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US-Open-Überraschung Dominik Koepfer: Gekommen, um zu bleiben

Dominik Koepfer war die Überraschunggeschichte der US Open 2019. Nicht nur sein Bezwinger Daniil Medvedev traut dem ehemaligen College-Spieler noch einiges zu.

von Jörg Allmeroth
zuletzt bearbeitet: 02.09.2019, 18:26 Uhr

Dominik Köpfer
© Getty Images
Dominik Köpfer

Als Dominik Koepfer vor zwei Wochen erstmals herausfuhr ins Billie Jean King Tennis Center, war der deutsche Qualifikant immer noch ein Niemand in der großen Grand-Slam-Gemeinde. Sicher, Koepfer hatte sich in Wimbledon schon einmal durch das Bewerbungsturnier ins Hauptfeld vorgekämpft, er hatte im Tennistempel von London dann sogar ein Match gewonnen, aber um im Big Apple Aufmerksamkeit zu generieren und Eindruck zu machen, reichte das noch nicht.

Koepfer schaffte schließlich nach drei Einsätzen auf den Außencourts auch in Flushing Meadows den Sprung zu den Großen und Wichtigen – und damit begann ein wunderliches Abenteuer, eine verrückte, packende und aufwühlende Reise, an der am Ende nicht nur ein Achtelfinalfinish bei den US Open stand. Sondern auch der Respekt seiner Berufskollegen und die Zuneigung der amerikanischen Fans, die den bulligen Flitzer aus dem Schwarzwald mehr und mehr in ihr Herz geschlossen hatten.

„Koepfer, Koepfer“-Sprechchöre hallten am Sonntagabend durch das Louis-Armstrong-Stadion, als der 25-jährige Fighter die nächste Grand Slam-Sensation gegen den Weltranglisten-Fünften Daniil Medvedev im Achtelfinale der US Open nur knapp verpasste. 6:3, 3:6, 2:6 und 6:7 lautete das Arbeitszeugnis nach zweieinhalb Stunden eines hitzigen Duells, aber es war ein Raus mit Applaus-Abschied, ein letztes Achtungs- und Ausrufezeichen des Mannes, der selbst in der deutschen Tennisszene vor einigen Monaten noch ein Nobody gewesen war. „Es war ein Gänsehaut-Erlebnis, eine großartige Erfahrung“, sagte Koepfer hinterher, „es hat Spaß gemacht, dieses Turnier. Ich weiß, dass ich da oben mithalten kann.“

Selfmade-Story: Koepfer wie einst Waske und Benni Becker

Koepfers Geschichte, die Geschichte dieses unbeugsamen Arbeiters, der sich übers amerikanische Collegetennis in den großen Wanderzirkus vorspielte, ist endlich auch ein erwärmender Moment für das deutsche Tennis – in einer Saison, die überwiegend von Pleiten, Pech und Pannen bestimmt war. Da war der Niedergang von Angelique Kerber, da war die ewige Krise bei Alexander Zverev, da waren auch die Nachwuchsprobleme bei Herren und Damen jenseits der Arrivierten und Etablierten.

Und dann kam Koepfer, ließ schon in Wimbledon aufhorchen, bevor er nun auf großer Bühne in New York den Durchbruch schaffte. Es war und ist eine Selfmadestory, abseits des aufwändigen Fördersystems: Koepfer fand, wie vorher schon Alexander Waske oder Benjamin Becker, sein Glück in Amerika, ganz auf sich selbst gestellt. Motto: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. „Man merkt, wie ihn diese harte Schule in den USAS geformt und gestählt hat“, sagt DTB-Herrenboß Boris Becker, „wir werden noch viel Freude an ihm haben.“

Koepfer ist schon jetzt die Überraschung des Tennisjahres 2019 für Deutschland. Sein Aufstieg in den letzten Wochen war steil, verblüffend, geradezu sensationell. Doch der Mittzwanziger kann auf ein starkes Fundament vertrauen, seine Erfolge sind keine Zufallstreffer, er ist nicht ein One-Hit-Wonder. Er  ist gekommen, um zu bleiben. „Ein erstaunlicher Spieler“ sei Koepfer, befand Medvedev, der Gewinner des Sonntags, „er wird seinen Weg auf der Tour gehen, ganz sicher.“ 

"Zum ersten Mal lohnt sich das Tennisspielen"

Mit Weltranglistenplatz 84 im Rücken kann Koepfer im Herbst auch bei vielen ATP-Turnieren auf Punktejagd, die Zeit auf der Challengerebene scheint vorbei. Bei den Auftralian Open Anfang 2020 dürfte der Furtwanger dann auch erstmals für einen Grand Slam automatisch das Ticket in der Tasche haben. „Zum ersten Mal in meinen Leben lohnt sich das Tennisspielen“, sagt Koepfer, „es ist meine Leidenschaft, klar. Aber ich muss ja auch daran denken, wie ich das alles finanziere.“ 280.000 Dollar Verdienst in New York erleichtern da die Kalkulationen beträchtlich.

Koepfer ist zur jähen Bereicherung des deutschen Herrentennis geworden. Zum Zugewinn. Und wenn nicht alles täuscht, wenn man auch bestimmte Aussagen von Boris Becker und Davis Cup-Chef Michael Kohlmann richtig interpretiert, dann wird er auch schon beim Davis Cup-Finalturnier Ende November in Madrid eine Rolle spielen im Personalpuzzle. Nach der Absage von Frontmann Alexander Zverev könnte Koepfer neben Jan-Lennard Struff im Einzel aufgeboten werden, es wäre auch eine zukunftsweisende Wahl dann. Koepfer für Deutschland, na klar, sagt der Schwarzwälder: „Ich bin bereit, wenn man mich fragt.“

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von Jörg Allmeroth

Montag
02.09.2019, 17:51 Uhr
zuletzt bearbeitet: 02.09.2019, 18:26 Uhr