Anna-Lena Friedsam – ein starkes Stück Zukunft im deutschen Damentennis

Anna-Lena Friedsam hat beim WTA-Turnier in Linz in eindrucksvoller Manier das Viertelfinale erreicht.

von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 09.10.2014, 16:35 Uhr

Von Jörg Allmeroth

Bei ihrem Ausflug nach Oberösterreich hat Barbara Rittner in den letzten Tagen so einiges zu sehen bekommen. Am Rande des Centre Courts erlebte die Bundestrainerin mit,wie Andrea Petkovic sich gleich in ihrem Auftaktspiel bei den Generali Ladies Linz gegen die grazile Italienerin Camilla Giorgi tränenreich und wutentbrannt verabschiedete, nicht ohne vorher noch ein Schlaggerät zertrümmert zu haben. Es war eine ebenso unerfreuliche Erfahrung wie das Beobachten des Auftaktscheiterns der BerlinerinSabine Lisicki, die bei ihrem Last-Minute-Start den alles entscheidenden Tiebreak im dritten Satz gegen die SüdtirolerinKarin Knappzu hoch mit 1:7 verlor.

Doch Rittner konnte in der Stahlstadt an der Donau auch einen Blick auf die Zukunft des deutschen Damentennis werfen, den Blick nach vorn in eine Ära, in der ihre jetzigen Leistungsträgerinnen nicht mehr über die Centre Courts flitzen werden. Mit großem Vergnügen nämlich betrachtete die Leverkusenerin den Gesamtauftritt der 20-jährigen Anna-Lena Friedsam aus dem Porsche Talentteam Deutschland, die sich erst in drei harten Qualifikationsrunden für das gut besetzte Hauptfeld qualifizierte und dann zum eigentlichen Turnierstart mit dem Drei-Satz-Coup gegen die Weltranglisten-ZwölfteDominika Cibulkovasofort für gebührend Aufsehen sorgte – auch international.

Lieber Tennis als Fußball

Als Rittner am Donnerstag auf der Heimreise in Richtung Deutschland war, legte die junge Oberdürenbacherin (bei Andernach) gleich noch einmal nach und schaffte mit dem glatten 6:0,-6:4-Sieg über die SlowakinJana Cepelovaihren ersten Viertelfinaleinzug bei einem wichtigen WTA-Wettbewerb. „Ich bin schon ein bisschen stolz auf mich“, sagte die Nachwuchsspielerin noch auf dem Centre Court strahlend, „aber das Turnier ist noch nicht vorbei für mich. Ich will noch ein bisschen länger in Linz bleiben.“ Nächste Gegnerin der Rheinländerin istStefanie Vögeleaus der Schweiz. In jedem Fall wird Friedsam dank des couragierten Gastspiels noch ein gutes Stückchen weiter in der Tour-Hitparade vorrücken, aufwärts von ihrem bisherigen Platz 94.

An ehrgeizigen Zielen ist kein Mangel bei der ambitionierten Nachwuchskraft aus dem Porsche-Talentschuppen. So energisch sie sich zuletzt an ihren Einsatzorten rund um die Welt präsentierte, so treffsicher und umstandslos formulierte die 20-Jährige auch ihre Pläne und gewünschten Perspektiven im Welttennis. „Ich will ganz vorne mitspielen, zu den Besten gehören und natürlich große Titel gewinnen“, sagt Friedsam, die früher auch einmal erfolgreich Fußball spielte, bevor sie auf sanften Druck der Eltern doch alle Sinne auf die Tenniskarriere richtete. Allerdings legte die aufgeweckte Youngsterin neben den Centre-Court-Aktivitäten auch noch via Fernstudium ein glänzendes Einser-Abitur ab, das druckreife Formulieren in den Interviews kommt also nicht von ganz ungefähr.

Rittner hocherfreut von Friedsams Werdegang

Viel zu verdanken hat Friedsam auch ihrem hellen Trainer-Kopf Bijan Wardjawand, der beim Karriere-Aufbau viel Wert auf Flexibilität und auch Eigenverantwortung legt. „Es ist gut, dass sich Anna auch selbst intensiv mit den Trainingsinhalten beschäftigt, also Kondition, Technikfragen oder Matchführung“, sagt der Coach, der lange Jahre zu den Spitzenspielern im TV Rheinland gehörte und dort nun als Verbandscoach wirkt. „Anna-Lenas Entwicklung ist absolut erfreulich“, sagte Fed-Cup-Chefin Rittner am Rande der Generali Ladies Linz, „die Fortschritte sind ganz deutlich zu sehen. Sie ist auf einem richtig guten Weg.“

Überzeugend aufgespielt hatte Friedsam jüngst auch schon im chinesischen Suzhou, bei einem Turnier der kleineren 125.000-Dollar-Serie der WTA, das sie schließlich souverän mit einem 6:1, 6:3 gegen die Chinesin Ying-Ying Duan für sich entschied. Enormen Widerstand leistete Friedsam im Frühjahr auch beim Nürnberger Versicherungscup, bei dem sie in der zweiten Runde der deutschen FrontfrauAngelique Kerberalles abverlangte und sich erst nach hartem Kampf 2:6 und 6:7 (0) geschlagen gab. Dort, wo Kerber steht im Tennis, will Friedsam mittelfristig auch hin, und zwar nicht nur in der Weltrangliste: „Ich will unbedingt für das deutsche Fed-Cup-Team spielen. Aber es ist wahnsinnig schwer, das bei so vielen guten Spielerinnen zu schaffen.“ Aber auch keinesfalls unmöglich.

Hier die Ergebnisse aus Linz:Einzel,Doppel,Qualifikation.

Hier der Spielplan.

von tennisnet.com

Donnerstag
09.10.2014, 16:35 Uhr