Das schwere Ende einer strahlenden Karriere

Die 33-Jährige schied bei den US Open nach einem Krimi in der zweiten Runde aus. Die Fragen nach dem Karriereende mehren sich.

von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 29.08.2013, 09:28 Uhr

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Von Jörg Allmeroth aus New York

In der Nähe des Times Square hatten die Leute vom Frühstücksfernsehen letzte Woche extra einen Mini-Tenniscourt für ihren prominenten Gast aufgebaut. Doch das Gute-Laune-Interview mit Venus Williams in der „Good Morning America Show“, gedacht als Promotion-Auftritt kurz vor den US Open, bekam schon bald gefährliche Schlagseite – und endete mit einem vielleicht sogar provozierten Eklat. „Ich höre, Sie lassen etwas nach in letzter Zeit“, fragte die eher sportfremde ABC-Moderatorin scheinbar beiläufig die ehemalige Weltranglisten-Erste. Doch für seichten Talk über Krankheit und Krise war die ältere der beiden Williams-Schwestern nicht wirklich in Stimmung. Und so peitschte die Antwort wie einer der einst gefürchteten Schläge der 33-jährigen Athletin zurück: „Niemand sagt so etwas. Keine Ahnung, woher Sie das haben“, so Williams, „außerdem hatte ich klar gesagt, dass Sie diese Frage nicht stellen sollen.“ Rumms, das saß.

Aus nach Drei-Stunden-Drama

Knapp zwei Jahre ist es her, dass Venus Ebony Starr Williams bei den US Open 2011 die Tenniswelt und ihre Fans mit der Offenbarung einer heimtückischen Erkrankung schockierte – statt eines Zweitrunden-Auftritts im Billie-Jean-King-Tenniszentrum gegen Sabine Lisicki ließ die siebenmalige Grand-Slam-Königin damals ein Statement verbreiten, in dem sie erklärte, am Sjögren-Syndrom zu leiden, einer Autoimmun-Krankheit, die zu Erschöpfungszuständen, chronischen Schmerzen und zu Gelenkentzündungen führt. Seitdem kämpft die frühere Frontfrau, die lange Zeit stärkste Athletin des modernen Tennis beharrlich gegen ihre Krankheit, doch die Welt von Venus und die Welt der beiden unzertrennlichen Schwestern ist seitdem eine andere geworden. Nur noch einmal ließen sie in alter Pracht und Herrlichkeit Erinnerungen an ihre große Ära der gemeinsamen Dominanz aufkommen, das war beim olympischen Doppelerfolg in Wimbledon, doch ansonsten haben sich die Wege und Befindlichkeiten eines Duos getrennt, das ihr schriller Vater der Tennisszene einst als „Cinderellas aus dem Ghetto“ angekündigt hatte.

Wo Schwester Serena gerade dabei ist, auf der Zielgeraden ihrer Karriere noch einmal die Rekordbücher des Tennis umzuschreiben und sogar Legenden wie Martina Navratilova und Chris Evert mit Grand-Slam-Siegen zu übertrumpfen, kämpft Venus Williams ihre Kämpfe oft vor allem darum, überhaupt bei Turnieren antreten zu können. Nicht immer mit Erfolg. Seit dem Frühjahr bestritt die baumlange Kalifornierin gerade einmal eine Handvoll Matches, landete bloß zwei mühsame Siege. Am Mittwochabend schied sie bei den US Open nach einem Drei-Stunden-Drama im Loius-Armstrong-Stadion mit 3:6, 6:2 und 6:7 (5) gegen die Chinesin Jie Zheng aus. Von früher machtvollen Grand-Slam-Auftritten, wie ein letztes Mal 2010 mit dem Halbfinaleinzug hier in New York, ist die 33-Jährige weit entfernt – die Weltrangliste führt sie derzeit als Nummer 60, in der Gesellschaft von Spielerinnen, die früher froh waren, nur nicht zu demütigend gegen die große Venus Williams zu verlieren. „Es ist schwer für sie, diese Erfahrung eines schleichenden Abstiegs zu machen“, sagt Tracy Austin, selbst einmal die Nummer eins des Damentennis, „aber das ändert nichts an ihrem Status: Sie hat das moderne Tennis geprägt, noch vor ihrer Schwester Serena.“

Keine Gedanken ans Karriereende

Die bittere Realität allerdings ist: Die unheilbare Krankheit lässt nach menschlichem Ermessen keinen ruhmvollen Abschied der früheren Tennis-Königin zu. Beim Turnier in Toronto fehlten ihr zuletzt schlichtweg die Kräfte, um nach einem 6:0-Auftaktsatz gegen Wimbledon-Halbfinalistin Kirsten Flipkens (Belgien) einen überraschenden Sieg einzufahren. Umso berauschender feierten die Zuschauer und Amerikas führende Blätter zunächst den US-Open-Auftaktsieg von Venus in der Neuauflage des Flipkens-Duell, die „Los Angeles Times“ fühlte sich mittendrin in einer „nostalgischen Zeitreise“. Ob das leicht überzogene mediale Hurra auch mit der Sentimentalität zu tun hatte, die den Williams-Clan bei diesem Grand-Slam-Spektakel umweht – schließlich kam es zuletzt nicht mehr allzu oft vor, dass beide Schwestern bei ein und demselben Turnier an den Start gingen und auch noch an einem Tag jeweils ihre Matches gewannen. „Ich glaube, Amerika merkt erst jetzt, was es an diesen beiden Sportlerinnen in ihrer Blütezeit hatte“, sagt Chris Evert, die 18-malige Grand-Slam-Siegerin, die gerade Gefahr läuft, noch von Serena Williams überholt zu werden. Sie spielt damit auch auf die ehedem eher dezente öffentliche Unterstützung des Tennis-Clans an – zu Beginn dieses Jahrhunderts, als es sogar Williams-Finals bei den Grand-Slam-Turnieren gab, aber gern und regelmäßig über familieninterne Absprachen spekuliert wurde.

Diese Zeiten sind unwiderruflich vorbei. Nicht wegen Serena Williams, die als Nummer eins einsam ihre Kreise zieht, in einem eigenen Tennis-Universum. Sondern wegen der angeschlagenen Venus, die – ob sie will oder nicht – fast ständig mit Fragen nach dem Karriereende und den sportlichen Problemen konfrontiert wird. Fast ein wenig trotzig versucht sie noch, das Unvermeidliche auszublenden. Als sie nun jemand fragte, ob sie nicht auch wie ihr Landsmann James Blake aufhören wolle, parierte sie entschlossen: „Er hat eine Familie, ich nicht. Er hat Sachen in seinem Leben, die ihm mehr bedeuten als Tennis. Bei mir ist das nicht so. Ich liebe immer noch am meisten, Tennis zu spielen.“(Foto: Jürgen Hasenkopf)

Hier die aktuellen Ergebnisse von den US Open:Qualifikation,Hauptbewerb,Doppel.

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