Ein zauberhafter Neubeginn – Sabine Lisicki wie in besseren Zeiten
Kein Ort, kein anderer Schauplatz als Wimbledon eignet sich für Sabine Lisicki besser für einen Neustart.
von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet:
27.06.2016, 12:18 Uhr

Es war eigentlich wie in den besten Zeiten: Die Asse und Gewinnschläge knallten serienweise ins gegnerische Feld, die Fans jubelten über schnörkelloses Bum-Bum-Tennis, undSabine Lisickilächelte mit der Sonne über dem All England Club um die Wette. Wimbledon und Lisicki – selbst in der schärfsten Krise ihrer Karriere scheint das Turnier der Turniere besondere Kräfte und Emotionen bei Lisicki freizusetzen, beim beinahe makellosen 6:1, 6:3-Auftaktsieg über die US-AmerikanerinShelby Rogersspielte die Berlinerin endlich wieder mit Mut, Mumm und Courage. Und mit einem Selbstvertrauen, das aus vergangenen Glanzauftritten auf den grünen Spielfeldern herrührt: „Dieser Ort ist magisch für mich. Er holt immer das Beste aus mir heraus“, sagte Lisicki. Mehr Gegenwehr als bei der unproblematischen Startaufgabe wird die 2013er Finalistin allerdings schon in der nächsten Runde erwarten, gegen die AustralierinSamantha Stosur.Zwar liegt Lisicki im direkten Vergleich mit der früheren US Open-Siegerin mit 2:5 im roten Bereich, aber bei jenem famosen Siegeslauf vor drei Jahren schlug sie auch Stosur in der dritten Runde aus dem Rennen.
Lisicki, damals das „Mädchen mit dem bezaubernden Lächeln“ (The Times) und großer Publikumsliebling der Briten, verfolgt im Wimbledon des Jahres 2016 zunächst eine bescheidenere Mission: Nach den Horrormonaten mit Verletzungen, privaten Enttäuschungen und sportlichem Absturz bis auf Platz 81 der Weltrangliste geht es für die Blondine zuallererst darum, den freien Fall aufzuhalten und wieder neue Zuversicht am Arbeitsplatz zu finden. „Ich will hier gut spielen, ein gutes Ergebnis mitnehmen. Aber ich muss auch bescheiden sein“, sagt Lisicki, „ich darf mir jetzt keinen unnötigen Druck machen.“ Möglich, dass Lisicki sehr klammheimlich an ein kleines Wimbledon-Wunder glaubt, an einen Vorstoß bis tief in die zweite Wettbewerbswoche, aber sie verbietet sich neuerdings eisern, darüber zu reden. Stattdessen ist zu hören: Neuer Realismus, neue Nüchternheit, neuer Pragmatismus: „Ich bin froh über jede Runde, die ich hier gewinne“, sagt die ehemals so kesse Nationalspielerin, „ich weiß, wo ich stehe.“
„Zurück zum ganz einfachen Leben“
Kein Ort, kein anderer Schauplatz als Wimbledon eignet sich indes besser für einen Neustart, für den Beginn einer anderen Karriere nach den turbulenten Achterbahnfahrten der Vergangenheit. „Nach Wimbledon bringt Sabine etwas mit, was ihr anderswo zuletzt immer gefehlt hat: Selbstvertrauen. Das Wissen, dass sie hier gut und erfolgreich Matches bestreiten kann“, sagt Bundestrainerin Barbara Rittner. Lisicki hat für den Neubeginn auch einen neuen Partner an ihrer Seite: Den 39-jährigen Salvador Navarro, einen ehemaligen Profi, der sich als Trainer erste Meriten im Zusammenspiel mit der letztjährigen US-Open-Siegerin Flavia Pennetta verdiente. „Er ist total locker, für jeden Spaß zu haben. Aber auch einer, der viel verlangt“, sagt Lisicki.
Die letzten beiden Wochen hatte sich Lisicki komplett aus der Welt ausgeklinkt und sich in Spanien nur noch auf die Vorbereitung für Wimbledon konzentriert. Schlafen, Training auf dem Platz, Kraftraum, Massagen, Schlafen – und dann alles wieder von vorn. „Zurück zum ganz einfachen Leben“ sei die Devise gewesen, sagt Lisicki, „ich hatte kein Internet. Es gab kein Facebook, kein Twitter, gar nichts.“ Denn genau da, in der virtuellen Parallelwelt, hatte sie in den vergangenen Monaten auch zu viele unschöne Behauptungen, Gerüchte und Spekulationen vernehmen können, „das war schon böse manchmal, echt schlimm“. Aber In Wimbledon ist das jetzt alles weit, sehr weit weg. An einem Ort, an dem Lisickis Neuanfang vielleicht noch mancher Zauber innewohnen könnte.
Hier die Damen-Ergebnisse aus Wimbledon.