Louisa Chirico – Senkrechtstarterin mit Vorliebe für Sand

Die 19-jährige US-Amerikanerin war die positive Überraschung der Mutua Madrid Open und will die Nummer eins der Welt werden.

von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 07.05.2016, 10:46 Uhr

MADRID, SPAIN - MAY 05: Louisa Chirico of USA in action against Daria Gavrilova of Australia during day six of the Mutua Madrid Open tennis tournament at the Caja Magica on May 05, 2016 in Madrid, Spain. (Photo by Julian Finney/Getty Images)

Louisa wer? Diese Frage schwirrte vermutlich vielen Tennisfans durch den Kopf, als sie die sensationelle Turnierwoche der attraktiven US-Lady verfolgten.Louisa Chiricodürfte ein Name sein, der bald jedem Beobachter der Szene geläufig ist – steht die 19-jährige Überraschungshalbfinalistin der Mutua Madrid Open doch erst am Anfang einer verheißungsvollen Karriere. Als Nummer 130 im WTA-Ranking spielte sich Chirico über die Qualifikation ins Hauptfeld undscheiterte erst im Semifinale an Dominika Cibulkova.Die Slowakin überrollte die Teenagerin dann zwar in nur 59 Minuten mit 6:1,6:1, was aber nur ein kleiner Schönheitsfehler in Chiricos Traumwoche bleibt. Die 1,75-Meter-Powerfrau aus den USA schaltete in der zweiten Runde immerhin die ehemalige Weltranglisten-ErsteAna Ivanovicaus. Insgesamt fünf Siege und ein Walkover(Victoria Azarenka musste wegen einer Rückenverletzung auf das Achtelfinal-Duell verzichten)katapultieren den Jungstar mehr als 50 Positionen im Ranking nach oben – kommende Woche wird Chirico erstmals unter den Top 80 stehen, höher als bis auf Platz 109 ging es vorher noch nicht hinaus.

Grund genug, sich auf die Spuren der jungen Senkrechtstarterin zu begeben. Ben Rothenberg nahm die Suche für die „New York Times“ auf und zeichnete Louisa Chiricos Weg nach. Im Alter von sieben Jahren kam die in Morristown im US-Bundesstaat New Jersey geborene US-Amerikanerin erstmals mit Tennis in Berührung. Ihre ersten Schritte machte die Tochter eines Bankers auf grünem Sand im Lake Isle Country Club in Eastchester. Dort lernte Chirico auf der Asche zu rutschen, was vielen Nordamerikanern schwer fällt, da diese meist auf Hartplätzen groß werden. Es waren jene Fähigkeiten und die Athletik, die sie sich beim Fußball und anderen Sportarten aneignete, welche Chirico einen Platz im Entwicklungsprogramm der United States Tennis Association (USTA) verschafften. Mit 13 Jahren begab sie sich unter die Fittiche vonJay Gooding, der das Talent im Billie Jean King National Tennis Center in Queens formte.

Mit „großem Motor“ an die Weltspitze

Der USTA-Trainer war beeindruckt von Chiricos physischen und mentalen Vorraussetzungen: „Sie war körperlich sehr stark und konnte sich hervorragend bewegen. Was mich besonders beeindruckte, war, dass sie keine Angst hatte Fehler zu machen. Ganz im Gegensatz zu den meisten anderen Junioren, die oft Mondbälle spielen und nur zurückschubsen.“ Aus diesen Grundlagen entwickelte das Duo einen Spielstil, der sich von vielen anderen Damen auf der Tour abhebt. „Mein Trainer sagt gerne, dass ich einen großen Motor habe“, schmunzelt Chirico. Deshalb ist ihr Tennis auf lange Ballwechsel und „heavy“ Topspin-Schläge ausgerichtet, anders als das schnelle, flache Spiel der Konkurrenz. Die Bedingungen in Madrid kamen ihr sehr entgegen. Meistens sprang der Ball so hoch ab, dass Chiricos Gegnerinnen die Filzkugel oberhalb der gewohnten Schlagzone beschleunigen mussten.

Für ihr Husarenstück in der spanischen Hauptstadt ließ die Sandplatzspezialistin sogar die Chance auf eine mögliche USTA-Wildcard für die French Open aus. Im vergangenen Jahr hatte sich Chirico diese noch bei kleineren Turnieren in den USA auf grüner Asche gesichert. Die Qualifikationsmühle in Roland Garros nimmt sie aber ohne Murren in Kauf, sind die Fernziele doch sowieso ganz andere. „Unser Ziel ist es, Grand-Slam-Turniere zu gewinnen, in die Top 10 aufzusteigen und die Nummer eins zu werden“, formuliert Gooding selbstbewusst. Dass sie bisher noch nicht im Fokus der Öffentlichkeit stand, stört Chirico wenig: „Ich fliege momentan noch etwas unter dem Radar, aber das ist kein Problem. Mit Hilfe von guten Resultaten werde ich auch mehr Aufmerksamkeit bekommen. Wichtig ist, dass ich meine Entwicklung weiter Schritt für Schritt vorantreibe.“ Nach ihrem Halbfinaleinzug in Madrid dürften Louisa Chirico bereits deutlich mehr Leute auf dem Zettel haben. Es scheint also nur eine Frage der Zeit zu sein, bis das Fragezeichen hinter ihrem Namen endgültig verblasst.

von tennisnet.com

Samstag
07.05.2016, 10:46 Uhr