich nicht mal meinem schlimmsten Feind", sagte sie dazu. 2007 kehrte die Kroatin auf die WTA-Tour zurück und spielte sich Stück für Stück wieder nach oben. Ende 2010 schaffte Lucic-Baroni wieder den Einzug in die Top 100. Für viel mehr reichte es jedoch nicht. Im November 2011 heiratete sie Daniele Baroni und trägt seitdem einen Doppelnamen. Aus dem ehemaligen Wunderkind ist mittlerweile eine reife 32-jährige Frau geworden, dessen Vater eine glanzvolle Karriere zerstört hat. Bei den US Open ist Lucic-Baroni nun zurück im Rampenlicht und trifft im Achtelfinale auf die ItalienerinSara Errani,die sich in einem kuriosen Match gegen Venus Williams durchgesetzt hatte.

Hier die Damen-Ergebnisse der US Open.

Hier der Spielplan.

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Samstag
30.08.2014, 00:38 Uhr