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Von Dornbirn in die Top 50 - VTV-Coach Joachim Kretz im Interview

von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 11.02.2011, 14:23 Uhr

„Von Dornbirn in die absolute Weltspitze“ – diesen Weg möchte der Vorarlberger Tennisverband seinen Schützlingen ermöglichen. Für die sportlichen Belange im Verband ist seit rund einem Jahr Fischer-Coach Joachim Kretz verantwortlich. Im Interview spricht der Deutsche über innovative Ideen im Verband und über die verkorksten Saisonstarts von Martin Fischer und Philipp Oswald.

Der VTV gilt als einer oder vielleicht sogar der am besten arbeitende Verband in ganz Österreich. Was wird in Vorarlberg derzeit besser als in anderen Bundesländern gemacht?

Der Verband setzt immer wieder neue Akzente. Zuletzt haben wir mit dem Tennis Haus Vorarlberg neue Strukturen geschaffen, die es uns ermöglichen junge Talente vom Bezirkskader bis zum Einzug in die Top 50 zu betreuen. Die Spieler können diesen Weg aus der gewohnten Umgebung in Vorarlberg gehen und müssen nicht mehr Richtung Südstadt oder Barcelona in andere Akademien abwandern.

Wie sieht diese neue Struktur aus?

Den Unterbau des Systems bilden der Bezirkskader und der internationale Kader. Hier versuchen wir, Talente langsam über die ITF-Ebene und über die Futures zum Spitzentennis heranzuführen. Die Spitzenspieler bilden den internationalen Top-Kader, dem derzeit Martin Fischer, Philipp Oswald und der Rumäne Marius Copil angehören.

Ein Rumäne als Schützling des Vorarlberger Verbandes?

Auch das ist einzigartig und ein großer Vorteil der neuen Struktur: Der VTV ist für die Zusammenarbeit mit ausländischen Spielern offen. Das erhöht sowohl die Quantität als auch die Qualität der Sparring-Partner und kommt im Endeffekt allen zu Gute.

Wie finanziert sich der internationale Top-Kader?

Fischer und Oswald bekommen vom Verband finanzielle Unterstützung und zahlen den Rest durch Preisgelder. Die ausländischen Spieler haben hingegen keine Ansprüche auf Unterstützung des Verbandes und bezahlen alles aus eigener Tasche.

Die größten Vorteile für die Spieler?

Das gesamte Trainerteam vom Bezirkskader über den internationalen Kader bis hin zum internationalen Top-Kader arbeitet nach der gleichen Philosophie, ist also gut aufeinander abgestimmt. Zusätzlich arbeiten wir sehr eng mit dem Sportservice Vorarlberg und dem Olympiastützpunkt Dornbirn zusammen. Dadurch haben die Spieler vom Tennistrainer über den Ernährungsberater bis hin zum Mentalcoach alles in ihrer gewohnten Umgebung. Wir bieten ein perfektes Umfeld, die Spieler können sich also ganz auf den Sport konzentrieren.

Seit Anfang Februar ist auch ein neuer Touring-Coach an Board.

Ja, wir haben seit Kurzem mit Nick Carr einen neuen Trainer in unserem Team. Er hat unter anderen mit Martin Verkerk zusammengearbeitet, der 2003 immerhin im Finale der French Open war. Seine Hauptaufgabe wird es sein, Martin und Philipp als Touring-Coach auf den Turnieren zu betreuen. Er ist ein ganz erfahrener Mann und ich erwarte mir, dass von ihm auch neue Impulse kommen, die unsere Top-Leute weiterbringen.

Bei den beiden Vorarlberger Aushängeschildern Fischer und Oswald lief es zuletzt nicht nach Wunsch. Martin hat in seinem Tagebuch geschrieben, dass er sich im Match auf keinen Schlag verlassen kann. Wo setzen Sie da im Training an?

Martin zeigt momentan zwei Gesichter: Im Training spielt er super, im Match fehlt ihm die Sicherheit und das Selbstvertrauen. Wir wissen, dass er es spielerisch drauf hat, er darf sich jetzt aber nicht zu sehr unter Druck setzen. Wir werden die Matches genau analysieren, weiter hart arbeiten und mit den ersten Erfolgen kommt dann auch wieder das Selbstvertrauen. Martin darf jetzt nicht versuchen, den Erfolg zu erzwingen, sondern er braucht die notwendige Coolness und muss weiter hart an sich arbeiten.

Philipp Oswald hat das Jahr auf Future-Ebene stark begonnen, zuletzt war aber auch bei ihm etwas der Wurm drinnen. Woran liegt es, dass „Ossi“ den Durchbruch bis jetzt noch nicht geschafft hat?

Oswald hat über den Winter sehr hart an sich gearbeitet – sowohl im körperlichen als auch im mentalen Bereich. Beim ersten Future der Saison hat sich das mit dem Finaleinzug auch gezeigt. In der zweiten Woche in Stuttgart hat er erfahren, dass er auf La Reunion im Hauptbewerb steht und war von diesem Zeitpunkt nicht mehr richtig fokussiert. „Ossi“ ist in vielen Situationen zu sensibel, zu leicht ablenkbar. Er macht sich über zu viele Sachen abseits des Platzes Gedanken – da muss er noch stabiler werden.

Wie kann er stabiler werden?

Bis jetzt haben „Ossi“ und ich gemeinsam das Mentaltraining gemacht. In Zukunft werden wir mit einem Mentaltrainer zusammenarbeiten. Für mich als Trainer war aber am wichtigsten zu sehen, dass er nach der letzten Saison begriffen hat, dass er professioneller sein muss. Nicht für den Trainer, sondern für sich und seinen Erfolg.

Das Gespräch führte Bernt Baumgartner

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11.02.2011, 14:23 Uhr