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Wie man Fehler minimiert, ohne die Technik zu verändern

Wir alle wissen, dass wir beim Tennisspielen weniger Fehler machen sollten. Wie man das aber auch umsetzen kann, dafür hat der Tennis-Insider Marco Kühn eine vielversprechende Strategie.

von Marco Kühn
zuletzt bearbeitet: 25.11.2025, 20:58 Uhr

Jannik Sinner hat seine Fehlerquote deutlich herunter geschraubt
© Getty Images
Jannik Sinner hat seine Fehlerquote deutlich herunter geschraubt

Leicht sarkastisch und egozentrisch sitzt er fest. Aus einer Zeitschleife kommt Phil Connors nicht mehr heraus. Du hast dich nicht verlesen. Es geht gerade nicht um Jimmy Connors. 

Phil Connors wird in dem Film "Und täglich grüßt das Murmeltier" von Bill Murray gespielt. Der Streifen aus dem Jahr 1993 handelt von einem Wetteransager, der jeden Tag exakt dasselbe erlebt.

Beim Tennis läuft es ähnlich. Die meisten Ballwechsel im Profitennis sind zwischen 3-5 Schlägen lang. Im Hobbyspieler-Bereich verlaufen viele Ballwechsel identisch. Die meisten Punkte werden durch Fehler vor dem vierten Schlag entschieden.

Eine niedrigere Fehlerquote kann schnell zu einem besseren Tennis führen. Das Problem? Viele Spieler wissen nicht, wie sie ihre Fehlerquote nach unten schrauben können.

Ich hatte als Jugendranglistenspieler das Glück, bei vielen starken Trainern gelernt haben zu dürfen. Einer dieser Trainer, sein Name war Philipp, erklärte mir das Konzept des schnellen Balles. Dieses Konzept ist so einfach wie von einer Couch zu fallen: Du kannst nur so schnell spielen, wie du dich auch bewegen kannst. 

Wenn wir uns Ballwechsel im Hobbyspieler-Bereich anschauen, dann fällt eine Sache auf. Viele Spieler versuchen von Schlag zu Schlag schneller zu spielen. Sie wollen den frühen Punkt mit der Tennis-Brechstange erzwingen. Aggressives Tennis macht mehr Spaß als das Mondballspieler-Gedöns. Doch schaffen es viele dieser Spieler nicht, das Tempo ihrer Schläge besser zu dosieren. 

Wir besprechen jetzt in Ruhe das Konzept des schnellen Balles. Damit du in Zukunft weniger Fehler machst, ohne dafür deine Technik zu verändern. 

Was ist der "Trick" hinter dem Konzept des schnellen Balles? 


Philipp erklärte mir das Konzept, als wir uns einspielten. Ich war 14 Jahre jung. Philipp Mitte 20. Er spielte zu der Zeit in der Verbandsliga. Er begann, das Tempo in den Rallys zu erhöhen. Ich wollte das Tempo mitgehen. Er spielte daraufhin noch schneller. Ich wollte - jugendlicher Leichtsinn - das Tempo mitgehen. Nach drei, vier Schlägen kam ich nicht mehr hinter den Ball. Ich war zu spät dran. Meine Bewegungen waren nicht mehr im Flow, um den Ball pünktlich vor dem Körper zu treffen.

Philipp grinste, schüttelte den Kopf und erklärte mir dann (aus dem Kopf zitiert, ich kann mich nach 30 Jahren nicht exakt an seinen Wortlaut erinnern):

" … Marco, das wird so nichts. Ich spiele zu schnell, du kannst mein Tempo nicht mitgehen. Du wirst den Fehler schneller machen als ich. Du hast jetzt die Aufgabe, meine schnellen Bälle langsamer, kontrolliert und mit guter Länge zurückzuspielen. Du kannst beim Tennis viel versuchen. Aber: Du kannst nur so schnell spielen, wie du dich auch bewegen kannst …".

Das ist der "Trick" hinter diesem fantastischen Konzept. 

Warum steigt deine Fehlerquote mit der Dauer eines Matches? 


Die meisten Punkte verlaufen kurz. Das wissen wir bereits. Auf einem ordentlichen Spielniveau sind die Schläge der Spieler schneller. Spielst du in diesen Ballwechseln schneller als du dich bewegen kannst, meldet sich dein Körper. Das kann man nicht vermeiden. 

Konditionelle Probleme wirken sich auf deine Konzentration, dein Timing beim Schlag und deine emotionale Gelassenheit, falls in einem Tennismatch vorhanden, aus. All das nicht gerade positiv, wie du dir sicher denken kannst.

Die höchste körperliche Belastung entsteht durch viele kurze, intensive Ballwechsel. Das ist einer der Gründe, warum die meisten Spieler gegen Jannik Sinner oder Carlos Alcaraz häufig mit 5:7 und 1:6 verlieren. Im ersten Satz können sie das unmenschliche Tempo noch mitgehen. Im zweiten Satz ist dann aber die Luft raus. Der Glaube ist verloren gegangen und der Körper kommt in den Ballwechseln nicht mehr hinterher. 

Je mehr kurze Ballwechsel du mit hohem Tempo spielst, desto kräftezehrender wird das Match für dich. Auf Dauer wird es dir schwerer fallen, dich gut zu den Bällen zu bewegen. Oft fällt einem Spieler das gar nicht auf. Er hadert dann mit sich. Dann sucht er bei der Rücklage oder der zu früh geöffneten Schlägerfläche nach der Ursache des Fehlers. Aber wenn du dich nicht mehr perfekt zu deinen Schlägen bewegen kannst, dann liegt die Ursache meist in dem Konzept des schnellen Balles. Du spielst schneller, als du dich bewegen kannst. 


Wie kannst du das Konzept des schnellen Balles im Match umsetzen? 


Nichts spricht dagegen, schnell zu spielen. Der Zeitpunkt ist entscheidend. Schnell zu spielen, weil es der Gegner tut, führt dich nicht zu deinem besten Tennis. Eher zu mehr Fehlern. Dann reagierst du nur auf das, was der Gegner tut. Smarter ist es, die schnellen Bälle des Gegner langsamer zurückzuspielen. Ergibt sich dann im Verlauf des Ballwechsels die Chance für dich anzugreifen, kannst du selbstverständlich schnell spielen.

Jetzt müssen wir aber schauen, wie du die schnellen Bälle des Gegners langsamer zurückspielen kannst. Das ist nicht so einfach, wie ich es hier in die Tastatur kloppe. Verlagere dein Körpergewicht nach unten. Gehe in die Knie. Gib dir eine bessere Perspektive im Ballwechsel. Schnelle Bälle sind gleichzeitig flache Bälle. Setze dir als Ziel beim Schlag, sauber mit deiner Schlägerfläche unter den Ball zu kommen. Nutze dein Handgelenk und gib dem Ball mehr Spin mit. Einen schnellen Ball langsamer und ohne Spin zurückzuspielen, ist wie ein Frühstück ohne Nutella. Das kann man machen, ist aber nicht schön.

Du bekommst viel mehr Kontrolle über den schnellen Ball, wenn du mit Spin agierst. Auch ein Slice mit deiner Rückhand ist eine Option. Doch wohin kannst du deinen Schlag dann platzieren? Ist dein Gegner ein lupenreiner Hardhitter, kannst du deine langsameren Schläge mittiger und länger spielen. Für deinen gegenüber ist es stets schwieriger, einen langsamen Ball schnell zu machen, als einen schnellen Ball noch schneller. Du kannst mit dieser Taktik deinen Gegner zu Fehlern verführen und gleichzeitig deine eigene Fehlerquote minimieren. 


Schickt dich der Gegner quer über den Platz, wenn du langsamer spielst? 


Das liegt an der Qualität deiner langsamer, sicher und kontrollierter gespielten Schläge. Ein Ei aufs T-Feld ist eine Einladung mit Schleife. Aber wie sieht die Ballwechsel-Dynamik aus, wenn du mit viel Spin, guter Länge und hoher Konstanz spielst? Dann kann das deinen Gegner massiv unter Zugzwang setzen. Du zwingst ihn dann dazu, noch schneller oder noch näher an die Seitenlinien zu spielen. Du kannst problemlos das Tempo rausnehmen und dich in die "Counterpuncher"-Position bringen. Entscheidend dafür ist die Qualität deiner Schläge. Achte dabei also auf:

1) eine starke Länge

2) Mehr Spin

3) hohe Konstanz in deinem Spiel

Fazit

Du kannst mit dem Konzept des schnellen Bales deine Fehlerquote minimieren, ohne deine technische Ausführung verändern zu müssen. Die meisten Fehler im Hobbyspieler-Bereich entstehen, wenn du zu früh, zu schnell, zu nah an die Linien spielen willst. Ein schneller Ball des Gegners "verführt" zu einem noch schnelleren Schlag.

Leider geht dir bei einer solchen Spielweise schneller die Puste aus. Kurze, intensive Ballwechsel sind anstrengender als lange Mondball-Duelle. 


Dein nächster Schritt 


Starte klein. Erkenne zunächst Ballwechsel, in denen du von Schlag zu Schlag immer schneller gespielt hast. Dabei wird dir vermutlich der Fehler unterlaufen. Probiere dich dann daran, im nächsten Ballwechsel dein Körpergewicht weiter nach unten zu verlagern. Nutze dein Handgelenk mehr und gib dem Ball mehr Topspin und mehr Höhe mit. Übe dich darin, schnelle Bälle des Gegners mit weniger Tempo, dafür aber mit mehr Spin und Kontrolle, zu kontern.

Mehr Tennis-Know-How für deinen Kopf findest im Leitfaden "Mental stark durchs Match" auf https://www.tennis-insider.de/mental-report

von Marco Kühn

Mittwoch
26.11.2025, 08:02 Uhr
zuletzt bearbeitet: 25.11.2025, 20:58 Uhr