Sampras zu Djokovic: "Gib mir diesen Aufschlagreturn!"
Fünf Siege bei den ATP Finals haben Pete Sampras und Novak Djokovic im Laufe ihrer Karriere gefeiert. Tim Henman hat die beiden Allzeitgrößen vorm Turnierstart interviewt.
von Florian Goosmann
zuletzt bearbeitet:
10.11.2020, 13:25 Uhr

Wenn Sampras sich eine Sache aussuchen dürfte, die er von Novak Djokovic haben könne? "Das wäre sein Return", so "Pistol Pete" ohne zu zögern. Der im Laufe seiner Karriere zwar mit Andre Agassi ebenfalls einen der besten Returnspieler aller Zeiten bespielt hatte, aber: "Gegen Andre, da kam ich immer irgendwie vorbei, wenn ich meine Ecken getroffen habe. Bei Novak wäre das schwieriger, weil er sich so gut strecken kann.“ Und: „Etwas von seiner Schnelligkeit würde ich auch nehmen.“
Djokovic im Gegenzug? „Ich hätte nichts dagegen, meinen Return und meine Schnelligkeit gegen dein Serve-and-Volley-Spiel einzutauschen. Es wäre großartig, diese Art von Match-up zu erfahren.“ Das wäre es im Übrigen tatsächlich - dazu kommen wird es wohl kaum. Es sei denn, Sampras, mittlerweile schlanke 49 Jährchen jung, würde noch mal auf den Platz zurückkehren nach seinem Karriereende 2002.
Djokovic bewundert Sampras für Umgang mit Druck
Djokovic, so erzählte er weiter, sei vor allem durch Sampras erstmals so richtig auf die ATP Finals aufmerksam geworden, als eben dieser sie gespielt habe. „Ich sage es ja oft, ich habe immer zu Pete aufgeschaut. Er war definitiv mein Vorbild.“ Er könne nicht behaupten, er habe Sampras kopiert, „weil mein Spiel komplett anders ist“, so der Weltranglisten-Erste. „Aber ich habe es bewundert, wie er mit Drucksituationen umgegangen ist. Dass er sein bestes Tennis gespielt hat, wenn er es am dringendsten gebraucht hat. Er hat dann immer sein erstes Service getroffen, immer seine Nerven behalten.“
Die Finals lobten beide, es sei „die ultimative Herausforderung“, so Djokovic, gegen die anderen aus den Top 8 der Welt anzutreten. Sein Premierensieg in Shanghai über Nikolai Davydenko in 2008 hätte zudem sein Selbstvertrauen „in den Himmel geschraubt, da hatte ich wirklich das Gefühl: Ja, ich gehört dazu!“
Einer seiner schönsten Triumphe: 2012 gegen Federer im Finale, mit einem Rückhand-Passierschlag die Linie entlang, „das war definitiv einer meiner besten Schläge in einer solchen Situation.“
Sampras vs Becker - die großen Duelle
Sampras‘ Erinnerungen kreisten freilich auch um die Spiele gegen Boris Becker, in Frankfurt und Hannover. „Boris spielte großartig in der Halle, hatte ein starkes Spiel über dem Aufschlag, er war eine sehr imposante Person auf dem Platz, weil er auch sehr groß ist. Dazu seine Anhänger… das war hart.“ Dass er sehr in sich geruht habe, die Situation gut habe einschätzen können, sei hierbei sehr hilfreich für ihn gewesen, so Sampras. Der 1996 in einem der besten Tennisspieler aller Zeiten im Finale gegen Becker siegte. Becker hatte danach erklärt, gerade sein bestes Match aller Zeiten gespielt zu haben.
Zwei Jahre später aber, zum Ende von 1998, sei es kein Spaß gewesen. Sampras stand kurz davor, das Jahr zum sechsten Mal in Folge als Weltranglisten-Erster abzuschließen und damit Geschichte zu schreiben. "Es war eine einmalige Gelegenheit, diesen Rekord zu brechen", so Sampras. Er schaffte es schließlich mit einem riesigen Endspurt, „aber es hat mir hart zugesetzt, mich viel Kraft gekostet, vor allem emotional.“
Unter seinen Errungenschaften steht dieser Rekord entsprechend oben. „Ich habe viele Majors gewonnen, auch andere Sachen. Aber sechs Jahre in Folge ganz oben zu stehen am Ende des Jahres, das war meine größte Errungenschaft.“ Was auch Djokovic so sieht, der zu diesem Jahresende zum sechsten Mal ganz oben stehen wird, allerdings mit Unterbrechungen: „Sechs Jahre am Stück ganz oben – mein größter Respekt dafür, Pete.“