Coco Gauff: Zwei große Baustellen - und dennoch Weltspitze
Coco Gauff hat heute in Wuhan den elften Titel ihrer Karriere gewonnen. Trotz all der offensichtlichen Probleme in ihrem Spiel.
von Jens Huiber
zuletzt bearbeitet:
12.10.2025, 16:08 Uhr

Nach dem abschließenden Handschlag mit dem Stuhlschiedsrichter musste es dann halt einfach mal raus: Coco Gauff ging zurück auf Center Court in Wuhan und brüllte ihre Freude über das 6:4 und 7:5 gegen Jessica Pegula im Finale des letzten 1000er-Events des Jahres in die chinesische Nacht. Im Laufe des Turniers waren Emotionen eher rar gesät. Was auch die On-Court-Interviews mit einschloss, in denen die eigentlich sehr eloquente US-Amerikanerin eher kurz angebundene Antworten gab.
Nein, Gauff wirkte während der Turniertage in Wuhan stets konzentriert, aber auch sehr zurückhaltend und oft grübelnd. Was mit ihren großen spielerischen Baustellen zu tun haben könnte. Ganz oben auf der Liste steht da immer noch der Aufschlag, dessen Gefährlichkeit aktuell nur daher rührt, dass die jeweilige Gegnerin nicht weiß, ob und wie der Ball den Weg ins Feld findet. Die Live-Kommentatoren wollen zwar eine neue Flüssigkeit in der Service-Bewegung der immer noch erst 21-jährigen Gauff gesehen haben. Aber der nächste Doppelfehler ist nie weit.
Gauff bleibt Sabalenka erspart
Weiterhin nicht gelöst sind auch die Probleme auf der Vorhandseite. Wiewohl diese in Wuhan nicht so exponiert wurden, weil Gauff Gegnerinnen wie Aryna Sabalenka oder Amanda Anisimova erspart geblieben sind, die ihr mit viel Tempo in die Vorhand spielen. Gegen Pegula hatte Coco Gauff dagegen im Regelfall genügend Zeit, sich und ihren extremen Vorhandgriff zu justieren.
Warum schafft es Gauff dann dennoch, sich in der Weltspitze zu halten, jetzt schon zwei Titel bei Grand-Slam-Turnieren und drei Championships bei WTA-Tour-1000-Events auf der Habenseite zu haben?
Nun, da wäre zunächst einmal die unglaublich gute Fitness. Die kombiniert mit der Kampfkraft von Gauff eine Mauer bildet, durch die sich die Kontrahentinnen erst einmal durchspielen müssen. Gut zu sehen im allerletzten Spiel gegen Pegula bei jenem Ballwechsel, der Gauff den Matchball brachte: Da ließ Gauff Pegula einen Volley mehr spielen, den diese dann prompt ins Aus setzte.
Titelverteidigung in Riad nicht ausgeschlossen
Dazu kommt: Coco Gauff ist sich nicht zu schade, zwischendurch auch mal einen Vorhand-Slice einzustreuen. Als taktisches Mittel, nicht aus der spielerischen Not heraus. Keine schlechte Idee, nachdem es im Tenniszirkus ja immer schneller und härter zugeht.
Und da wäre dann noch die Rückhand. Ein Paradeschlag von Coco Gauff, den sie auch gerne aus der Mitte heraus spielt, wo andere Topprofis eher die Vorhand einsetzen würden. Und wenn diese Faktoren so gut zusammenspielen wie in Wuhan, dann ist der Gedanke an eine Titelverteidigung von Gauff bei den WTA Finals in Riad in wenigen Wochen gar nicht mal so abwegig.
Hier das Einzel-Tableau in Wuhan
