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French Open: Mehr Struff als Struffi - "Ich kann die Jungs alle schlagen"

Jan-Lennard Struff hat in Paris mit Denis Shapovalov den nächsten Topspieler im Laufe der letzten Zeit besiegt. Das ist kein Zufall, denn Struff will mittlerweile mehr.

von Jörg Allmeroth aus Paris
zuletzt bearbeitet: 28.05.2019, 14:07 Uhr

Jan-Lennard Struff
© Getty Images
Jan-Lennard Struff

Jan-Lennard Struff redet nicht viel. Er redet sogar eher wenig. Aber mit ein paar Worten bringt der ostwestfälische Tennis-Riese die Dinge meist klar auf den Punkt. Das Grand-Slam-Turnier in Paris? „Ein echter Hammer, verdammt hart für die Birne.“ Seine aktuelle Form? „Sehr ordentlich, aber immer noch Luft nach oben.“ Sein neues Leben als Vater? „Komplett anders. Aber ich weiß noch nicht, wie ich das beim Tennis spüren sollte.“ Die Favoriten der French Open? „Nadel, wer sonst. Ein Tier hier.“

Struff ist gerade so etwas wie der „Mann der Stunde“ im deutschen Tennis. Während alle Welt jede Gefühlsregung, jede Personalie, jeden Vorgang rund um Jungstar Alexander Zverev seziert und interpretiert, ist der hünenhafte Ostwestfale heimlich, still und leise an sein Karriere-Hoch – Platz 44 - herangeschlichen. Seit Wochen glänzt der 196-Zentimeter-Turm mit starken Turnierauftritten, er ist sogar zum Schrecken der Elite geworden. Promis wie den griechischen Emporkömmling Stefanos Tsitsipas, den früheren US Open-Champion Marin Cilic, Exzentriker Nick Kyrgios hat Struff 2019 schon kühl abserviert. Auch Zverev, den Landsmann aus einem anderen Tennis-Universum, düpierte er in Indian Wells in zwei haushoch gewonnenen Sätzen. „Ich kann die Jungs alle schlagen, das ist gerade so mein Gefühl“, sagt Struff. 

"In den letzten Jahren meine Hausaufgaben gemacht", sagt Struff

In Paris machte er am Montag, auf dem rappelvollen Court 7, einfach weiter mit seinem Siegeszug. Nach drei Sätzen verließ der Kanadier Denis Shapavalov, einer der am meisten gehypten Spieler der sogenannten „NextGeneration“, bedröppelt den Sand-Kasten. Struff, der eher unbekannte Deutsche, ließ sich derweil für den Erstrunden-Coup von den deutschen Fans feiern. Er hatte auch die Gespenster der Vergangenheit auf diesem Court verscheucht, vor Jahresfrist hatte er einen komfortablen Vorsprung gegen den Amerikaner Steve Johnson verspielt, eine Niederlage, die „ordentlich weh tat“, wie Struff trocken anmerkte.

Aber die Niederlagen werden immer weniger, je älter Struff wird. Kein Zufall, wie der Warsteiner findet. „Ich habe in den letzten Jahren meine Hausaufgaben gemacht“, sagt er, „ich bin in meinem ganzen Spiel einfach besser, souveräner geworden.“ Gleichzeitig hatte es auch ein Ende mit der Genügsamkeit und allzu stoischen Auftritten des Burschen, der immer wirkte wie ein großer, etwas tapsiger Bär mit dem Spitznamen „Struffi.“ „Hey, das reicht nicht mehr“, habe er sich selbst zur Ordnung gerufen, so Struff, „du kannst nicht happy sein, wenn du mal eine Runde bei einem Topturnier gewinnst.“ Jetzt will er am Ende dabei sein, in der heißen Turnierphase, unter den Besseren und Besten.

Struff am Netz sorgt für Konfusion beim Gegner

Struffs Erfolgsrezept ist relativ einfach zu beschreiben: Neben dem Abschütteln des leidigen Phlegmas hat er schlicht gelernt, seine Stärken zu verstärken. Struff zimmert seine Aufschläge noch öfter und präziser im Formel-1-Tempo, jenseits der 200 km/h-Marke, ins gegnerische Feld, in dieser Saison hat er schon 235 Asse geschlagen. Und als einer der mittlerweile stärksten Doppelspieler der Welt sucht er auch als Solist gern den Weg in die Offensive. Weil solcher Vorwärtsdrang inzwischen selten geworden ist in einem Zeitalter der Trommelei von der Grundlinie, sieht Struff häufig „etwas Konfusion“ beim Gegner, „wenn ich am Netz auftauche.“ 

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Struff spielt derzeit meist den richtigen Schlag im richtigen Moment. Hört sich einfach an, ist es aber ganz und gar nicht. Er weiß es aus leidvoller Erfahrung. „Früher habe ich mal überdreht oder war zu vorsichtig. Die Balance generell zu finden, ist mörderschwer“, sagt Struff. „Generell“ ist im übrigen eins der Lieblingswörter Struffs, es kommt auch zum Einsatz, als er über seine neue Rolle als Vater eines acht Wochen alten Sohns spricht. „Generell“ sei das ein „tolles Gefühl“, sagt Struff,  das Leben an sich ändert sich komplett.“ Freundin Madeleine und Baby sind daheim in Deutschland geblieben, während Struff in Paris aufschlägt. Bei den Turnieren in Stuttgart und Halle würden sie aber dabei sein, versichert Struff, „dann muss ich mir nicht mehr nur Videos der beiden anschauen.“

Aber erst Mal will Struff noch ein bisschen länger in Paris bleiben, der Mann, der kürzlich im Barcelona-Viertelfinale nur sehr knapp, mit 5:7 und 5:7, an Matador Nadal scheiterte. Struffs bestes French Open-Resultat, sein bestes Grand-Slam-Resultat überhaupt, ist ein Achtelfinale, das war 2016. Als nächster Gegner des Ostwestfalen, der jetzt mehr Struff als „Struffi“ ist, wartet nun der Moldawier Radu Albot. Struff nennt ihn „Albert“. Und er hat Respekt vor ihm, wenn auch keine Angst. „Ein sehr, sehr zäher Hund, ein ganz harter Arbeiter“, so Struff. So wie er selbst auch.

von Jörg Allmeroth aus Paris

Dienstag
28.05.2019, 13:30 Uhr
zuletzt bearbeitet: 28.05.2019, 14:07 Uhr