"Immer wieder aufgerappelt" - Zverev und Kerber mit erfolgreichem Saisonstart

Die deutschen Tennisprofis haben in Melbourne siegreiche Starts hingelegt: Alexander Zverev und Jan-Lennard Struff beim ATP Cup, Angelique Kerber beim WTA-Turnier im Melbourne Park.

von Jörg Allmeroth
zuletzt bearbeitet: 03.02.2021, 12:01 Uhr

Alexander Zverev
© Getty Images
Alexander Zverev

Auf Platz 8 des National Tennis Centers zu Melbourne war Angelique Kerber am Mittwoch buchstäblich noch ein gutes Stückchen entfernt von jenem Ort, an dem ihre Karriere vor ziemlich genau fünf Jahren in eine neue Dimension übergetreten war. Doch auch dieser 3. Februar 2021 war ein denkwürdiger Moment für Kerber (33), keiner für die Geschichtsbücher wie der Australian Open-Coup Ende Januar 2016. Aber doch ein emotional aufwühlender Moment, das erste Wettkampfspiel seit rund vier Monaten, der erste Sieg seit knapp fünf Monaten, ein Akt der persönlichen Befreiung nach langer Selbstisolation in der Corona-Krise, nach der härteren Quarantäne in Melbourne.

„Es ist großartig, wieder auf dem Platz zu stehen. Tennis spielen zu können“, sagte Kerber, die sich den 6:3, 4:6, 6:3-Erfolg gegen die Tschechin Katerina Siniakova hart erkämpfte. Kerber startet in dieser Woche unter Sonderbedingungen bei einem der sechs zeitgleich ausgetragenen Turniere in Melbourne, bei der Grampians Trophy, die eigens für die Spielerinnen ins Programm aufgenommen wurde, die zuvor 14 Tage wegen strenger Quarantäne nicht ihr Hotelzimmer hatten verlassen dürfen. „Gut angefühlt“ habe sich der Start in die Saison, sagte Kerber, „vieles ist hier ja wie immer.“ Doch den deutschen Fans, die ihre Fahnen auf Platz 8 schwenkten, konnte Kerber nach dem Match nur ein paar Worte des Dankes zurufen. Autogramme schreiben ist in Pandemie-Zeiten nicht erlaubt.

Auch Zverev und Struff mit Siegen

Kerber war nicht die einzige sehr zufriedene Vertreterin des insgesamt überschaubaren deutschen Kontingents Down Under. Denn in der Nacht zum Mittwoch deutscher Zeit hatten Alexander Zverev und Jan-Lennard Struff bereits mit ihren Einzelsiegen den späteren 2:1-Erfolg für Deutschland beim ATP Cup gegen Kanada sichergestellt.

Struff, der 30-jährige Warsteiner, hatte Zverev mit einem überraschenden 7:6 (7:4), 7:6 (7:2)-Sieg über Milos Raonic eine Steilvorlage geliefert – und die deutsche Nummer eins nahm den Paß mit einem 6:7 (5:7), 6:3 und 7:6 (7:4) gegen Denis Shapovalov dankend an. „Ich habe eine Menge Chancen ausgelassen, mich dann aber immer wieder aufgerappelt“, sagte der Weltranglisten-Siebte, „es war ein typisches Match für den Saisonbeginn, ohne viel Rhythmus und Konstanz.“ Im Doppel verloren zum Abschluss der Partie Kevin Krawietz und Struff (er ersetzte Andreas Mies) mit 6:7 (4:7), 7:6 (8:6) und 3:10 gegen Peter Polansky und Steven Diez. An diesem Donnerstag geht es für Deutschland nun im Duell mit Titelverteidiger Serbien und dessen Frontmann Novak Djokovic um den Halbfinaleinzug.

Pat Cash: "Zähle Zverev zum erweiterten Favoritenkreis"

Zverevs Auftritt wirkte trotz aller Schwierigkeiten wie ein scharfer Kontrast zum Vorjahr, da war der Deutsche bei dem neu aufgelegten Nationenwettbewerb mit einer Niederlagenserie sofort in eine Krise geraten. Boris Becker, damals noch Teamchef der DTB-Auswahl, wähnte den 23-jährigen Hamburger sogar „in einem dunklen Raum“ gefangen, „aus dem er irgendwie nicht rauskommt.“

Dass er später bei den Australian Open bis ins Halbfinale vorrückte, war wie ein Vorgriff auf eine Saison, in der Zverev viele Höhen und Tiefen auslotete und oftmals schwer zu greifen war. In jedem Fall gehörte Zverev zu den stärksten Grand Slam-Spielern der Rumpfsaison 2020, bei den US Open war er im Finaldrama gegen Dominic Thiem nur zwei Punkte von seinem ersten Major-Titel entfernt. „Bei den Australian Open ab nächster Woche muss man mit allem Möglichen und Unmöglichen rechnen, es ist ein Turnier ohne Beispiel mit all den Unwägbarkeiten momentan“, sagt Australiens früherer Superstar Pat Cash, „aber ich zähle Zverev zum erweiterten Favoritenkreis. Hinter Leuten wie Djokovic, Nadal oder Thiem.“

"Das macht sie so gefährlich", sagt Evert über Kerber

Auch Kerber, inzwischen auf Platz 25 der Weltrangliste eingestuft, wird von manchen Experten als sogenanntes „Dark Horse“ eingestuft, als prominente Unbekannte in der großen Grand-Slam-Gleichung. Kerber sei immer dann am stärksten, „wenn keiner mit ihr rechnet, sie selbst eingeschlossen“, sagt Altmeisterin Chris Evert, „sie hat keinen Druck, niemand erwartet etwas von ihr. Und das macht sie gefährlich.“

Vor bedeutenden Grand Slam-Aufgaben Aufgaben steht allerdings erst einmal das Pflichtprogramm beim ersten Turniereinsatz, Kerber trifft in Runde zwei der Grampians Trophy nun auf die Tunesierin Ons Jabeur, eine der Aufsteigerinnen der letzten Saison – und selbst eine Spielerin, der in Melbourne kleinere und größere Überraschungen zugetraut werden.

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Kerber Angelique

von Jörg Allmeroth

Mittwoch
03.02.2021, 13:00 Uhr
zuletzt bearbeitet: 03.02.2021, 12:01 Uhr

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