Tatjana Maria mit Sensationscoup – „Kann mein Glück kaum fassen“

Tennis-Mutter Tatjana Maria feierte beim WTA-Turnier in Miami mit dem Erfolg gegen Eugenie Bouchard ihren größten Karrieresieg.

von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 29.03.2015, 10:29 Uhr

Von Jörg Allmeroth aus Miami

Am Freitagabend stand Tatjana Maria genau eine Minute und zehn Sekunden auf Platz 1 des Crandon Park Tennis Centers, ehe ein tropischer Sturm über Miami und Südflorida hereinbrach. Beim Stande von 30:15 für Maria gegen Wimbledonfinalistin Eugenie Bouchard traten alle im allerersten Spiel die Flucht vor den Elementen an: Spieler, Schiedsrichter, Journalisten und Fans. Beirren ließ sich die gebürtige Schwäbin aber nicht im geringsten durch die Wetterunbilden und die nervtötende Verzögerung, nicht bei ihrem größten Karrieresieg anderntags am Sonnabend, nicht bei einer der größten Sensationen dieser ganzen Saison: „Ich kann mein Glück gar nicht in Worte fassen“, sagte die 27-Jährigenach ihrer mitreißenden Vorstellung beim 6:0,-7:6 (4)-Erfolg gegen die hochgehandelte Kanadierin, die in der Serie 2014 noch die große Aufsteigerin unter allen nach vorne rückenden Spielerinnen gewesen war. Nach geglückter Qualifikation und Siegen gegen die ItalienerinRoberta Vinciund Top-Ten-Frau Bouchard geht es für Maria nun gegen das Schweizer WunderkindBelinda Bencic.

Marias Erfolg ist umso bemerkenswerter,da sie zu den wenigen Müttern gehört, die auf der WTA-Tour ihr Glück versuchen und den schwierigen Spagat zwischen Familie und Beruf schaffen müssen. „Es ist schon eine Herausforderung, ein Abenteuer manchmal, aber wenn man will, gelingt es auch“, sagt Maria, die unter ihrem Mädchennamen Malek schon einmal zu den besten deutschen Professionals auf der Tour gehörte, bis das Schicksal sie heftig beutelte und die Karriere fast beendete. „Das Jahr 2008, es war bitter, niederschmetternd“, erinnert sich die Bad Saulgauerin, die mit ihrem Mann und Trainer Christoph inzwischen in Palm Beach (Florida) lebt. Mitten aus der Tennislaufbahn gerissen wurde die elegante Technikerin erst durch eine Lungenembolie, nach der sie tagelang zwischen Leben und Tod schwebte. Kaum war die schwere Krankheit überwunden, starb Marias Vater Heinrich, ein früherer polnischer National-Handballer, an einer Krebserkrankung. „Es war eine dunkle Zeit, eine schreckliche Zeit“, sagt Maria, „es hat lange gebraucht, das alles zu überwinden.“

Top 100 sicher, und noch viel mehr?

Im Hier und Jetzt genießt die gereifte Berufsspielerin allerdings ein Comeback, das mit jeder Woche auf der Tour mehr Fahrt aufnimmt. 15 Monate nach der Geburt von Töchterchen Charlotte wird die Wahl-Amerikanerin nach dem Topturnier in Miami in jedem Fall wieder unter den Top 100 der Weltrangliste geführt – und da sie in den kommenden Monaten kaum Punkte zu verteidigen hat, ist auch ein Sprung unter die Top 50 keinesfalls ausgeschlossen. „Ich freue mich riesig über Tatjanas Erfolge“, sagt Bundestrainerin Barbara Rittner. Überrascht ist die Chefin des Fed-Cup-Teams indes keinesfalls: „In jungen Jahren war Tatjana die talentierteste aller Spielerinnen. Viele haben geglaubt, dass sie die größte Karriere vor sich haben würde.“

Rittner erinnert sich noch dankbar daran, wie Maria, damals Malek, im Jahr 2007 in einem Länderspiel gegen Japan alle drei Punkte für das deutsche Team holte, zwei im Einzel, einen im Doppel an der Seite von Anna-Lena Grönefeld. Wäre nun, nach all den Widrigkeiten und Rückschlägen, eine Rückkehr ins Nationalteam möglich? Maria denkt nicht daran, noch nicht, denn zunächst mal geht es ums eigene Vorankommen im Touralltag, ums Geldverdienen bei all der aufwändigen Herumreiserei: „Deutschland hat so viele gute Spielerinnen, da bin ich noch weit entfernt von einer Nominierung.“

Die Williams-Schwestern als Helferinnen

Wenn die Familie auf Reisen geht, Ehemann und Trainer Christoph und Tennismutter Tatjana, wird Tochter Charlotte von einem Teil der Großeltern gehütet. Dass sie wieder so gut und erfolgreich Tennis spielt, führt die 27-Jährige auf die familiäre Harmonie und die „private Zufriedenheit“ zurück: „Ich gehe immer mit Rückenwind auf den Platz.“ Miami, eins der größten Turniere neben den Grand Slams, ist sowieso wie ein Heimspiel für die amerikanische Deutsche, viele Freunde und Bekannte und Verwandte sind mit von der Partie in Key Biscayne, der Millionärsinsel vor den Toren der Millionenmetropole. In Palm Beach, der Heimat der Familie, hatte Maria rasch nach der Geburt der Tochter energisch ihre Rückkehr vorbereitet - auf dem hauseigenen Tenniscourt wohlgemerkt, zu jeder nur denkbaren Tageszeit.

Die prominente Nachbarschaft zeigte auch reges Interesse am großen Tennis-Experiment der Familie Maria. Um die Ecke wohnen nämlich die Schwestern Serena und Venus Williams, und die schmissen sogar eine Party zur Geburt von Charlotte Maria. „Sie helfen auch sonst, wo es nur geht“, sagt die Schwäbin, „wir sind richtig gut befreundet mit ihnen.“

Hier die Ergebnisse aus Miami:Einzel,Doppel,Qualifikation.

Hier der Spielplan.

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Sonntag
29.03.2015, 10:29 Uhr