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Naomi Osaka: "Es war eine Ehre, dieses Finale gegen Petra gespielt zu haben"

Naomi Osaka hat am Samtag ihren zweiten Grand-Slam-Titel gewonnen - und das diesmal ohne störende Kontroverse.

von Jörg Allmeroth
zuletzt bearbeitet: 26.01.2019, 13:51 Uhr

Naomi Osaka
© Getty Images
Melbourne-Siegerin und neue Nummer 1 der Welt: Naomi Osaka

Erst als schon alles gewonnen war an diesem aufregenden Abend, musste Naomi Osaka schließlich doch noch einmal kapitulieren in der Rod-Laver-Arena zu Melbourne. Ganz andere Lasten hatte sie gestemmt in der Finalnacht, sie hatte drei Matchbälle zeitig vergeben, beim Stande von 7:6, 5:3 und 40:0 gegen Petra Kvitova, sie war danach komplett eingebrochen, sie berappelte sich aber wieder energisch und holte sich doch noch den 7:6 (7:2), 5:7, 6:4-Sieg, den Australian Open-Titel, auch Platz 1 der Weltrangliste.

Aber mit der Gewinnertrophäe, dem Daphne-Akhurst-Pokal, war die 21-Jährige sichtlich überfordert, etwas verspannt hielt sie das gute, wuchtige Stück in den Händen, während sie die ersten Worte an die Kulisse richtete. Dann wurde es Osaka zuviel, sie wollte sich nicht stören lassen durch den gewichtigen Höchstpreis, stellte ihn entschlossen beiseite und sagte, wie befreit: „Es war eine Ehre, dieses Finale gegen Petra gespielt und gewonnen zu haben.“ Und: „Es ist ein unglaublicher, unwirklicher Moment für mich.“

Es war auch und besonders ein schöner öffentlicher Abschiedsmoment, ein Bild der Harmonie nach einem verbissenen, hochklassigen, jederzeit fairen Grand Slam-Kampf. Und damit so ganz anders als beim Premierensieg der jungen Japanerin, vor gut vier Monaten in New York – damals hatte die wild erzürnte Serena Williams mit ihrem theatralischen Gehabe und den zornigen Einlagen gegen Schiedsrichter und Offizielle den Debüterfolg Osakas überschattet.

Nun aber: Kein Chaos, keine Kontroverse, kein Unfrieden, sondern nur Respekt und Anerkennung einerseits für die tapfere Siegerin Osaka, die neue Ranglisten-Spitzenreiterin und wohl auch mitbestimmende Führungskraft in näherer und mittlerer Zukunft. 

Gegnerin Petra Kvitova enttäuscht - aber dennoch froh

Und Verbeugung auch für die zweite Gewinnerin Petra Kvitova, die unter allen Spielerinnen des Wanderzirkus das gegenwärtig beeindruckendste Comeback produziert hat – zwei Jahre und einen Monat nach dem Messerattentat eines Einbrechers daheim im tschechischen Prostejow konnte Kvitova stolz auf ihr Endspielmitwirken und das Vorrücken auf Platz 2 der Tennis-Hitparade sein. „Es ist zwar enttäuschend, dass ich verloren habe. Aber diese Finalteilnahme ist auch eine Genugtuung für mich.“

Es gab reichlich Drama in knapp zweieinhalb Stunden auf dem Hauptplatz der Australian Open, allerdings aus den richtigen, rein sportlichen Gründen. Wie sich Osaka durch die Aufs und Abs dieser spannungsgeladenen Partie kämpfte, durch manche Irrungen und Wirrungen auch, war mehr als beeindruckend. Eben noch kurz vor dem Sieg, dann kurz vor einem ungebremsten Absturz, zuguterletzt dann aber doch wieder in spielbestimmender Verfassung und Form – mental war das eine Herausforderung der besonderen Art, die sich mit dem fünften, endlich verwandelten Matchball in einem Happy-End auflöste.

Osaka im Stile einer Nummer 1

Da war dann eben auch vergessen, dass Osakas Titeltraum heftig zu zerplatzten drohte, als sie Ende des zweiten Satzes und zu Beginn des dritten Satzes den kühlen Kopf und ihre Contenance verlor. Zwischenzeitlich holte sie da einmal nur noch vier von 25 gespielten Punkten, verabschiedete sich vor dem dritten Akt – mit einem Handtuch über dem Kopf und den Tränen nahe – für eine Toilettenpause in die Katakomben.

Und dann verschwand die gefährliche Krise genau so jäh, wie sie gekommen war. Vom 0:1 im dritten Satz an schaltete Osaka wieder den Turbo in Betrieb, ging 3:1 in Führung, hielt den Vorsprung eisern. Sie hatte wieder zu sich selbst gefunden, zu ihrer psychischen Ausgeglichenheit, zu den massiven Gewinnschlägen. Zum Format, das zu einer Nummer-1-Spielerin passte. Vor einem Jahr stand sie während der Australian Open noch auf Platz 72 in der Hierarchie des Frauentennis, war ein Insidertipp für kommende Großtaten. Jetzt war sie schwarz auf weiß die Beste der Welt, zweimalige Grand-Slam-Königin. Und ganz nebenbei auch die erste Gipfelbewohnerin jemals, die aus Asien stammt.

von Jörg Allmeroth

Samstag
26.01.2019, 20:15 Uhr
zuletzt bearbeitet: 26.01.2019, 13:51 Uhr