Legendäre Tennis-Trainer: Brad Gilbert - Mr. "Winning Ugly"

Im dritten Teil unserer Serie über die legendärsten Coaches im Tennis: Brad Gilbert, der Erfinder des "Winning Ugly".

von Florian Goosmann
zuletzt bearbeitet: 07.03.2023, 07:13 Uhr

Brad Gilbert
© Getty Images
Brad Gilbert

Die Trainerkarriere des Brad Gilbert begann mit einem gemütlichen Abendessen am Rande der Miami Open im Jahre 1994. Wobei, so gemütlich war's dann doch nicht: Andre Agassi hatte geladen, doch als Gilbert antrottet, gibt es Probleme: Gilbert will nicht draußen sitzen, trotz besten Wetters (er hat Angst vor "Manny Moskito"). Dann führt das Restaurant nicht mal sein Lieblingsbier ("Bud Ice"), das gleichzeitig das einzige ist, das er trinkt. Gilbert verlässt das Arrangement also wieder, holt sich persönlich einen Sixpack im Laden um die Ecke. Um anschließend dem Agassi-Manager noch eine kleine Nachhilfestunde zu geben, was die Bestellung einer Hähnchenkeule mit Mozzarella angeht./

Andre Agassi beschreibt diese Szene großartig in seiner Autobiografie, und nach dem Genuss der fünf Seiten fragt man sich dann doch, ob Gilbert entweder genial ist oder eher einen gepflegten Schuss an der Waffel hat. Oder beides.

Nachdem er seinen 15-minütigen Monolog über Agassis Mängel als Tennisspieler heruntergebetet hat, ist die Sache für Agassi klar: Gilbert soll der Mann werden, der seinen jüngeren Landsmann wieder in die Spur bringt. Und Gilbert, eigentlich selbst noch aktiv, sagt direkt zu.

Agassi und Brad Gilbert: Sechs gemeinsame Grand-Slam-Siege

Es beginnt eine der erfolgreichsten Partnerschaften im Profitennis: Gilbert bringt Agassi bei, dass man nicht immer perfekt spielen muss, um zu gewinnen. Sondern "nur" besser als der aktuelle Gegner.

Gilbert weiß das selbst nur zu genau: Er hatte es mit mittelprächtiger Technik, aber einem messerscharfen Verstand, selbst bis auf Platz 4 im ATP-Ranking gebracht und sich von einem vor Wut schäumenden John McEnroe das zweifelhafte Kompliment eingeholt, dass er (Gilbert) es nicht verdiene, mit ihm (McEnroe) auf einem Platz zu stehen. Später verarbeitete Gilbert unter anderem diese Episode in seinem Bestseller "Winning Ugly".

Agassi führt er erstmals zur Nummer 1 der Welt, insgesamt sechs seiner acht Grand-Slam-Titel holt der einstige Tennis-Rockstar unter "BG", wie Gilbert von allen genannt wird.

Gilbert macht auch Andy Roddick zur Nummer 1

Nach Agassi übernimmt Gilbert einen weiteren Landsmann, den jungen Andy Roddick, dem er zunächst den orangefarbenen Visor ausredet zugunsten einer schwarzen Basecap (wirkt gefährlicher), kurz später holen die beiden Roddicks ersten und einzigen Majorsieg (US Open 2003). Am Ende des Jahres wird Roddick die Nummer 1 der Welt. Ein späteres Engagement bei Andy Murray dauert indes nur kurz - angeblich habe Gilbert, der schon zu aktiven Zeiten dank seiner auch ungefragten Auskunftsfreude den Spitznamen "CNN" trug, zu viel gequasselt. Das tut Gilbert zur Freude der meisten Tennisfans seit Jahren hauptberuflich: auf ESPN als Experte oder als On-Court-Fragesteller bei den US Open.

Ach ja, einen großen Verdienst muss man Brad Gilbert ebenso zuschreiben: die Ehe zwischen Andre Agassi und Steffi Graf. Denn Gilbert hatte sich hier als Kuppler verdingt, eine erste gemeinsame Trainingseinheit mit Grafs damaligem Coach Heinz Günthardt eingefädelt. Der Rest ist Tennisgeschichte.

von Florian Goosmann

Dienstag
07.03.2023, 09:05 Uhr
zuletzt bearbeitet: 07.03.2023, 07:13 Uhr