Davis Cup: Nur der Name erinnert an die guten alten Zeiten
Beim Finalturnier in Bologna zeigt sich einmal mehr, dass der Davis Cup einen Großteil seines Charmes verloren hat. Ein Kommentar zur aktuellen Lage des Wettbewerbs.
von Nikolaus Fink
zuletzt bearbeitet:
21.11.2025, 03:29 Uhr

von Nikolaus Fink aus Bologna
Das Bemühen kann man der ITF ja nicht absprechen: Mit emotionalen Video-Sequenzen aus der Vergangenheit will der Tennis-Weltverband die Zuschauer am Eingang zur BolognaFiere auf das ansässige Davis-Cup-Finalturnier einstimmen. Das, was die Fans einige Meter dahinter in der Messehalle 37 zu sehen bekommen, hat mit den Ausschnitten am Einlass allerdings rein gar nichts mehr zu tun.
Der Davis Cup - eine neue Erkenntnis ist das nicht unbedingt - hat seine Seele verloren. Nirgendwo wird das so deutlich wie beim “Final 8”. Die 10.500 Zuschauer fassende Arena war in drei der vier Viertelfinalpartien nicht einmal annähernd voll - und steht damit sinnbildlich für den Verfall des traditionsreichen Wettbewerbs.
Kritik von allen Seiten
Überrascht von den spärlich gefüllten Rängen sollte man nur bedingt sein. Schließlich ist ein Duell zwischen Belgien und Frankreich für den italienischen Tennisfan nur mäßig interessant. Oder wie es Jürgen Melzer zuletzt im tennisnet-Interview formulierte: “Man hat bei Argentinien gegen Deutschland in Buenos Aires oder Hamburg natürlich eine andere Stimmung als hier.”
Österreichs Davis-Cup-Kapitän ist mit seiner Kritik am neuen Format bei Weitem nicht alleine. Zuletzt hatte mit Carlos Alcaraz, Jannik Sinner und Alexander Zverev das aktuelle ATP-Spitzentrio eine Modus-Änderung gefordert. Insbesondere der Hamburger hielt sich verbal nicht zurück und bezeichnete den aktuellen Davis Cup als “Showturnier”.
Selbst Deutschlands hochdramatischer Sieg über Argentinien änderte nichts an Zverevs Meinung - ganz im Gegenteil. “Ist es nicht auch ein bisschen traurig, dass bei so einem Doppel vielleicht maximal 1.000 Leute im Stadion sind?”, fragte der 28-Jährige angesichts der ziemlich leeren Ränge im Match zwischen Kevin Krawietz/Tim Pütz und Andres Molteni/ Horacio Zeballos. “Wenn wir in Argentinien oder Deutschland spielen würden, wären vielleicht 15.000 Menschen da.”
Der neue Modus funktioniert nicht
Die großspurige Ankündigung von ITF-Präsident David Haggerty, der neue Davis Cup werde für alle Beteiligten attraktiver, hat sich so jedenfalls nicht bewahrheitet. Mit Zverev schlägt in Bologna nur ein Spieler aus den aktuellen Top 15 aus - und selbst der Weltranglistendritte tut dies einzig und allein seinen Teamkollegen zuliebe.
Schon vor der Format-Änderung zum Jahr 2019 war der Davis Cup kein Straßenfeger. Dies ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass der neue Modus schlichtweg nicht funktioniert. Zu präsent sind dafür auch die Erinnerungen an epische Länderkämpfe, die sich über die Jahre hinweg im Davis Cup ereigneten.
Eng damit verknüpft war naturgemäß der Best-of-five-Modus, der Dramen an Davis-Cup-Wochenenden nahezu garantierte. Dass etwa das Duell zwischen Italien und Österreich - inklusive Eröffnung und Pause während der Einzel - nur 3:30 Stunden dauerte, ist der letzte Beweis dafür, dass beim Davis Cup nur mehr der Name an die guten alten Zeiten erinnert.
