Kei Nishikori – mit List, Leidenschaft und Changs Hilfe zum US-Open-Coup

Kei Nishikori steht bei den US Open als erster Spieler des Kaiserreichs Japan seit 1918 in einem Grand-Slam-Halbfinale.

von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 04.09.2014, 10:41 Uhr

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Von Jörg Allmeroth aus New York

Es waren die ganz großen Tennis-Allianzen, die in den letzten Monaten auch für die ganz großen Schlagzeilen sorgten. Natürlich die vonBoris BeckermitNovak Djokovic. Natürlich die vonStefan EdbergmitRoger Federer. Und natürlich auch die beendete Zusammenarbeit vonIvan LendlmitAndy Murray. In diesem mächtigen Kulissendonner ging fast die Liaison zweier Männer unter, die ziemlich schnell ziemlich eindrucksvoll gefruchtet hat - nämlich die von Japans Superstar Kei Nishikori und dem US-Amerikaner taiwanesischer Abstammung,Michael Chang. Mittwochabend, nach einem dramatischen Center-Court-Marathon bei den US Open, erlebten die kongenialen Verbündeten einen einsamen und zugleich historischen Höhepunkt ihrer bisherigen Partnerschaft. Das war, als der wuselige Dauerrenner Nishikori als erster Spieler des Kaiserreichs seit 1918 ein Grand-Slam-Halbfinale erreichte,durch einen mitreißenden 3:6,-7:5,-7:6 (7),-6:7 (5),-6:4-Triumph über den Schweizer Stan Wawrinka.„Ich weiß gar nicht mehr, wie ich gewonnen habe. Am Ende war es wie in Trance", sagte Nishikori,der nun am Samstag auf Branchenführer Novak Djokovic trifft (7:6 (1), 6:7 (1), 6:2, 6:4 gegen Andy Murray).

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So unbeugsam wie Chang einst den Großen und Mächtigen getrotzt hatte, den Beckers, Lendls oder Edbergs, so beseelt wirkte in seinem Widerstandsgeist auch Nishikori gegen den Hünen Wawrinka, genannt „Stanimal". Doch mit seinen flinken Beinen und einem kreativen Geist rang er den Eidgenossen genau so nieder wie zuvor am Dienstag in einer legendären Nachtshow bis 2.26 Uhr den kanadischen Aufschlaggiganten Milos Raonic. Spielzeit: Einmal vier Stunden und 15 Minuten. Und einmal vier Stunden und 19 Minuten. „Ich könnte nicht stolzer sein auf das, was Kei hier geschafft hat", sagte der einstige Ausdauermeister Chang, der im Freudenjubel nach dem verwandelten Matchball Nishikoris gegen Wawrinka fast aus der Ehrenloge herausgeplumpst wäre. Seit Chang zu Saisonbeginn ins Trainerteam von Nishikori aufgestiegen ist, erlebt der Japaner seine größte Blütezeit. Schon am 5. Mai schaffte es Nishikori als erster Spieler seines Landes in die Top Ten der Weltrangliste aufzurücken, auf Platz neun, aktuell ist er die Nummer elf der Hitparade. „Ich habe mich noch mal richtig stark verbessert", sagt Nishikori, „Michael ist jemand, der sehr detailgenau arbeitet und auch auf kleinste Kleinigkeiten achtet. Er überlässt nichts dem Zufall."

Zweimal Riesenpech in diesem Jahr

Klar ist: Da haben sich offenbar zwei gefunden, die zueinander passen. Und die letztlich auch eine ähnliche Strategie in der Welt des Wanderzirkus zu verfolgen haben - notgedrungen. Denn Nishikori muss gegen die noch gewaltigeren Athleten der Jetztzeit nach Chang-Vorbild Mittel und Wege zur Durchsetzung seiner Interessen finden - körperlich klein ist er, aber einer mit großem Kämpferherzen, großer Leidenschaft, großem Schlagrepertoire. Wie ihm das alles nun unter Assistenz von Chang gelingt, wird immer eindrucksvoller. So eindrucksvoll sogar, dass Roger Federer sagt: „Kei hat das Format, zu den absoluten Spitzenspielern zu gehören, sogar zu den Top 5."

Nishikori erlebte oft in seiner Karriere bittere Verletzungsrückschläge. Auch noch einmal in diesem Jahr. Da hatte er Riesenpech, dass er nach der Bezwingung Federers in Miami das Halbfinale gegen Djokovic wegen einer Leistenverletzung nicht spielen konnte. Und Riesenpech auch, dass er in Madrid im Finale gegenRafael Nadalim dritten Satz ebenfalls angeschlagen das Handtuch werfen musste. Doch in New York kann nichts und niemand jenen Nishikori stoppen, der einst mit 14 Jahren auszog, um im fernen Florida, in der Talentschmiede von Nick Bollettieri, sein Glück zu versuchen. Schnell stand Nishikori unter der persönlichen Protektion von Bollettieri, der erkannte, welche Möglichkeiten in dem jungen Burschen steckten. Und der auch für sich selbst die Möglichkeit sah, am Aufstieg des so lange gesuchten Superstars aus dem tennisverrückten Japan mitzubasteln. Nun aber schöpft Nishikori sein Potenzial erst viele Jahre später an der Seite Changs aus, selbst einst Schüler bei Bollettieri.

Hier die Ergebnisse von den US Open:Einzel,Doppel,Qualifikation.

Hier der Spielplan.

von tennisnet.com

Donnerstag
04.09.2014, 10:41 Uhr