"Zeit für Veränderung": Wie Trainer und Spieler die Corona-Pause nutzen können

Kein Profitennis in Sicht und damit kaum ein "echtes" Ziel, auf das Profispieler und Nachwuchsakteure hintrainieren können. Selbst Roger Federer verspürt aktuell nur wenig Lust, sich auf dem Trainingsplatz zu schinden - dabei kann man die Corona-Pause auch im positiven Sinne nutzen und sich als Tennisspieler verbessern. Ein Gastbeitrag von Sascha Nensel.

von Sascha Nensel
zuletzt bearbeitet: 24.05.2020, 16:29 Uhr

Sascha Nensel, Sumit Nagal
Sascha Nensel mit Schützling Sumit Nagal, aktuell die Nummer 1 in Indien

Noch nie gab es eine derartige Pause im professionellen Tennis oder im internationalen Jugendtennis. Aber so schlimm und unangenehm diese Zeit auch ist: Sie kann Positives bewirken. Denn der einzig realistische Zeitpunkt für größere technische Umstellungen ist diese turnierfreie Zeit, da die Spieler ohne Drucksituation (Turniere, Punkte verteidigen usw.) mit Zeit und in Ruhe arbeiten können. In der sonstigen "Mühle" ist das fast unmöglich, selbst in der Saisonvorbereitung fällt die Zeit für technische Veränderungen oft zu kurz aus.

Auch taktische Varianten in der vorhandenen Spielstruktur können jetzt eingearbeitet und gefestigt werden, ohne dass man schon wieder an die nächste Turnierwoche denken muss. Die jungen Spielerinnen und Spieler haben gerade in Sachen Griffstellung/-haltung häufig kleinere oder größere Einschränkungen. Durch die vielen Wettkämpfe sehen Coaches oft davon ab, eine Korrektur vorzunehmen. Zu groß wäre hier die Verunsicherung für den Spieler. Die letzten Wochen und die aktuelle Phase sollten dafür aber genutzt werden.

© Sascha Nensel

Warum nicht mal Serve-and-Volley?

Auch im professionellen Tennis können technisch fertige Spieler sehr gut an neuen Spielzügen arbeiten, um sich mehr taktische Möglichkeiten im Wettkampf zu erschaffen. So kann der Grundlinienspieler das Serve-and-Volley-Spiel entdecken, der typische Rückhand-Beidhänder plötzlich mit dem einhändigen Slice variieren. Oder der sonst passive Returnspieler auf einmal aggressiver und energischer agieren und wahlweise im Feld returnieren.

Ich glaube, dass gerade auf der Tour sich die Spielerinnen und Spieler untereinander nahezu perfekt kennen, die Spielzüge für den Gegner oft vorhersehbar sind. Die/Der eine oder andere könnte diese Zeit nun nutzen, um mit einem Überraschungsmoment zurück auf die Tour zu kommen. Und damit vielleicht die entscheidenden Nuancen finden, um einen Sprung nach vorne zu machen, wenn es wieder losgeht.

Zur Person: Sascha Nensel, 50, ist seit 18 Jahren auf der ATP- und WTA-Tour als Coach unterwegs. Er trainierte unter anderem Nicolas Kiefer, den er bis ins Halbfinale der Australian Open 2006 führte, außerdem Julia Görges, Andrea Petkovic, Petra Martic, Dusan Lajovic, Tobias Kamke und Sumit Nagal. Nensel ist Gesellschafter und Initiator der Nensel-Akademie in Peine (www.nensel-academy.com), die ihr Hauptaugenmerk auf eine langfristige sportliche Ausbildung von Jugendlichen sowie Training und Betreuung von Profispielern legt.

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von Sascha Nensel

Sonntag
24.05.2020, 16:05 Uhr
zuletzt bearbeitet: 24.05.2020, 16:29 Uhr