Vorhand mit Köpfchen: Wie man Technik und Fokus in Einklang bringt

Der Kopf spielt im Tennis immer mit die größte Rolle. Der Tennis-Insider Marco Kühn weiß das natürlich auch - und blickt hete ganz besonders auf einen bestimmten Schlag: die Vorhand.

von Jens Huiber
zuletzt bearbeitet: 11.12.2025, 16:01 Uhr

Bei Jannik Sinner stimmt natürlich Technik und Timing und überhaupt alles
© Getty Images
Bei Jannik Sinner stimmt natürlich Technik und Timing und überhaupt alles

Kam der Ball auf die Vorhand, war der Ballwechsel vorbei.

Er nahm die Murmel im Aufsteigen, fixierte sie mit seinem Blick und konnte selbst langsame Bälle aus dem Nichts beschleunigen.

Seine Schleife bei der Vorhand war das Markenzeichen seiner Ausholbewegung. Sie war eine Drohung für den Gegner.

Kam die Schleife, kam meist ein Winner aus der Bespannung.

Fernando Gonzalez spielte die schnellste Vorhand, die man gesehen hatte. Er konnte aber nicht nur schnell Vorhand spielen. Er konnte sie kurz-cross spielen, mit viel Topspin an die Seitenlinien setzen und per Treibschlag den Gegner aus dem Feld ziehen.

Wirst du als Vereinsspieler eine Gonzalez-Vorhand spielen? Wird schwierig. 
  
Aber kannst du deine Vorhand verbessern, ohne dafür deine Technik umstellen zu müssen? Kannst du in den nächsten Tagen eine spürbar bessere Vorhand spielen, indem du deine Konzentration auf den Schlag optimierst?

Ich schlage vor:

Lass uns das herausfinden. Hast du Lust? 

Warum bei der Vorhand nicht nur die Technik entscheidend ist
 

Wir beide kennen sie.

Eventuell bist du sogar einer. 

Trainingsweltmeister sind Spieler, die im Training eine Vorhand ohne nachzudenken die Linie entlang spielen. Wie am Schnürchen gezogen. Im Meden- und LK-Match aber, da sieht man von dieser grandiosen Vorhand nicht viel. Unter Wettkapmpfstress wird die fulminante Vorhand zu einer ängstlich geschubsten Vorhand.

Manche Spieler spielen sogar Vorhand-Slice. Aus Angst.

Lass uns kurz analysieren, woran das liegt.

Verlernt der Trainingsweltmeister all sein technisches Know-How im Match? Ist er ein anderer Spieler? 

Nicht ganz. Er kann seine Vorhand immer noch spielen. Er hat in seinem Unterbewusstsein die korrekte Technik parat. Er kann all sein technisches Potenzial im Match aber nur zu maximal 70 % abrufen.

Woran kann das liegen?

Fehlendes Vertrauen.

Viele Vereinsspieler trauen ihren Fähigkeiten im Match nicht. Sie trauen sich nicht zu, reihenweise starke Vorhände zu spielen. Stattdessen versuchen sie, die Ballwechsel kurz zu halten. Sie wollen schnell auf den Punkt gehen oder Fehler vermeiden. Beide Strategien führen aber zu noch mehr Fehlern. 

Jupp, auch wenn du Fehler vermeiden willst, machst du mehr Fehler. Du neigst dann zur Rücklage bei der Vorhand. Du gehst nicht aktiv auf die Bälle zu. Du schwingst nicht locker durch. Beim Schubsen verlierst du die Kontrolle über deinen Schlag.

Das ist der Grund, warum du beim "Spiel auf Sicherheit" ebenfalls Fehler machst.

Du bist im Match kein anderer Mensch. Du hast all das Know-How im Kopf. Du kannst es nur nicht im Match-Wahnsinn bewusst einsetzen. Du traust dich nicht, das zu spielen, was du kannst.

Ist das ein Technikproblem? Auf keinen Fall.

Kann dir hier dein Kopf helfen? Auf jeden Fall. 

Wann spielt mehr der Kopf als die Technik deine Vorhand? 


Wenn du zu viel über das Ergebnis nachdenkst. Wenn du abgelenkt bist vom Gegner oder Zuschauern oder anderen äußeren Umständen. Wenn du dich in negativen Gedankenstrudeln verlierst.

Bei Jugendspielern erlebe ich das häufig.

Sie spielen hervorragend und führen mit 6:2 und 3:0. Dann beginnen sie, über den nächsten Gegner nachzudenken. Sie schauen auf den Nebenplatz und sehen weitere mögliche Gegner.

Zack, ab diesem Moment springt im Kopf ein Schalter um. Der Fokus wandert vom Match hin zu ganz anderen Dingen, die nichts mit dem Schlag oder dem nächsten Ballwechsel zu tun haben. 

Wie kannst du deinen Kopf bei der Vorhand einsetzen? 

Fixiere mit deinen Gedanken einen Punkt deiner Bewegung. 

Das gibt dir Raum für mentale Energie beim Schlag. Stell dir das wie ein überfülltes Bücherregal vor. Wenn du ein Regal voll mit Büchern hast, dann findest du nicht schnell genug das Buch, welches du suchst. Du hast nur Chaos vor dir, nichts ist nach Themen oder Schriftstellern sortiert. Ähnlich verhält es sich mit deinen Gedanken vor einer Vorhand. 

Hast du dein Bücherregal aber sauber sortiert und aufgeräumt, findest du schnell den Schinken, den du suchst. Denkst du beim Schlag nur an einen Ankerpunkt deiner Schlagbewegung, sorgst du für mentale Klarheit. Dein Kopf ist sortiert, du findest schneller den richtigen Gedanken für deinen nächsten Schlag. 

Welche Punkte kannst du mit deinen Gedanken fixieren? 

  
Den Ball. Das Stehenbleiben beim Schlag. Du kannst den Ausschwung oder das Ausholen fixieren. Entscheidend ist, dass du dich nicht auf zu viele Details konzentrierst. Konzentriere dich auf einen fixen Ankerpunkt und führe diesen so aufmerksam wie möglich aus.

Jupp, du sollst weniger denken und mehr spielen.

Klingt zu leicht, nicht wahr?! Wie willst du im Wahnsinn eines Matches weniger denken? Fixiere einzelne Gedankenpunkte. Wir können diese auch Ankerpunkte nennen.

Im Kopf eines Vereinsspielers sieht es im laufenden Ballwechsel so aus:

"Ui, der Ball kommt. Mist, ich muss noch Ausholen. Ach ja, Beinarbeit nicht vergessen. Mist, den Split-Step habe ich vergessen. Ähm, Mist, der Ball ist schon da. Und jetzt?".

Ganz schön verstrickt, diese Gedanken.

Nutzt du fixe Gedankenpunkte, sieht das so aus:

"Ball kommt. Ab dem Treffpunkt Ball mit dem Schläger führen!". Oder: "Mit dem Schlägerkopf unter den Ball kommen!". Oder: "Mit der vorderen Schulter auf den Ball zeigen!".

Viel aufgeräumter, viel einfacher, viel effektiver. Du hast kein Chaos vor deinem Schlag im Kopf. Du hast stattdessen nur ein simples Ziel für deinen Schlag. Dein Schwung wird lockerer und es fällt dir leichter, smooth durch den Ball zu gehen.  
  
Zu viel Nachdenken führt zu zögerlichen Bewegungen. Wer zögert, der verliert die Kontrolle über seinen Schlag. Dann geht der Flow in den Bewegungen flöten und dein Schlag fühlt sich nicht mehr natürlich an. 

Dein nächster Schritt 


Lass uns zusammenfassen, was du aus diesem Artikel mitnehmen kannst. Du kannst Technik und Konzentration bei deiner Vorhand in Einklang bringen. Hey, du wirst die Vorhand viel lockerer durchschwingen, wenn du diesen Einklang schaffst.

Zu viele Gedanken sorgen für ein Chaos in deinem Kopf. Dieses Chaos stört die Schlagbewegung bei deiner Vorhand. Deine Performance auf dem Platz ist ein Spiegel deiner Gedanken.

Hier ist eine Checkliste, um Technik und Konzentration in Einklang zu bringen:

1) Verstehe, wie Gedanken deine Schlagbewegung beeinflussen

2) Das Spiel auf Sicherheit führt dich nicht zu weniger Fehlern

3) Kreiere Fixpunkte, auf die du dich bei deiner Vorhand fokussieren willst. Halte diese Fixpunkte simpel und nimm stets nur einen Fixpunkt, auf den du dich konzentrieren willst

4) Dieses Fixpunkte können sein: Ausschwung ab Treffpunkt, Einsatz des Handgelenks, mit der vorderen Schulter auf den Ball zeigen

Werde ein Meister darin, im Ballwechsel so wenig wie möglich und so viel wie nötig zu denken.

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