„Genie“ Bouchard will's machen wie Andre Agassi
Die Kanadierin möchte 2017 wieder angreifen - und ihren Plan B erst nach der Tenniskarriere umsetzen.
von Florian Goosmann
zuletzt bearbeitet:
26.11.2016, 00:00 Uhr

Sie war neben Simona Halep die Senkrechtstarterin im Jahr 2014, mit Halbfinals bei den Australian Open, in Roland Garros und dem Endspiel-Einzug in Wimbledon. Im Oktober 2014 stand Eugenie Bouchard auf Rang fünf der Welt - als der Einbruch kam. 2015 verlief nach einem verheißungsvollen Start mit dem Melbourne-Viertelfinale, gemessen am Jahr zuvor, katastrophal (mit einer Bilanz von nur 3 Siegen bei 15 Niederlagen zwischen März und August). Und als "Genie" gerade wieder in die Spur zu kommen schien, zog sie sich bei den US Open eine Gehirnerschütterung zu.
Druck, Erwartungen und Beklemmungen
Was schief lief - und wie es besser werden soll? Bouchard hat sich dieser Tage im Podcast der "Sports Illustrated" im Gespräch mit Jamie Lisanti dazu geäußert. "Ich hatte ein hervorragendes 2014, und das Jahr danach war voller Druck und Erwartungen, voller Beklemmungsgefühle. Ich habe einfach versucht dem zu entsprechen, was jeder um mich herum erwartete", so Bouchard.
Ein Prozess des Lernens folgte, den sie schließlich gemeistert habe. "Ich habe gelernt, mich davon zu distanzieren, mir negative Presse nicht persönlich zu nehmen und nur auf meinen inneren Kreis, mein kleines Team zu hören. Das sind die Stimmen, die mir wichtig sind und die mich in der Spur halten."
Wieder nach oben - wie Wozniacki und Agassi
Auch wenn 2016 besser, aber gemessen an ihren eigenen Erwartungen nicht berauschend lief (Bouchard steht aktuell auf Rang 46 der Welt), glaubt die Kanadierin weiterhin daran, es wieder nach ganz vorne schaffen zu können. Wie schnell es gehen kann, hat Caroline Wozniacki in diesem Jahr gezeigt, die nach vielen Verletzungen bis auf 74 vor den US Open abgerutscht war, sich dank eines starken Herbsts jedoch wieder unter die Top 20 gespielt hat. "Solche Dinge passieren den Besten von uns. Andre Agassi ist weit aus den Top 100 geflogen und hat es zurück zur Nummer eins der Welt geschafft. Das zeigt, dass alles möglich ist", macht sich Bouchard große Hoffnungen.
"Es beweist auch, dass Spieler, die in ihrem Metier die besten waren, die es weit nach oben gebracht haben - was ich getan habe, ich war Nummer fünf der Welt -, das zeigt, dass man es in sich hat. Du musst den richtigen Plan finden, die richtige Strategie, das richtige Team um dich. Aber du verlierst dein Talent nicht. Das motiviert mich weiter, das gibt mir das Selbstvertrauen, dass ich zurückkommen kann."
Zu sehr zurückschauen will "Genie" aber nicht, auch wenn sie natürlich gerne an die großen Ergebnisse aus 2014 denkt. "Manchmal tue ich das. Dann sage ich mir aber auch: Okay, das ist die Vergangenheit, das ist vorbei. Die Ergebnisse, die du da hattest, waren großartig, die werden immer stehen. Aber es ist auch an der Zeit, sich auf heute zu konzentrieren und darüber hinwegzukommen. Zu versuchen, im Moment zu leben und jetzt das Beste zu tun."
Tennis oder backen
Einen Plan B habe es für sie ohnehin nie gegeben. Ein College-Leben, wie ihre Geschwister, habe sie nie geplant - auch wenn sie etwas neidisch hinüberblickt (und ihre Geschwister wiederum "Genies" Leben cool finden). "Das war nie eine Möglichkeit für mich. Ich hatte mir immer so fest vorgenommen, eine professionelle Tennisspielerin zu werden. Seit ich neun Jahre alt war. Ich hatte nie einen Plan B. Und ich hoffe, dass ich meinen Plan A erfülle." Einen kleinen Plan B gibt es allerdings doch, wie Bouchard zugab: "Ich mache immer Witze darüber, dass ich mal meine eigene Bäckerei eröffne. Weil ich nicht kochen kann, die einzige Sache, die ich kann, ist backen."
Läuft es nach ihren Fans, kann die "Bäckerei Bouchard" noch einige Jahre warten. Besonders die "Genie Army", ihre australische Fangruppe, wird ab Januar wieder alles daran setzen, ihren Liebling auf dem Tennisplatz siegen zu sehen. In Brisbane, in Sydney und natürlich bei den Australian Open in Melbourne.