Next Gen ATP Finals 2025: Grand-Slam-Hoffnungen, Challenger-Workhorses und etablierte Tour-Cracks
Als Chris Kermode im November 2016 für eine Pressekonferenz im Rahmen der ATP-Finals in London auf die Bühne trat, war sofort klar: Hier soll ein neues Kapitel im Tennis aufgeschlagen werden.
von Florian Heer
zuletzt bearbeitet:
04.12.2025, 10:16 Uhr

Der damalige ATP-Präsident präsentierte ein mutiges Projekt – ein Saisonfinale exklusiv für die besten acht Spieler unter 20 Jahren. Ein Turnier, das nicht nur Talente feiern, sondern den gesamten Sport strategisch erneuern sollte.
Kermodes Botschaft war eindeutig: „Alle in diesem Sport haben in den vergangenen zehn Jahren vor allem die Big Four massiv beworben“, erklärte der Brite. „Was wir als ATP jetzt brauchen, ist, viel mehr Spieler einem breiteren Publikum näherzubringen. Wir stehen vor einem Generationenwechsel.“
Und tatsächlich: Die Next Gen ATP Finals wurden von Beginn an zum Motor eines Modernisierungsschubs – und zugleich zum Erben der dafür eingestellten ATP Challenger Tour Finals, die früher in São Paulo ausgetragen wurden. Was dort noch kein nachhaltiges Fundament gefunden hatte, bekam nun eine neue Form – experimenteller, globaler, mutiger.
Mailand als Labor: Wo Regeln gebrochen und Zukunft gestaltet wurde
Als 2017 in Mailand die Premiere stattfand, staunte die Tenniswelt nicht schlecht: Gleich zehn Regeländerungen wurden getestet - vom Live-Electronic-Calling anstelle von Linienrichtern, über Coaching per Headset, bis hin zu kurzen Sätzen, No-Ad und der berühmt-berüchtigten Shot-Clock.
Viele dieser Innovationen gehören heute ganz selbstverständlich zum ATP-Alltag. Doch das eigentliche Erfolgsrezept blieb: Die Next Gen Finals sind bis heute das Testlabor des Welttennis - und zugleich eine Bühne, auf der kommende Superstars ihre ersten großen Ausrufezeichen setzen.
Die Liste der Champions liest sich inzwischen wie ein Blick in die Zukunft des Sports: Hyeon Chung, Stefanos Tsitsipas, Jannik Sinner, Carlos Alcaraz, Brandon Nakashima, Hamad Medjedovic - und zuletzt Joao Fonseca, der allerdings verletzungsbedingt in diesem Jahr passen muss.
Jeddah 2025: Ein letztes Spektakel, bevor die Zukunft weiterzieht
Seit 2023 wird das Event in Jeddah ausgetragen und in diesem Jahr steht dort die letzte Ausgabe an. Ein Finale, das noch einmal zeigen soll, wie global, vielseitig und spannungsgeladen die neue Generation ist.
Das Teilnehmerfeld könnte kaum exemplarischer sein: Jakub Mensik, Learner Tien, Alexander Blockx, Dino Prizmic, Martin Landaluce, Nicolai Budkov Kjaer, Ninesh Basavareddy und Rafael Jodar. Eine Mischung aus Grand-Slam-Hoffnungen, Challenger-Workhorses und bereits etablierten Tour-Cracks.
Das Teilnehmerfeld 2025
Jakub Mensik (Tschechische Republik)
Der Topfavorit. Der Shootingstar. Der Mann, der im März Geschichte schrieb, als er bei den Miami Open seinen ersten ATP-Titel gewann - und nicht irgendeinen, sondern gleich bei einem Masters-1000-Turnier. Und dann noch gegen drei Top-10-Spieler inklusive Novak Djokovic im Finale.
Mit 19 der jüngste Champion der Turniergeschichte, dazu fünf weitere Viertelfinals in Brisbane, Auckland, Madrid, Eastbourne und Peking.
Er kommt als frisch gebackener Top-20-Spieler nach Jeddah und als fester Anwärter auf den Titel.
Learner Tien (Vereinigte Staaten)
Der elegante Linkshänder der neuen Generation.
Letztes Jahr noch Finalist gegen João Fonseca, hat Tien 2025 einen gewaltigen Sprung gemacht: Vierte Runde bei den Australian Open, Siege über Zverev und Shelton, ein Finale in Peking, ein Turniersieg bei den Moselle Open in Metz und eine 5-4-Bilanz gegen Top-10-Spieler.
Er kommt reifer, abgezockter und hungrig zurück.
Der Arbeiter. Der Grinder. Erfolgsgarant im Challenger-Kalender 2025.
Blockx gewann Titel in Oeiras und Bratislava, feierte Matcherfolge bei den ATP-Events in Cincinnati sowie Metz und erreichte sein Career-High von Platz 101.
Als früherer Junioren-Weltranglistenerster hat er längst bewiesen, dass er mehr als ein Nachwuchstalent ist.
Der Comeback-Künstler.
Nach einem von Verletzungen geprägten Jahr 2024 kam er heuer richtig in Fahrt: Challenger-Erfolge in den Hauptstädten Zagreb und Bratislava, ein Viertelfinale in Umag, und die erfolgreiche Qualifikation bei den US-Open.
Seine 39-15-Saisonbilanz zeigt, wie konstant er geworden ist.
Der disziplinierte Stratege.
Der 19-Jährige sieht Motivation als Folge der Disziplin – und lebt das in jedem Match.
2025 qualifizierte er sich für die Australian Open und gewann den Challenger-Titel bei den Orléans Open.
37-29 lautet seine Matchbilanz in dieser Saison – der Weg nach oben ist vorgezeichnet.
Nicolai Budkov Kjaer (Norwegen)
Der Vielseitige.
Der 132. der Welt gewann seine ersten ATP-Matches in Bastad, holte vier Challenger-Titel auf unterschiedlichen Belägen und erzielte 48 Siege 2025.
Der Wimbledon-Juniorenchampion 2024 beeindruckt als Allrounder auf der Tour.
Ninesh Basavareddy (Vereinigte Staaten)
Der Techniker.
Der 20-jährige US-Profi spielte sich 2025 erstmals in die Top 100, erreichte ein Halbfinale in Auckland und überzeugte konstant auf der Challenger Tour.
Er bringt eine 26-26-Bilanz mit – aber vor allem die Fähigkeit, jeden Gegner taktisch auseinanderzunehmen.
Der zweite Spanier im Feld.
Jodar komplettiert das Teilnehmerfeld als technisch sauberer, solider Baseline-Spieler, der besonders auf Hardcourt zum Ende der Saison äußerst erfolgreich war.
Der Teenager aus Madrid gewann drei Challenger-Turniere und gilt als gefährlicher Underdog.
2025 endet die Ära in Jeddah. Doch die Geschichte der Next Gen Finals ist alles andere als vorbei. Der Sport entwickelt sich immer weiter. Diese Spieler, diese Bühne und die Ideen tragen dazu bei, dass er jung und mutig bleibt. Genauso, wie es Kermode vor fast einem Jahrzehnt versprochen hat.
