Siegemund und Zvonareva - oder: Die Distanz der Liebenden
Als erste Deutsche seit Claudia Kohde-Kilsch 1985 hat Laura Siegemund bei den US Open das Finale im Damendoppel erreicht. Es ist das erste Turnier, das sie zusammen mit der Russin Vera Zvonareva spielt - und die ging nach dem Finaleinzug erstmal auf Distanz.
von SID
zuletzt bearbeitet:
09.09.2020, 21:23 Uhr

Vera Zvonareva wich entsetzt zurück, als ihre Doppelpartnerin Laura Siegemund nach dem verwandelten Matchball auf sie zugestürmt kam. "Sie hatte Angst, dass ich ihr um den Hals falle und wir disqualifiziert werden, weil wir uns zu nahe kommen", sagte Siegemund und musste laut lachen: "Ich bin ja auch wirklich so eine emotionale Person und mache gerne Luftsprünge. Das fehlt mir hier irgendwie."
Sonst fehlt der 32-Jährigen aus Metzingen bei den US Open nicht viel zum Glück. Als erste Deutsche seit Turniersiegerin Claudia Kohde-Kilsch vor immerhin schon 35 Jahren steht Siegemund im Damendoppel-Finale von New York. Am Morgen nach dem Halbfinalsieg gegen die Russinnen Anna Blinkowa und Veronika Kudermetova kamen auch schon die Glückwünsche aus dem fernen Saarbrücken.
"Das ist echt cool", sagte Claudia Kohde-Kilsch dem SID: "Ich drücke Laura fest die Daumen, dass sie den Titel wieder nach Deutschland holen kann." Aber wie immer das Finale auch enden werde: "Sie kann megastolz sein, denn ein Grand-Slam-Finale ist ein Grand-Slam-Finale, egal ob Einzel oder Doppel. Das spielst du nicht jede Woche."
"Liebe auf den ersten Blick"
Siegemunds Chancen für das Finale stuft "CKK" als gut ein: "Laura hat mit Vera Zvonareva eine starke und erfahrene Partnerin an ihrer Seite, und sie selbst spielt ja auch ein Riesenturnier." Bemerkenswerterweise das erste überhaupt mit Zvonareva. "Das ist egal", sagt Kohde-Kilsch: "Wenn es passt, dann passt es. Dann ist es quasi Liebe auf den ersten Blick."
Gerade für die "Liebenden" im Doppel ist es in Corona-Zeiten allerdings besonders schwer. "Wir sitzen auf der Bank und können uns eigentlich gar nicht über unsere Taktik unterhalten", sagte Siegemund: "Wir sind drei Meter auseinander, da können wir gleich zu den Gegnerinnen gehen und mit ihnen sprechen."
Vor dem Finale am Freitag (ab 18.00 Uhr MESZ/Eurosport) gegen die an Nummer drei gesetzten Nicole Melichar/Xu Yifan (USA/China) haben Siegemund und Zvonareva zwei Tage Pause, davon gönnt sich Siegemund einen Tag, "um mal abzuschalten". Erst am Donnerstag beginnt das spezifische Training mit Blick auf die Gegner, die ja auch erst dann feststehen.
Gerne würde Siegemund mal "ins Grüne gehen, in die Natur, mal wirklich weg von der Anlage". Diesen Ausweg bietet die Bubble in New York nicht, aber "man hat sich mittlerweile damit arrangiert und seine ruhigen Plätze gefunden."
Siegemund hört auf ihren Instinkt - mit Erfolg
Vera Zvonareva muss also keine Sorge haben, dass ihr Laura Siegemund an den beiden spielfreien Tagen auf die Pelle rückt. Dass es dieses Doppel überhaupt gibt, schreibt Siegemund ihrem Instinkt zu. "Ich dachte, das könnte gut passen", erzählte sie: "Mein Instinkt hat sich schon oft als richtig erwiesen, und auch diesmal hat er ins Schwarze getroffen."
Dass sie seit 35 Jahren die erste Deutsche im Damendoppel-Finale der US Open ist, wusste Siegemund bis dato überhaupt nicht: "Aber davon allein kann man sich am Ende ja auch nichts kaufen." Während eines Turniers beschäftige sie sich so wenig wie möglich mit solchen Geschichten: "Aber trotzdem: Es ist nice to know."